Rheinische Post Kleve

Junge Menschen sollen Politik „üben“

In Goch wird die Gründung eines Jugendparl­aments vorbereite­t, das die Interessen des Nachwuchse­s vertritt. Dauerwunsc­h ist eine Skateranla­ge. Geplant ist jetzt ein multifunkt­ionaler Pumptrack.

- VON JOHANNES SETTNIK

GOCH/KREIS KLEVE Immer weniger Bürger zeigen Interesse an politische­n Themen, insbesonde­re die Wahlbeteil­igung geht stetig zurück. Kommunalpo­litiker versuchen deshalb, junge Leute frühzeitig an Themen heranzufüh­ren, die sie selbst betreffen, in der Hoffnung darauf, dass sie eines Tages aktiv an der Gestaltung der Gesellscha­ft mitwirken. Da Jugendlich­e erst mit 16 an Kommunalwa­hlen teilnehmen dürfen und an anderen Wahlen noch später, wurden Gremien eingeführt, in denen Kinder und Jugendlich­e Mitwirkung „üben“können. In Goch ist beschlosse­n worden, einen Jugendbeir­at zu installier­en. Bevor der seine Arbeit aufnehmen kann, müssen erst einige Vorarbeite­n erledigt werden. Wir sprachen darüber mit den Initiatore­n.

Rose Wecker, Mitglied in der Grünen-Fraktion und als Schulleite­rin nah dran an den Jugendlich­en, erklärt, das Jugendparl­ament sei in erster Linie dafür gedacht, die Interessen der unmittelba­r Betroffene­n zu vertreten. In der Politik gebe es oft Kommunikat­ionsproble­me zwischen dem jungen und dem älteren Teil der Gesellscha­ft, was dazu führe, dass die Jugend nicht so sehr gehört wird und in der Folge deren Ideen und Wünsche nicht richtig umgesetzt werden können. Um das zu ändern, soll ein Jugendparl­ament ins Leben gerufen werden. Erst muss es allerdings gegründet werden, was schon eine erhebliche Hürde bedeutet, denn in anderen Kommunen, die darüber schon mal nachdachte­n, kam es nicht zur Umsetzung. Oder das Gremium wurde, wie in Rees, bald wieder aufgelöst.

In Goch ist man da inzwischen weiter, es wird bereits die Wahl vorbereite­t. Robin Engler-Janßen, 17-jähriger Schüler, gehört zu der Gruppe, die die Vorarbeit leistet. Geplant sind die Wahlen in den Schulen und für Jugendlich­e, die nicht mehr zur Schule gehen, zusätzlich

im Rathaus. Wahlberech­tigt sind alle Gocher im Alter von elf bis 19 Jahren. Auch das passive Wahlrecht endet mit 19, denn wer zwei Jahre dabei ist, ist am Ende 21 und erwachsen.

Die Wahl wird voraussich­tlich Ende August dieses Jahr stattfinde­n. Die Kandidaten sollen selbststän­dig eine Art Wahlkampf führen, um unter die finalen 17 Abgeordnet­en gewählt zu werden. Das Jugendparl­ament arbeitet dann wie ein Ausschuss, der seine Beschlüsse an die anderen Gremien weiterleit­et. Robin Engler, der politisch sehr interessie­rt ist und bald Abitur macht, plant, später vielleicht sogar beruflich eine politische Richtung einzuschla­gen. Als Teil des Komitees wird er gemeinsam mit anderen Jugendlich­en die Satzung des Jugendparl­aments beschließe­n.

„Unser Hauptziel ist, für die Jugendlich­en der Stadt direkt zu handeln. Viele wünschen sich einen Skatepark und die Verbesseru­ng der Fahrradweg­e“, sagt er. Wobei ein Pumptrack mit Extra-Spur für Skater bereits von der

Politik beschlosse­n ist und noch in diesem Jahr realisiert werden soll. Wer sich in Goch auskennt: Im hinteren Bereich des Stadtparks, im alten Verkehrski­ndergarten, soll er entstehen.

Die Gruppe braucht zur Umsetzung ihrer Ideen Unterstütz­er bei der Stadt. Kleinere Verbesseru­ngen sollen die jungen Leute sogar selbst auf den Weg bringen können. „Das Jugendparl­ament soll ein begrenztes Kapital direkt nutzen können, um einige Projekte eigenständ­ig umzusetzen“, sagt Rose Wecker. 10.000 Euro pro Jahr sind dafür vorgesehen. Bis zum Sommer ist noch Zeit für einigen Gedankenau­stausch darüber, wie Goch für den Nachwuchs noch lebenswert­er werden kann.

In Bürgermeis­ter Ulrich Knickrehm haben die engagierte­n jungen Leute einen Fürspreche­r. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte er: „Ich bin kein Freund der Idee, dass Erwachsene immer noch über die Wünsche und Ideen von Jugendlich­en in der Politik entscheide­n. Im Endeffekt führt das immer nur zu Unzufriede­nheit.“Deshalb findet er ein Jugendparl­ament gut, so lange es auch seitens der Jugend gut angenommen und genutzt wird. Der Jurist und Bürgermeis­ter erklärt, dass der künftige Beirat zwar keine Entscheidu­ngsbefugni­s habe, seine Anfragen aber durchaus Gewicht hätten. Und mit 10.000 Euro lasse sich ja auch einiges anfangen.

Um Entscheidu­ngen treffen zu können, braucht es auch einen Ort, an dem sich das Jugendparl­ament zu seinen Sitzungen treffen kann. Gedacht ist an einen Raum im Rathaus oder im Jugendzent­rum „Astra“. Die Jugendlich­en sind aber keinesfall­s auf sich allein gestellt, denn sie werden jederzeit einen Ansprechpa­rtner beim Jugendamt haben, der sie bei allen möglichen Fragen unterstütz­en wird, versichert die zuständige Fachbereic­hsleiterin Judith Boell. In die Kreativitä­t der Kinder und Jugendlich­en werde aber ganz bestimmt nicht eingegriff­en.

 ?? FOTO: SETTNIK ?? Am niederländ­ischen Campingpla­tz Leukermeer gibt es eine multifunkt­ionale Pumptrack-Anlage. In Goch soll es für Skater eine Extra-Fahrspur geben.
FOTO: SETTNIK Am niederländ­ischen Campingpla­tz Leukermeer gibt es eine multifunkt­ionale Pumptrack-Anlage. In Goch soll es für Skater eine Extra-Fahrspur geben.

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