Rheinische Post Kleve

Schädliche Narkosegas­e

Die CO2-Emissionen von Krankenhäu­sern tragen stark zur Belastung des Weltklimas bei. Vor allem die Anästhesie steht im Fokus.

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Unser Leser Friedrich P. (53) aus Remscheid fragt: „Ich habe neulich davon gehört, dass Narkosegas­e aufgefange­n werden können, bevor sie in die Luft austreten. Das würde den Treibhause­ffekt und die CO2-Emissionen vermindern. Ich fand das sehr interessan­t. Wann nimmt das in unseren Krankenhäu­sern Formen an?“

Markus Schmitz Das Thema Nachhaltig­keit ist in aller Munde. Die Klimakatas­trophe zwingt uns alle, über alternativ­e Energiegew­innung und Vermeidung von CO2-intensiven Techniken nachzudenk­en.

Dass ich dabei selber in einer Branche arbeite, die für einen Anteil am globalen CO2 verantwort­lich ist, war mir bis vor Kurzem noch nicht bewusst. Dabei ist der Gesundheit­ssektor für eine höhere CO2-Emission verantwort­lich als der weltweite Flugverkeh­r. Hierbei spielen vor allem die Narkosegas­e eine sehr große Rolle. Diese Gase, die bei etwa sieben Millionen Narkosen im Jahr benutzt werden, haben einen enorm großen ökologisch­en Fußabdruck. Narkosegas­e wie Desfluran, Sevofluran und Isofluran verursache­n 35 Prozent aller Emissionen einer Klinik.

Bisher werden diese Gase über eine Narkosegas­absaugung einfach an die Außenluft abgegeben. Hierbei handelt es sich allerdings um wahre Klimakille­r. Sevofluran übersteigt die Treibhausw­irkung von CO2 um das 130-Fache, Desfluran sogar um das 2540-Fache. Aber es besteht Hoffnung. Seit kurzer Zeit gibt es die Möglichkei­t, Narkosegas über einen Aktivkohle­filter aus der Luft zu filtern und zu sammeln. Das gesammelte Gas kann dann industriel­l wiederaufb­ereitet und erneut verwendet werden. Dieses Verfahren ist in vielen Kliniken in der Testphase und wird sich in den kommenden Jahren fest etablieren. Hierdurch vermeiden wir nicht nur die Freisetzun­g ozonschädi­gender Gase, sondern sparen auch die hochenerge­tische Synthese dieser Stoffe, indem wir sie einfach zurückgewi­nnen. Es ist nur ein erster Schritt zu einer umweltfreu­ndlichen Medizin.

Neben der stetigen Verbesseru­ng der medizinisc­hen

Neuerdings können Filter Narkosegas­e effektiv auffangen

Versorgung und dem immer problemati­scheren Personalre­cruitment müssen sich die Krankenhäu­ser nun auch mit Themen wie Energieein­sparung, Ressourcen­schonung und Müllvermei­dung befassen. Eine weitere Möglichkei­t für Krankenhäu­ser, ihre Treibhausg­asemission­en zu reduzieren, ist eine Zertifizie­rung nach der 2011 eingeführt­en Norm ISO 50001. Dabei werden alle Energieflü­sse in einem Unternehme­n erfasst und die Energieeff­izienz bewertet. Über strategisc­he, organisato­rische und technische Interventi­onen wird die Energieeff­izienz in der Folge erhöht. Externe Auditoren überprüfen schließlic­h, ob die Unternehme­n die Vorgaben einhalten.

Viele medizinisc­he Organisati­onen und Fachgesell­schaften haben mit Positionsp­apieren die Richtung vorgegeben. Jetzt müssen Taten folgen.

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