Rheinische Post Kleve

Zehn Jahre Freiheitss­trafe für Leiharbeit­er

Der rumänische Angeklagte hatte seine 18-jährige Lebensgefä­hrtin in einer Leiharbeit­erunterkun­ft in Kleve zu Tode geprügelt.

- VON JENS HELMUS

Die Schwurkamm­er des Klever Landgerich­tes hat am Montag einen 23-jährigen Rumänen wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge zu einer Freiheitss­trafe von zehn Jahren verurteilt. Der Angeklagte hatte seine Lebensgefä­hrtin in einer Leiharbeit­erkunft an der Klever Gutenbergs­traße dermaßen traktiert, dass diese trotz Not-OP starb.

Von einem „Gewaltexze­ss“sprach der Staatsanwa­lt in seinem Schlussplä­doyer. „Von Reue sehe ich hier eigentlich keine Spur“, so der Anklagever­treter, der neun Jahre Freiheitss­trafe wegen Totschlags beantragt hatte. Die junge Frau sei gestorben, weil sie in einer gewalttäti­gen Partnersch­aft lebte.

Der Angeklagte hatte während der Beweisaufn­ahme weitgehend geschwiege­n. Er habe am Tattag Cannabis und Crack konsumiert und könne sich an die entscheide­nden Stunden nicht erinnern, sagte er am ersten Verhandlun­gstag. Erst in seinem letzten Wort am zweiten und letzten Prozesstag sagte er übersetzt durch die Dolmetsche­rin: „Ich gestehe, dass ich sie geschlagen habe. Aber ich hatte nicht die Absicht, so etwas Schlimmes zu tun.“

Zu dem, was der Staatsanwa­lt später einen „Gewaltexze­ss“nennen sollte, machte der Angeklagte aber auch am Montag keine Angaben. Die Formulieru­ng „Gewaltexze­ss“stützt sich auf die Ausführung­en des Gerichtsme­diziners,

der ein Gutachten zu den Verletzung­en der Frau erstattet hatte. Von Rissen der Dünndarmau­fhängung und des Darms war die Rede, von einem stumpfen Schädelhir­ntrauma, Blutungen in Schädel und Oberkörper, zerbrochen­en Halswirbel­n. „Wenn die Frau zwischendu­rch das Bewusstsei­n wiedererla­ngt hat, muss sie starke Schmerzen erlitten haben“, so der Forensiker. Die Verletzung­en seien nicht durch einen Sturz zu erklären – vor allem für die Bauchraumv­erletzunge­n habe es einer „sehr heftigen Gewalteinw­irkung“bedurft, etwa durch Tritte.

Ein weiterer Sachverstä­ndiger, psychiatri­scher Gutachter, sagte vor Gericht, dass er keine Hinweise auf vermindert­e oder aufgehoben­e Schuldfähi­gkeit beim Angeklagte­n sehe. Er betonte allerdings die Grenzen des Gutachtens, denn er konnte den Angeklagte­n nicht untersuche­n: „Es ist alles sehr hypothetis­ch“, so der Psychiater.

Die Verteidigu­ng hatte am Montag eine Verurteilu­ng wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge gefordert – eine Tötungsabs­icht sei nicht nachweisba­r. Fünf Jahre hielt die Verteidige­rin für angemessen.

Die Kammer verurteilt­e den Angeklagte­n schließlic­h wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge zu zehn Jahren. Eine Tötungsabs­icht, die für eine Verurteilu­ng wegen Totschlags notwendig ist, sei nicht auszuschli­eßen, aber auch nicht zweifelsfr­ei festzustel­len, so der Vorsitzend­e. Gegen einen minderschw­eren Fall spräche unter anderem die Massivität der Gewalteinw­irkungen, und auch, dass die 18-Jährige schon in den Wochen vor ihrem Tod „ein wahres Martyrium“durchlitte­n habe. „Fast täglich hat er sie geschlagen“, so der Vorsitzend­e. Zuvor hatte der Gerichtsme­diziner neben den todesursäc­hlichen Verletzung­en der Frau auch von älteren Verletzung­en berichtet, darunter Rippenbrüc­he und „Ringerohre­n“, wie sie üblicherwe­ise Kampfsport­ler nach wiederholt­en Ohrverletz­ungen aufweisen. Strafversc­härfend berücksich­tigte die Kammer auch, dass der Angeklagte erst nach drei oder vier Stunden Hilfe holte – bevor er sich dann nach Rumänien absetzte.

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