Junge Menschen sollen Politik „üben“
In Goch wird die Gründung eines Jugendparlaments vorbereitet, das die Interessen des Nachwuchses vertritt. Dauerwunsch ist eine Skateranlage. Geplant ist jetzt ein multifunktionaler Pumptrack.
GOCH/KREIS KLEVE Immer weniger Bürger zeigen Interesse an politischen Themen, insbesondere die Wahlbeteiligung geht stetig zurück. Kommunalpolitiker versuchen deshalb, junge Leute frühzeitig an Themen heranzuführen, die sie selbst betreffen, in der Hoffnung darauf, dass sie eines Tages aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken. Da Jugendliche erst mit 16 an Kommunalwahlen teilnehmen dürfen und an anderen Wahlen noch später, wurden Gremien eingeführt, in denen Kinder und Jugendliche Mitwirkung „üben“können. In Goch ist beschlossen worden, einen Jugendbeirat zu installieren. Bevor der seine Arbeit aufnehmen kann, müssen erst einige Vorarbeiten erledigt werden. Wir sprachen darüber mit den Initiatoren.
Rose Wecker, Mitglied in der Grünen-Fraktion und als Schulleiterin nah dran an den Jugendlichen, erklärt, das Jugendparlament sei in erster Linie dafür gedacht, die Interessen der unmittelbar Betroffenen zu vertreten. In der Politik gebe es oft Kommunikationsprobleme zwischen dem jungen und dem älteren Teil der Gesellschaft, was dazu führe, dass die Jugend nicht so sehr gehört wird und in der Folge deren Ideen und Wünsche nicht richtig umgesetzt werden können. Um das zu ändern, soll ein Jugendparlament ins Leben gerufen werden. Erst muss es allerdings gegründet werden, was schon eine erhebliche Hürde bedeutet, denn in anderen Kommunen, die darüber schon mal nachdachten, kam es nicht zur Umsetzung. Oder das Gremium wurde, wie in Rees, bald wieder aufgelöst.
In Goch ist man da inzwischen weiter, es wird bereits die Wahl vorbereitet. Robin Engler-Janßen, 17-jähriger Schüler, gehört zu der Gruppe, die die Vorarbeit leistet. Geplant sind die Wahlen in den Schulen und für Jugendliche, die nicht mehr zur Schule gehen, zusätzlich
im Rathaus. Wahlberechtigt sind alle Gocher im Alter von elf bis 19 Jahren. Auch das passive Wahlrecht endet mit 19, denn wer zwei Jahre dabei ist, ist am Ende 21 und erwachsen.
Die Wahl wird voraussichtlich Ende August dieses Jahr stattfinden. Die Kandidaten sollen selbstständig eine Art Wahlkampf führen, um unter die finalen 17 Abgeordneten gewählt zu werden. Das Jugendparlament arbeitet dann wie ein Ausschuss, der seine Beschlüsse an die anderen Gremien weiterleitet. Robin Engler, der politisch sehr interessiert ist und bald Abitur macht, plant, später vielleicht sogar beruflich eine politische Richtung einzuschlagen. Als Teil des Komitees wird er gemeinsam mit anderen Jugendlichen die Satzung des Jugendparlaments beschließen.
„Unser Hauptziel ist, für die Jugendlichen der Stadt direkt zu handeln. Viele wünschen sich einen Skatepark und die Verbesserung der Fahrradwege“, sagt er. Wobei ein Pumptrack mit Extra-Spur für Skater bereits von der
Politik beschlossen ist und noch in diesem Jahr realisiert werden soll. Wer sich in Goch auskennt: Im hinteren Bereich des Stadtparks, im alten Verkehrskindergarten, soll er entstehen.
Die Gruppe braucht zur Umsetzung ihrer Ideen Unterstützer bei der Stadt. Kleinere Verbesserungen sollen die jungen Leute sogar selbst auf den Weg bringen können. „Das Jugendparlament soll ein begrenztes Kapital direkt nutzen können, um einige Projekte eigenständig umzusetzen“, sagt Rose Wecker. 10.000 Euro pro Jahr sind dafür vorgesehen. Bis zum Sommer ist noch Zeit für einigen Gedankenaustausch darüber, wie Goch für den Nachwuchs noch lebenswerter werden kann.
In Bürgermeister Ulrich Knickrehm haben die engagierten jungen Leute einen Fürsprecher. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte er: „Ich bin kein Freund der Idee, dass Erwachsene immer noch über die Wünsche und Ideen von Jugendlichen in der Politik entscheiden. Im Endeffekt führt das immer nur zu Unzufriedenheit.“Deshalb findet er ein Jugendparlament gut, so lange es auch seitens der Jugend gut angenommen und genutzt wird. Der Jurist und Bürgermeister erklärt, dass der künftige Beirat zwar keine Entscheidungsbefugnis habe, seine Anfragen aber durchaus Gewicht hätten. Und mit 10.000 Euro lasse sich ja auch einiges anfangen.
Um Entscheidungen treffen zu können, braucht es auch einen Ort, an dem sich das Jugendparlament zu seinen Sitzungen treffen kann. Gedacht ist an einen Raum im Rathaus oder im Jugendzentrum „Astra“. Die Jugendlichen sind aber keinesfalls auf sich allein gestellt, denn sie werden jederzeit einen Ansprechpartner beim Jugendamt haben, der sie bei allen möglichen Fragen unterstützen wird, versichert die zuständige Fachbereichsleiterin Judith Boell. In die Kreativität der Kinder und Jugendlichen werde aber ganz bestimmt nicht eingegriffen.