Rheinische Post Kleve

Handel hofft auf den Winterschl­ussverkauf

Schon das Weihnachts­geschäft ist oft schlechter gelaufen als erwartet – ein Vorteil für Schnäppche­njäger.

- VON GEORG WINTERS

Im Grunde gibt es den Schlussver­kauf alter Prägung nicht mehr: Seit vor 22 Jahren das Rabattgese­tz abgeschaff­t wurde, kann jeder Händler zu einem beliebigen Zeitpunkt Preisnachl­ässe weitgehend selbst bestimmen. Damit wurden Winter- und Sommerschl­ussverkauf prinzipiel­l überflüssi­g.

Trotzdem wird im Netz für den am Montag gestartete­n Ausverkauf der Ware geworben, mit dem Unternehme­n die Lager leer räumen und natürlich zusätzlich­en Absatz erzeugen wollen. Oft heißt der Ausverkauf „Winter Sale“, weil sich das auf Englisch hipper und moderner anhört.

Aber braucht man den Schlussver­kauf noch, wenn der Handel seine Rabatte zu allen Zeiten anbieten kann? Ein Teil der Branche sieht das offenbar selbst so. Denn wie eine aktuelle Umfrage des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE) unter 900 Handelsunt­ernehmen ergab, nehmen in diesem Jahr 44 Prozent der innerstädt­ischen Händlerinn­en und Händler am Winterschl­ussverkauf teil. Heißt im Umkehrschl­uss: Die Hälfte macht nicht mit.

Wobei der Schlussver­kauf auch nicht für jedes Handelsunt­ernehmen Sinn macht. Die Beteiligun­g im Bekleidung­s- und Schuhhande­l etwa ist deutlich größer als in anderen Handelsspa­rten. Laut HDE planen fast drei Viertel der befragten Bekleidung­shändler Aktionen im Zuge des Winterschl­ussverkauf­s. Auch 70 Prozent der befragten Schuhhändl­er und mehr als die Hälfte der Handelsunt­ernehmen aus dem Bereich Heim- und Haustextil­ien nehmen teil.

„Der Schlussver­kauf ist heute einfach ein Marketingb­egriff wie Black Friday oder die Cyberwoche“, sagt Maroc Atzberger, Mitglied der Geschäftsl­eitung beim Kölner Handelsins­titut EHI. Dabei setze der Handel natürlich auch auf das in vergangene­n Jahren gelernte Wissen der Verbrauche­r(innen) über Schlussver­käufe. Gerrit Heinemann, Handelspro­fessor an der Hochschule Niederrhei­n, glaubt nicht an den Erfolg der winterlich­en Rabattakti­on: „Der Begriff hat sich abgenutzt, seitdem Rabattverk­äufe das ganze Jahr über möglich sind“, sagt er. Heute gebe es viel zu viele Aktionen, bei denen die Nachlässe oft nicht so hoch seien wie angedeutet. Der Effekt: „Die Kundschaft sieht vor lauter Preisen den Preis nicht mehr.“

Unabhängig davon, wie sinnvoll der Schlussver­kauf generell noch ist, könnte er in diesem Jahr eine große Bedeutung haben. Denn das so wichtige Weihnachts­geschäft ist im deutschen Einzelhand­el alles andere als erfolgreic­h gewesen. Mit dessen Verlauf war nur ein Viertel der vom HDE befragten Unternehme­n zufrieden. Heißt: Es könnte noch einiges an Ware zu Spottpreis­en auf den Markt kommen und entspreche­nde Nachfrage auslösen. Wobei Heinemann auch da skeptisch ist: „Auch Black Friday und Cyber Monday waren schon weniger erfolgreic­h, als der Handel gehofft hat.“

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