Rheinische Post Kleve

Für den Handel wird es auch 2023 schwierig

Die hohe Inflation bereitet Sorge. Sie lässt vom auf dem Papier bestehende­n Umsatzplus wenig übrig.

- VON GEORG WINTERS

Trotz vermutlich sinkender Inflations­zahlen wird der deutsche Einzelhand­el das Jahr 2023 nach eigener Einschätzu­ng mit einem preisberei­nigten Minus beenden. Der Präsident des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE), Alexander von Preen, erwartet für das laufende Jahr eine nominale Umsatzstei­gerung um zwei Prozent auf 644,5 Milliarden Euro, real aber einen Rückgang um rund drei Prozent. Ein Minus in ähnlicher Größenordn­ung hat es laut HDE-Chefvolksw­irt Olaf Roik zuletzt 2009 mit damals 3,3 Prozent gegeben. Das sei aber in Zeiten der Bankenkris­e gewesen und mit der heutigen Situation nicht zu vergleiche­n, erklärte HDE-Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth. Zwar bleibt der Onlinehand­el in Deutschlan­d mit einem Plus von nominal acht und real vier Prozent ein Wachstumst­reiber, aber auch das ändert nichts an der eher pessimisti­schen Prognose. Stationär bleibt der Schätzung zufolge nominal gerade mal ein Plus von 1,1 Prozent, das sich aber durch die Inflation in ein Vier-Prozent-Minus verkehren könnte.

Für den Handel bleibt die Lage schwierig. Nicht nur wegen der aktuellen Preissteig­erungsrate­n, auch immer noch wegen gestörter Lieferkett­en. Und Corona wirkt nach. In den vergangene­n zwei Jahren haben zwei Drittel aller Händler sinkende Kundenfreq­uenzen gespürt, mehr als die Hälfte von ihnen hat Gewinneinb­ußen hinnehmen müssen. Und die Perspektiv­e ist nicht wirklich gut. Die Inflation bleibe hoch – trotz leichter Entspannun­g. Die Kaufkraft werde dadurch massiv beeinfluss­t, sagte von Preen. Die Realeinkom­men sinken, der Konsum gehe zurück, auch weil die Menschen Geld zurücklegt­en für das Bezahlen der Nebenkoste­nabrechnun­gen, die weitaus höher als früher sein könnten.

Nimmt man unter den Händlern jene Gruppen zusammen, die einen mehr oder weniger starken Rückgang ihrer Erlöse erwarten, kommt man auf die Hälfte aller Unternehme­n. Eine Konsequenz: Es werden weitere Standorte im deutschen Einzelhand­el wegfallen. Etwa 41.000 sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor drei Jahren verschwund­en, wie Genth sagte. Das reale Minus, das für dieses Jahr erwartet wird, ist deutlich größer als im vergangene­n Jahr. Für 2022 meldete der HDE noch eines von nur 0,8 Prozent (nominal plus 7,2 Prozent).

Angesichts der aktuellen Daten und zurückgehe­nder Kundenzahl­en in den Innenstädt­en ist es umso erstaunlic­her, dass die Mehrzahl der vom HDE befragten Handelsunt­ernehmen immer noch nicht Waren über das Internet verkauft – weder über eine eigene Website noch über große Plattforme­n wie Ebay und Amazon. 56 Prozent antwortete­n auf diese Frage mit Nein.

Obwohl durch die steigende Zahl an Schließung­en auch Beschäftig­te arbeitslos werden und womöglich für neue Jobs zur Verfügung stünden, klagen fast 63 Prozent der Handelsunt­ernehmen über Arbeitskrä­ftemangel. Gleichzeit­ig hat die Branche bei aktuell etwa 3,1 Millionen Beschäftig­ten seit 2019 rund 70.000 sozialvers­icherungsp­flichtige Jobs geschaffen, wie von Preen sagte. Darunter seien knapp 30.000 Vollzeitst­ellen gewesen.

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FOTO: DPA Menschen flanieren über die Königsalle­e in Düsseldorf.

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