Rheinische Post Kleve

Vage Hoffnung auf Entspannun­g

Wenige Produkte sind so viel teurer geworden wie Butter und Kuhmilch. Warum das so ist, wie sich der Markt entwickeln könnte – und wie gesund die tierischen Erzeugniss­e laut Experten sind.

- VON JANA MARQUARDT

Kuhmilch ist inzwischen sehr umstritten: Immer mehr Menschen steigen auf pflanzlich­e Alternativ­en um. Viele diskutiere­n im Internet über Studien, die besagen, dass Milch angeblich die Sterblichk­eit erhöhe. Verschiede­ne Bezeichnun­gen wie Weide-, Heuoder Alpenmilch stiften Verwirrung. Gleichzeit­ig wird sie immer teurer. So kostet selbst die konvention­ell erzeugte Variante inzwischen deutlich mehr als einen Euro. Für einen besseren Ruf sorgt das nicht gerade. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Warum sind Milch und Butter so teuer geworden?

Um Milch zu produziere­n, benötigen Landwirte und Molkereien viel Energie. Zusätzlich muss sie transporti­ert und gelagert werden. Und da die Energiepre­ise seit dem russischen Angriffskr­ieg auf die Ukraine immer weiter steigen, kostet dies alles mehr als noch vor einem Jahr. Das schlägt sich in den Erzeuger- und Ladenpreis­en nieder: Die Landwirte bekommen mehr für ihre Milch von den Molkereien – im November waren es laut Bundesanst­alt für Landwirtsc­haft und Ernährung (BLE) rund 61 Cent pro Kilogramm –, und die Kunden müssen im Supermarkt draufzahle­n. Zum Vergleich: Im November 2021 lag der Erzeugerpr­eis bei rund 41 Cent. „Bei den Butterprei­sen wirken sich dieselben Faktoren aus“, sagt Ernährungs­wissenscha­ftler

Frank Waskow von der Verbrauche­rzentrale NRW. Allerdings habe es womöglich Mitnahmeef­fekte gegeben – eine Ladenpreis­steigerung von rund 55 Prozent sei kaum zu rechtferti­gen. Die Verbrauche­rzentrale könne das aber nicht beweisen.

Wie werden sich die Milch- und Butterprei­se entwickeln?

Waskow geht davon aus, dass die Milchpreis­e auf lange Sicht sinken. „Sie kehren nicht wieder auf dasselbe niedrige Niveau zurück wie vor dem russischen Angriffskr­ieg, aber so hoch wie jetzt bleiben sie voraussich­tlich nicht“, sagt er. Genauere Angaben wollte er nicht machen. Auf welche Preise sich Verbrauche­r wann einstellen können, bleibt offen.

Was bedeuten eigentlich Weide-, Alpen- und Biomilch?

Die verschiede­nen Begriffe für Milch verspräche­n laut Waskow häufig zu viel. Alpenmilch sei ein ungeschütz­ter Begriff, den auch Produzente­n außerhalb der Alpen für ihre Produkte beanspruch­ten. Weidemilch klinge zwar großartig, heiße aber bloß, dass die Kühe mindestens an 120 Tagen jeweils sechs Stunden lang auf der Wiese stehen. Unter welchen Bedingunge­n sie die restlichen 245 Tage lebten, sei unklar. Die Deutschlan­dchefin der Molkereige­nossenscha­ft Arla, Lillie Li Valeur, betont, dass Arla-Kühe in Bio-Haltung es in dieser Hinsicht besser hätten: „Sie verbringen mindestens 150 Tage auf der Weide“, sagt sie. Außerdem sei es logisch, dass sie das nicht das ganze Jahr täten – im Winter sei es ihnen dort zu kalt. Zudem böten die Weiden in der kalten Jahreszeit nicht genug Gras als Futter und müssten sich regenerier­en. Wer auf Tierwohl und Umwelt achtet, treffe auch laut Waskow mit Bio-Milch die beste Wahl. Hier sei gesichert, dass die Futtermitt­el selbst angebaut seien oder aus der Region stammten, und die Tiere hätten mehr Platz als in konvention­eller Haltung.

Wie gesund ist Milch denn nun wirklich?

Valeur schwärmt naturgemäß von Milch: „Sie ist ein ganz besonderes Lebensmitt­el, enthält wertvolle Vitamine und Mineralsto­ffe wie Kalzium“, sagt sie. Sie trage zum Wachstum bei und decke den Tagesbedar­f an vielen Nährstoffe­n. Damit hat sie nach Waskows Einschätzu­ng recht. Es gibt sogar Studien, die belegen, dass das Risiko für Darmkrebs sinkt, wenn man mindestens ein Glas Milch am Tag trinkt. Doch es gibt auch Gegenstimm­en, die sagen, dass sich dann der hormonelle Haushalt verändere oder dass sich die Sterblichk­eit erhöhe. „Die betreffend­en Studien sind aber nicht wissenscha­ftlich anerkannt, da sie fehlerhaft durchgefüh­rt wurden – nur ein stärkerer Zusammenha­ng bei Prostatakr­ebs konnte festgestel­lt werden“, sagt Waskow.

Sind pflanzlich­e Alternativ­en gesünder als Kuhmilch?

„Nein“, sagt Ernährungs­wissenscha­ftler Waskow. Aber sie stellten ein gutes Alternativ­angebot dar. Viele pflanzlich­e Milchalter­nativen kämen ohne Aromen und Zusatzstof­fe aus, enthielten weniger Fett als Kuhmilch und würden klimafreun­dlicher produziert. Einziger Nachteil sei der geringere Eiweißgeha­lt bei Hafer-, Mandelmilc­h und Co.

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