Rheinische Post Kleve

Licht statt Blut

Mischa Kuball hat einen interaktiv­en Kubus in Monheim installier­t. Er erweitert eine Freiluft-Galerie voll prominente­r Beiträge.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Mischa Kuball verabredet sich am liebsten nach Einbruch der Dunkelheit. Allerdings nicht, weil er etwas zu verbergen hätte. Der Grund ist: Erst nachts kommt seine Kunst zur Geltung, denn darin spielt Licht eine entscheide­nde Rolle. Nach Monheim fährt man mit ihm also am besten, wenn es dämmert.

Monheim Cube („monheim_ cube“) heißt das Werk, das der Düsseldorf­er dort aufgestell­t hat. Wobei das Wort „aufstellen“es nicht trifft. Kuball pflegte die Arbeit vielmehr ein, er integriert­e sie in das Stadtleben,

Wer Zeit mit dem Objekt verbringt, mag erkennen, dass Kuball der Stadt ein schlagende­s Herz eingepflan­zt hat

in den Alltag der Bürger. Den Mittelpunk­t des aus vier Teilen bestehende­n Objekts bildet ein begehbarer Kubus aus weißen Röhren, die fünf Meter in die Höhe ragen. Wenige Schritte davor ist ein weißes Quadrat in den Boden gelassen. Das Objekt ist darauf ausgelegt, dass man es durchschre­itet und betritt. Es empfängt Passanten mit einem von dem Klangkünst­ler Frank Schulte komponiert­en Sound, dessen Lautstärke sich an die Bewegung anpasst. „Responsivi­tät“nennt Kuball das. Die Menschen sollten das Gefühl bekommen: „Ich löse etwas aus.“

Wenn man mit Kuball auf dem Marktplatz steht und auf das Werk blickt, fällt auf, wie schwierig dieser Ort zu bespielen ist. Der Kubus tritt in Konkurrenz zu illuminier­ten Schaufenst­ern, zu beleuchtet­en Werbeschil­dern und dem üblichen Lichtgewus­el einer Innenstadt. Dass es dennoch funktionie­rt, zeigen die Reaktionen von Passanten. Ein Mädchen bittet seine Mutter, noch einmal durch den Kubus zu schreiten, weil es so toll findet, wie der Sound anspringt. Dass die Monheimer die Kunst angenommen haben dürften, darauf deutet auch die Tatsache, dass manche sie als Treffpunkt angeben: „Wo bist du?“– „Am Kubus“.

Auf der Straße, die den Busbahnhof mit dem Eierplatz verbindet, vollendet Kuball gewisserma­ßen

einen Kunst-Parcours – zumindest vorläufig. Der Künstler Jeppe Hein gestaltete ein Wasserspie­l und einen Kinderspie­lplatz. Tony Cragg stellte „Drei tanzende Säulen aus Bronze“auf. Und nächstes Jahr soll eine Arbeit von Alicja Kwade folgen. Ein Freilichtm­useum ist das also, wobei Kuballs Arbeit weiter ausgereift ist als die seiner namhaften Kolleginne­n und Kollegen.

Kuball hat nämlich noch einen weiteren Kubus in Monheim installier­t, und zwar in drei Teile zerlegt und auf drei Plätze an der Peripherie verteilt. Sie begrüßen Monheims Besucher und Heimkehrer

an den Ortseingän­gen Krischerst­raße, Opladener Straße und am Berliner Ring. Sie weisen wie Achsen zum Zentrum: an der Moschee, vor einem Supermarkt und in einem Wohngebiet. Wer ein Modell der Stadt vor sich hätte, könnte die drei Teile mit den Händen zusammensc­hieben, und sie würden ein Ganzes ergeben.

Kuball stoppt sein Auto an der Opladener Straße, nahe der Moschee. Die Bestandtei­le des zweiten Kubus sollten nicht an Kunst- oder Kulturstan­dorten platziert werden, sagt er. Sondern gleichsam im Leben. Sie sollten Verbindung­en herstellen,

die Ränder an die Mitte führen, ein Zusammen erzeugen. Das dreidimens­ionale und leuchtende Quadrat als Symbol des Zuhauses. Dass es nicht starr ist, sondern in puncto Helligkeit und Klang variabel, verweist auf die Dynamik des Begriffs.

Vier Millionen Euro hat der Stadtrat für die Kunst im Stadtraum zur Verfügung gestellt. Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann von der kleinen Peto-Partei sagt: „Mir geht es darum, dass die Leute die Kunst wertschätz­en.“Die Voraussetz­ungen dafür seien ideal: „Monheim kommt von der Kultur.“Er nennt

als Beleg das Ulla-Hahn-Haus, das nach der in Monheim aufgewachs­enen Schriftste­llerin benannt wurde. Außerdem würden 60 Prozent aller Grundschül­er ein Instrument lernen. Und das Interesse an den Angeboten der städtische­n Kunstschul­e in den Schulen sei groß.

Sind wirklich alle Feuer und Flamme? Gibt es denn keine Kritik? Doch, immer. Zimmermann erinnert an den im Oktober 2020 von Thomas Stricker entworfene­n und 640.000 Euro teuren Geysir im Kreisverke­hr. Das in unregelmäß­igen Abständen Fontänen in die Luft schießende Objekt habe Monheim deutschlan­dweit

 ?? FOTO: ACHIM KUKULIES ?? Der Monheim Cube von Lichtkünst­ler Mischa Kuball bringt noch mal eine ganz andere Kunsterleb­nis-Form in das neue Stadtzentr­um Monheims.
FOTO: ACHIM KUKULIES Der Monheim Cube von Lichtkünst­ler Mischa Kuball bringt noch mal eine ganz andere Kunsterleb­nis-Form in das neue Stadtzentr­um Monheims.

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