NRW lässt Chat-GPT-Software an Schulen zu
Ministerin Dorothee Feller (CDU) will den Einsatz von Anwendungen der Künstlichen Intelligenz nicht verbieten. Vielmehr soll es Handlungsanweisungen geben. Lehrkräfte fordern verbindliche Regeln für die Notenvergabe.
Künstliche Intelligenz (KI) wird in nordrhein-westfälischen Klassenzimmern Einzug halten. Das Bildungsministerium will das nicht verhindern: „Ein generelles Verbot zur Nutzung von KI-Anwendungen ist nicht geplant und würde der zunehmenden Relevanz solcher Anwendungen mit Blick auf den Bildungsund Erziehungsauftrag der Schulen zuwiderlaufen“, heißt es aus dem Ministerium von Dorothee Feller (CDU). Man erarbeite derzeit eine Kurz-Info mit Handlungshinweisen für die Schulen, die bald versendet werde. Lehrkräfte und Kinder werden Programme wie die neue Software Chat GPT demnach wohl eher früher als später nutzen.
Das Programm Chat GPT steht in der Diskussion, weil es Beeindruckendes leisten kann. So lassen sich damit komplizierte und anscheinend kreative Texte, Facharbeiten, sprachlich elegante Aufsätze oder Referate erstellen – auch solche, von denen Leser und Zuhörer
nicht ahnen, dass da der Computer etwas erarbeitet hat und nicht etwa ein Schüler, der dafür eine Note bekommen soll.
Die Gefahr von Schummeleien sieht man im Schulministerium allerdings nicht im Vordergrund. „Lehrerinnen und Lehrer verfügen über ein hohes Maß an professioneller Erfahrung und können in der Regel erkennen, ob Schülerinnen und Schüler Produkte, die sie zu Hause angefertigt haben und die der Leistungsüberprüfung dienen sollen, eigenständig erledigt haben“, heißt es. Außerdem sollten Hausaufgaben ohnehin so mit dem Unterricht verknüpft sein, dass sie nicht von anderen – und eben auch nicht von einer KI – bearbeitet werden könnten.
Jedoch stellt der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbandes, Andreas Bartsch, nach eigenen Tests selbst fest: Was sich mit Chat GPT anfangen lässt, das sei „phänomenal und beinahe beängstigend“. Bartsch sagte, er glaube, es werde Einfluss auf die Lehre haben, dass solche Programme jetzt in der Welt sind. „Richtiges Zitieren lernen Schüler heute in der Oberstufe. Künftig muss das eben schon ab der Grundschule stattfinden: Ich muss angeben, woher ich eine Information habe“, sagte er. Junge Menschen müssten erfahren, wie sie Chat GPT als Fundgrube für Wissen richtig nutzen, ohne die am Rechner erstellten Texte als eigenes Werk auszugeben. „Ich erwarte vom Schulministerium eine rechtliche Regelung dafür, wie mit solchen Informationsquellen umzugehen ist. Dann kann und darf das den Unterricht auch bereichern.“
Außerdem dürften, so seine Einschätzung, Unterrichtsgespräche mehr in den Fokus rücken, um abzuprüfen, wie viel eigener Erkenntnisgewinn beispielsweise in einer vorgelegten Hausaufgabe tatsächlich steckt: „Man fragt gezielt nach und kann sich schnell einen Reim darauf machen, ob jemand wirklich weiß, wovon er spricht, oder nur etwas Vorverfasstes abspult.“
Für solche Methodik und für eine anschließende Notenvergabe bräuchten Lehrkräfte einen juristisch klaren Rahmen, ergänzte Harald Willert, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung NRW. „Jede Leistungsbeurteilung in der Schule muss rechtssicher sein“, begründete er. Wenn dafür nicht gesorgt sei, würden Noten oder Versetzungsentscheidungen vor Gericht landen. Zugleich betonte Willert, dass es immer noch sehr viel mehr darauf ankomme, welches Können ein junger Mensch im alltäglichen Unterricht zeige: „Große Hausarbeiten machen bei der Leistungsbemessung nur einen Bruchteil aus.“
Aus dem NRW-Schulministerium hieß es, man begleite die Diskussionen um Leistungen und Möglichkeiten von KI-Anwendungen „konstruktiv-kritisch“. Wie bei anderen technischen Entwicklungen auch seien Potenziale, pädagogische Perspektiven, Gefahren und Konsequenzen zu bedenken. Grundsätzlich gelte es, Medienkompetenz zu fördern: Junge Leute sollten sich in einer zunehmend von Algorithmen geprägten digitalen Welt kompetent bewegen können. „Unter dieser Perspektive ist es möglich und geboten, den Chat GPT oder auch andere KIbasierte Anwendungen im Unterricht kritisch auf Chancen und Risiken hin zu hinterfragen.“