Rheinische Post Kleve

Im Falle eines Falles übernimmt Timmermans

Der Klimaschut­zkommissar ist der „vorbestimm­te Überlebend­e“, wenn am Freitag die komplette EUFührungs­spitze in die Ukraine reist.

- VON GREGOR MAYNTZ

Als „vorbestimm­ter Überlebend­er“kann auch der Wohnungsba­uminister US-Präsident werden, wie die US-Serie „Designated Survivor“spannend erzählt. Angesichts der Ukraine-Reise der kompletten EU-Führungssp­itze stellt sich diese Frage nun auch in Brüssel. Denn am Freitag soll der EU-Ukraine-Gipfel in oder bei Kiew stattfinde­n, zu dem sowohl die EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen mit zahlreiche­n Kommissari­nnen und Kommissare­n als auch EURatspräs­ident

Charles Michel und EU-Außenbeauf­tragter Josep Borrell in die Ukraine reisen. Es ist also keine abseitige Frage, was passiert, wenn man hypothetis­ch einmal eins und eins zusammenzä­hlt.

Eric Mamer hat es getan. Er ist in Brüssel das, was in Berlin Regierungs­sprecher heißt. Und er bestätigte auf Anfrage „Überlegung­en in der Kommission zur sogenannte­n Geschäftsk­ontinuität“. Sprich: Bei Reisen der Hauptveran­twortliche­n wird auch immer ein Kommissar oder eine Kommissari­n bestellt, der oder die im Ernstfall den

Hut aufhat, um die Arbeitsfäh­igkeit der EU-Kommission sicherstel­len zu können, „wenn es einen Grund dafür gibt“, wie sich Mamer ausdrückte. Die Kommission verfügt über acht Vize-Kommission­spräsident­en. Drei davon haben als „leitende“beziehungs­weise „geschäftsf­ührende“Vizepräsid­enten eine herausrage­nde Rolle: der Handelskom­missar Valdis Dombrovski­s aus Lettland, die Digitalund

Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager aus Dänemark und der Klimaschut­zkommissar Frans Timmermans aus den Niederland­en. Letzterer steht nicht nur mit dem zentralen EU-Projekt „Green Deal“ständig im Rampenlich­t, sondern ist auch formal als Erster Geschäftsf­ührender Vizepräsid­ent in einer ständigen Ersatzroll­e für die höchste Repräsenta­tion der Kommission. Falls der christdemo­kratischen Deutschen von der Leyen (64) also etwas zustoßen sollte, würde der sozialdemo­kratische Timmermans (61) übernehmen, um das Schiff der mehr als 30.000 EUBeamten zu steuern.

Dann träte geschäftsf­ührend einer an die Spitze der Kommission, der 2019 – anders als von der Leyen – als Spitzenkan­didat den Europawahl­kampf bestritten hatte. Eine reguläre Neubesetzu­ng bräuchte jedoch dann auch förmlich die Zustimmung sowohl des Rates der Staats- und Regierungs­chefs als auch des Parlamente­s.

Sowohl die Ukraine als auch die EU-Kommission tun jedoch alles, damit es nicht so weit kommt. Nahezu alle EU-Repräsenta­nten haben in der Ukraine bereits Zeiten in Luftschutz­kellern verbracht, wenn während ihrer Besuche Alarm ausgelöst werden musste. Zudem hält sich die Kommission über viele Details noch bedeckt: Wer nun genau mitreist, wann die Reise wie verläuft, wo letztlich die Treffen stattfinde­n und zu welchen Uhrzeiten diese sein sollen – alles vertraulic­h. Auch die Tagesordnu­ng war am Dienstag noch nicht veröffentl­icht.

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