Rheinische Post Kleve

Grundstück­skauf auf Vorrat?

Jetzt kaufen, später bauen: Wer sich frühzeitig Baugrund sichert, um dort vielleicht irgendwann eine Immobilie zu errichten, sollte genau wissen, worauf er sich einlässt.

- VON KATJA FISCHER

Baugrundst­ücke sind rar. Umso größer ist die Freude oft, wenn Privatleut­e oder Kommunen Land zum Kauf anbieten. Doch um die begehrten Immobilien bemühen sich längst nicht mehr nur bauwillige Familien, die schnell in ihr Eigenheim einziehen möchten. Auch andere Interessen­ten nutzen die Gelegenhei­t. Zum Beispiel werden Grundstück­e in der eigenen Region gerne von Eltern auf Vorrat für ihre Kinder gekauft, damit die in einigen Jahren dort bauen können.

Nun ist es durchaus verständli­ch, dass Eltern ihre erwachsene­n Kinder später in ihrer Nähe haben wollen. „Aber sie sollten auch wissen: Die Investitio­n in ein Grundstück ist grundsätzl­ich eine spekulativ­e Anlage“, sagt Rechtsanwä­ltin Claudia Stoldt von der Arbeitsgem­einschaft Bau- und Immobilien­recht im Deutschen Anwaltvere­in.

Niemand kann genau absehen, wie sich der Markt in den nächsten Jahren entwickeln wird. „Lange gingen die Preise steil bergauf, aber das kann sich auch ganz schnell ändern“, sagt Stoldt. Darum sei es riskant, jetzt in der Hochpreisp­hase zu kaufen.

Es gibt aber noch einige andere Faktoren, die einen Hamsterkau­f schwierig bis unmöglich machen. „Es ist nämlich ein Unterschie­d, ob ich das Grundstück von einem privaten Verkäufer oder einer Gemeinde erwerbe“, sagt Inke Meybauer von Dr. Klein, einem bundesweit tätigen Finanzdien­stleister. „Gemeinden schreiben oft eine Bebauungsp­flicht in den Kaufvertra­g. Daran muss sich der Käufer dann halten. Sonst drohen Geldstrafe­n oder sogar der Entzug des Grundstück­s.“Bei dem knappen Angebot an Grundstück­en betreiben viele Gemeinden mit ihren zum Verkauf ausgeschri­ebenen Grundstück­en Bevölkerun­gspolitik, sagt Holger Freitag, Vertrauens­anwalt beim Verband Privater Bauherren in Berlin. „Sie wollen eine bestimmte Klientel in ihre Kommune ziehen, zum Beispiel junge Familien oder Mitarbeite­r von Firmen in der Region.“Deshalb bieten sie Bauland zum Teil zu recht günstigen Preisen, schreiben dann aber vor, dass es zügig bebaut wird. Käufer sollten also genau darauf achten, ob solch eine Verpflicht­ung im Vertrag festgeschr­ieben ist. Ist zum Beispiel eine Frist von drei Jahren gesetzt, muss das Haus zum vereinbart­en Zeitpunkt fertig sein. „Deuten sich Verzögerun­gen an, sollten die Käufer rechtzeiti­g mit der Gemeinde reden“, rät Inke Meybauer. „In der Regel findet sich eine Lösung.“

Verzögerun­gen von mehreren Jahren werden aber nicht toleriert. „Wenn Eltern Baugrund für ihre Kinder kaufen, für den eine Baupflicht besteht, können sie natürlich auch gleich das Haus auf das Grundstück bauen. Dabei müssen sie sich an die vertraglic­hen Bedingunge­n halten“, sagt Meybauer. Schaffen Bauherren es nicht, das Haus innerhalb der vereinbart­en Baupflicht fertigzust­ellen,

behalten sich die Gemeinden meist ein Rücktritts- oder Vorkaufsre­cht vor. Außerdem können Vertragsst­rafen oder Zwangsgeld­er fällig werden, je nach Vertragsge­staltung.

„Die Gemeinden sind nicht unbedingt an Sanktionen interessie­rt“, sagt Holger Freitag. „Aber sie wollen schon entscheide­n, was und wann bei ihnen gebaut wird und Spekulatio­nen ausschließ­en.“Wird

ein Grundstück von einem privaten Verkäufer erworben, hindert den Käufer in der Regel keine Baupflicht daran, es jahrelang brach liegen zu lassen. Auch Gemeindegr­undstücke ohne Baupflicht müssen nicht sofort bebaut werden. „Es gibt sogar viele Eigentümer, die gar nicht bauen möchten. Die kaufen zum Beispiel ihr Nachbargru­ndstück, weil sie ihre Ruhe haben wollen“, sagt Inke Meybauer.

Handelt es sich bei einem Grundstück um Bauland, heißt das nicht automatisc­h, dass auch eine Baupflicht besteht. „Wenn diese nicht explizit im Kaufvertra­g steht, kann der Käufer bauen, wann er will – oder auch gar nicht“, so Claudia Stoldt.

Was man bedenken sollte: Ein Grundstück verursacht laufende Kosten – selbst dann, wenn es weder bebaut noch genutzt wird. „Grundsteue­r, Grundbesit­zer-Haftpflich­tversicher­ung, eventuell Straßenrei­nigungsgeb­ühren und manchmal auch Sonderpost­en wie Erschließu­ngsbeiträg­e oder Entsorgung­skosten, weil der Grund sich zu einer wilden Müllkippe entwickelt hat“, zählt Holger Freitag auf.

Und was ist, wenn die erwachsene­n Kinder nach jahrelange­r Wartezeit schließlic­h ganz andere Pläne haben und nicht auf dem Grundstück bauen wollen? Oder wenn sie sich das Bauen angesichts steigender Zinsen nicht leisten können? „Gibt es keine anderen Regeln im Vertrag, können die Eltern das Land an jeden beliebigen Käufer zu marktüblic­hen Preisen verkaufen“, sagt Inke Maybauer. Hat sich der ursprüngli­che Verkäufer im Vertrag aber ein Vorkaufsre­cht gesichert, liegt die Entscheidu­ng bei ihm, ob er es kauft oder auf sein Vorkaufsre­cht verzichtet.

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FOTO: DPA Hier entsteht neuer Wohnraum: Gemeinden versuchen mit der Ausweisung neuer Baugrundst­ücke Einfluss auf die Bevölkerun­gsstruktur zu nehmen.

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