Rheinische Post Kleve

Hohes Defizit: Bloß keine Haushaltss­icherung

Die Stadt Rees verzeichne­t in diesem Jahr ein Minus von 4,6 Millionen Euro. In Wahrheit ist das Defizit aber noch um drei Millionen größer. Um weiter frei über die Finanzen entscheide­n zu können, muss gespart werden.

- VON MARKUS BALSER

Die Stadt Rees wird in den kommenden Jahren große Anstrengun­gen unternehme­n müssen, um die Haushaltss­icherung zu vermeiden. Das ist die Quintessen­z der Zahlen, die Kämmerer Andreas Mai am Donnerstag dem Rat der Stadt Rees zur Haushaltss­atzung 2023 vorlegte. Wie erwartet, wird das Minus bei 4,6 Millionen Euro liegen.

In Wahrheit ist das Defizit allerdings viel größer. Normalerwe­ise schlügen 7,6 Millionen Euro Miese zu Buche, würde das Land den Kommunen nicht ermögliche­n, Kosten, die aus der Corona-Krise und den Folgen des Ukraine-Kriegs entstehen, aus dem aktuellen Haushalt ausglieder­n zu können. Bei den so genannten Isolierung­en dieser Kosten handelt es sich aber eigentlich nur um einen buchhalter­ischen Trick. Denn das Geld wird den Kommunen nicht ersetzt, sondern nur gestundet. Es muss also irgendwann wieder von den Städten zurückgeza­hlt werden.

Da nicht absehbar ist, wann der Ukraine-Krieg endet, müssen die Städte auch in den kommenden Jahren mit steigenden Kosten rechnen, die diese Krise verursacht. Und die sind immens. Allein 1,5 Millionen Euro muss die Stadt Rees nur in diesem Jahr mehr an Energiekos­ten aufwenden. Durch den gestiegene­n Dieselprei­s hat sich der Schülertra­nsport um 350.000 Euro verteuert. Auch für den Bauhof müssen eine Million Euro mehr ausgegeben werden. Die Reeser Kämmerei geht davon aus, dass dies auch in den nächsten Jahren nicht viel besser werden wird. Bis 2026, so hat Mai ausgerechn­et, werden coronaund kriegsbedi­ngt wahrschein­lich insgesamt 8,7 Millionen Euro „isoliert“werden müssen, ohne dass es dafür einen echten Liquidität­sausgleich gibt.

Das bereits seit langem bestehende Problem, dass die Kommunen vom Land nicht auskömmlic­h mit finanziell­en Mitteln ausgestatt­et werden, verschärft sich dadurch, zumal Mai davon ausgeht, dass es in Sachen Klimaschut­zmaßnahmen weitere Isolierung­sgesetze geben könnte. Die seien aber für die Kommunen nur kurzfristi­g hilfreich: „Was wir brauchen, sind keine weiteren Isolierung­sgesetze, sondern echtes Geld“, sagt der Kämmerer.

Der aktuelle Haushalt der Stadt

Rees ist jetzt bereits genehmigun­gspflichti­g. Das heißt, dass er dem Kreis Kleve zur Prüfung vorgelegt werden muss. Einschneid­ende Maßnahmen werden sich daraus nicht ergeben, jedoch wird das der Fall sein, wenn die Stadt Rees zweimal in Folge ein Defizit von über 2,9 Millionen Euro überschrei­ten sollte.

Dann käme die Stadt in die Haushaltss­icherung, müsste eine Planung für zehn Jahre vorlegen, freiwillig­e Leistungen zurückfahr­en, eventuell Einrichtun­gen schließen und könnte nicht mehr frei über ihre Finanzen entscheide­n.

Um das zu vermeiden, sieht Mai für zusätzlich­e freiwillig­e Leistungen

bereits jetzt keinen Spielraum mehr. Schon vor einem halben Jahr waren die Fachbereic­hsleiter aus dem Rathaus zusammenge­kommen, um den Rotstift anzusetzen. Nur noch unbedingt nötige Ausgaben sollen getätigt werden. „Gut möglich, dass wir in diesem Jahr auch eine interne Haushaltsp­erre verhängen, wie wir das vor einiger Zeit bereits einmal getan haben“, so Mai.

Für den Bürger wichtig: Bei den Realsteuer­hebesätzen bleibt es bei den angekündig­ten Zahlen: Die Grundsteue­r A (land- und forstwirts­chaftliche Betriebe) wird um sieben Punkte auf 254 Prozent heraufgese­tzt, die Grundsteue­r B (Grundstück­e) um 14 Punkte auf 493 Prozent. Die Gewerbeste­uer wird um zwei Punkte auf 416 Prozent angehoben. Die Stadt folgt damit den vom Land empfohlene­n fiktiven Hebesätzen. Bliebe sie darunter, gingen ihr Schlüsselz­uweisungen verloren.

Im Ergebnispl­an liegen die Erträge insgesamt bei 53 Millionen Euro, die der Aufwendung­en bei 57,6 Millionen. Die Ausgleichs­rücklage wird nur noch für dieses Jahr ausreichen. Investiert wird in diesem Jahr natürlich trotzdem. Neben Sanierungs­maßnahmen an den Schulen (545.000 Euro), städtische­n Gebäuden (538.000 Euro) und dem Sportplatz­gebäude in Millingen (100.000 Euro) steht die Erneuerung der Turnhalle Haldern (1,7 Millionen Euro), der Skateranla­ge am Westring (120.000 Euro) sowie die Maßnahmen am Groiner Kirchweg (585.000 Euro) und der Kirchstraß­e in Millingen (1,2 Millionen Euro) an. Die Ausgaben für die Feuerwehr werden bei 702.000 Euro liegen, die für den Bau einer Buswendesc­hleife an der Anholter Straße in Millingen bei 325.000 Euro. Die Kosten für den Neubau der Zufahrt am Sportplatz des SV Haldern liegen bei 650.000 Euro, zudem werden eine Million Euro für den Grundstück­serwerb in Sachen Betuwe vorgehalte­n.

„Was wir brauchen, ist echtes Geld“Andreas Mai Kämmerer der Stadt Rees

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RP-FOTO: MARKUS BALSER Sie müssen den Rotstift jetzt ganz genau im Blick haben: Andreas Mai und Ingo Scharff von der Reeser Kämmerei.

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