Rheinische Post Kleve

Emotionale Botschafte­n aus der Ukraine

Beim Benefizkon­zert für die Ukraine im Theater im Fluss in Kleve ermöglicht­en Musiker und Maler eine große Nähe zur ukrainisch­en Kultur.

- VON ANTJE THIMM

Der Saal des Klever „Theater im Fluss“war an diesem Abend zu klein. Das Interesse am Benefizkon­zert „Einswerden mit der Ukraine“war so groß, dass viele Zuschauer keinen Sitzplatz mehr fanden und stehen mussten. Die Darbietung der Künstler des Projekts „Musica dal Vivo“aus der Ukraine schuf eine große emotionale Nähe zur Kultur des Landes aber auch – und dies ganz besonders – zur aktuellen Kriegsprob­lematik. Der Opernsänge­r Oleg Malyk alias Tenor Malinkowsk­i aus Kiew begeistert­e stimmgewal­tig und gefühlvoll. Begleitet wurde er von seiner Ehefrau Kataryna am Klavier, von der Cellistin Oksana Gorelova und von Amelie Papke an der Violine.

Die Künstler setzten auf die Symbiose von Musik und Malerei, das bedeutete, dass zu jedem Musikstück auf großer Leinwand ein Gemälde zu sehen war sowie der Liedtext in deutscher Sprache. Erläuterun­gen gab es vom Moderatore­nteam Torsten Papke aus Uedem und der Ukrainerin Maryna Mezetska, die für die zahlreiche­n Ukrainer im Publikum dolmetscht­e. Der erste Konzerttei­l hatte das historisch musikalisc­he Erbe des Landes zum Thema. Volksliede­r und klassische Stücke

erzählten von einem Land, das stolz ist auf seinen Zusammenha­lt, seine Eigenständ­igkeit und Freiheit. Auf den Gemälden von Volodymyr und Elena Illichov waren gelbe Narzissen auf blauem Hintergrun­d und mit Stacheldra­ht umwickelt zu sehen. Oder Mohnkapsel­n, die den Samen fest zusammenha­lten als Symbol für eine starke Gemeinscha­ft. Dazu erklang die eindrucksv­olle Stimme von Oleg Malyk, die in diesem Raum kein Mikrophon gebraucht hätte. Aber auch die gefühlvoll­en leisen Töne beherrscht­e er und berührte die Zuhörer.

Zur Nationalhy­mne der Ukraine erhoben sich alle, auch die deutschen Gäste. Die meisten Ukrainer sangen mit. Das war ein emotionale­r, aber auch ein nachdenkli­cher Moment. Oleg spielte die Bandura, die ukrainisch­e Lautenzith­er, was die folklorist­ische Atmosphäre unterstric­h. Seine Frau Kataryna sang ebenfalls und in manchen Stücken die zweite Stimme. Nach der Pause war der Krieg das Thema. Hier ging es in einem Lied um den Soldaten, der heimlich seine Familie verlässt, um an die Front zu ziehen, es ging um die 450 Kinder, die seit Beginn des russischen Angriffskr­ieges ihr Leben durch eben diesen verloren haben, oder es ging um den „Vogel der Freiheit“, der im Flug seine Federn

über die Welt verteilt.

Zwei Kompositio­nen von Kataryna Malyk –„Wiegenlied“und „Hoffnung“– schufen spürbar große emotionale Nähe zu den Menschen, denen gerade Heimat und Frieden genommen wird. Hoffnung und Zuversicht lassen die Ukrainer sich aber nicht nehmen: Während des Krieges heirateten manche Paare, auch davon erzählten die Lieder. Am Ende war wieder die gelbe Narzisse zu sehen, vom Stacheldra­ht befreit, aber verletzt. Es gab begeistert­en Beifall für die Künstler, die sich ihrerseits bedankten beim Leiter des ‚Theater im Fluss‘, Harald Kleinecke, für die Organisati­on der Räumlichke­it.

Malyk bedankte sich ausdrückli­ch beim Publikum für den „großen Applaus und die Tränen“.

Anstelle eines Eintritts wurden Spenden gesammelt für die Anschaffun­g von Generatore­n und Verbandsma­terial in der Ukraine. Die ausgestell­ten Bilder vom Ehepaar Illichov konnten zu diesem Spendenzwe­ck käuflich erworben werden. An der Ausstellun­g war auch Nonna Bitter vom Kunstateli­er Kalkar beteiligt. Sie stammt aus Kasachstan und lebt seit mehreren Jahren in Deutschlan­d. Postkarten, gestaltet von Aurika Lusta, konnten ebenfalls zu diesem Spendenzwe­ck gekauft werden.

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