Ukrainische Flüchtlingskinder treten bei Eishockeyturnier an
Sie sind vor dem Krieg geflohen und leben in Europa verstreut. Ein Geschäftsmann hat sie jetzt nach Kanada eingeladen, damit sie dort aufs Eis gehen.
(ap) Der kanadische Geschäftsmann Sean Bérubé hielt es zuerst für einen Scherz, als er gebeten wurde mitzuhelfen, ein Eishockeyteam aus ukrainischen Flüchtlingsjungen zusammenzustellen – Kindern im Alter von elf und zwölf Jahren, vertrieben vom Krieg und verstreut in Europa. Die Idee war, sie zu einem renommierten Eishockeyturnier in die kanadische Stadt Québec zu fliegen. Und zwar nicht bloß als Zuschauer, sondern als Teilnehmer.
Es begann im März vergangenen Jahres. Da saß Bérubé, der aus der Gegend von Québec stammt, in der rumänischen Hauptstadt Bukarest mit Ewghenij Pyssarenko zusammen. Als Teenager hatten die beiden Männer in der Ukraine Eishockey gespielt. Gemeinsam waren die ehemaligen Teamkollegen in die Ukraine gereist, um ihrem früheren ukrainischen Trainer und seiner Familie zu helfen, vor dem russischen Angriffskrieg zu fliehen. Voller Dankbarkeit sagte Bérubé, er schulde Pyssarenko ein Bier. „Nein, ich habe eine andere Sache, um die ich dich bitten möchte“, erhielt er als Antwort.
Und diese Bitte entwickelte sich zu einer Mission. Es war ein langer und nicht leichter Prozess, das ukrainische Team nach Kanada zu bringen, wo es beim Québec International Peewee Hockey Tournament in der Gruppe der Elf- und Zwölfährigen antreten wird. Es ist ein Wettbewerb, an dem einst spätere Größen wie Wayne Gretzky und Guy Lafleur teilnahmen. Die ukrainischen Jungen werden am 11. Februar im Centre Vidéotron zum ersten Spiel aufs Eis gehen, gegen die Junior
Bruins aus dem US-Staat Massachusetts.
Die größte Hürde sei der Papierkram gewesen. Die Jungen leben mit ihren Müttern in verschiedenen Ländern Europas, während ihre Väter daheim in der Ukraine an den Frontlinien gegen die russischen Angreifer kämpfen. Von beiden brauchte es jedoch eine Unterschrift. Bérubé finanzierte das Projekt aus eigener Tasche, kaufte Flugtickets, schloss Reiseversicherungen ab und vergewisserte sich, dass die Gastgeber-Familien in Québec auf die Ankunft der Jungen vorbereitet sind. Er habe sich bei der Ukraine revanchieren wollen, sagte Bérubé. „Ich hatte eine großartige Zeit, als ich als Teenager dort war, und so habe ich das Gefühl, dass es meine Pflicht ist.“
Über Weihnachten gab es in Rumänien Probespiele. Am Wochenende kamen die Jungen wieder in Rumänien zusammen, sie waren aus Ländern wie Lettland, Deutschland, Ungarn und der Slowakei abgereist. Am Mittwoch geht es dann zunächst nach Montreal und schließlich nach Québec.
Zwei der Kinder stammen aus der Stadt Cherson, die monatelang von den Russen besetzt war, und zwei weitere aus der ebenfalls bombardierten Hafenstadt Odessa. Mindestens
ein Spieler hat seinen Vater im Krieg verloren. „Erstes Ziel ist es, diesen Kindern zu zeigen, dass alles möglich ist, dass Träume wahr werden können, sogar wenn es daheim eine schwierige Zeit ist und Krieg herrscht“, sagte Pyssarenko. „Sie müssen an eine bessere Zukunft glauben können.“Pyssarenko hat selbst 1993 beim Turnier mitgespielt, nur wenige Jahre nachdem die Ukraine ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt hatte. „Es war kein leichtes Leben für uns, aber es war sehr, sehr wichtig, nach Kanada zu gehen, einen großen Schritt zu machen, die Welt zu sehen, Eishockey zu sehen.“
„Sie müssen an eine bessere Zukunft glauben können“Ewghenij Pyssarenko Früherer Eishockeyspieler