Klimawandel bringt Schlittensport in Not
(dpa) Die wohl längste Eisskulptur der Welt steht wie ein Sinnbild für die schmelzenden Zukunftshoffnungen des olympischen Schlittensports. Zwar rettete ein Temperatursturz zuletzt die Bob-WM auf der traditionsreichen Natureisbahn von St. Moritz. Doch die Sorgen bleiben. „Wenn man sich die Klima-Entwicklung so anschaut, dann muss man leider befürchten, dass diese WM in St. Moritz die letzte sein könnte. Das wäre sehr schade, denn die Natureisbahn gilt als Wiege des Bob- und Skeleton-Sports“, sagte Andreas Trautvetter, Vizepräsident beim Weltverband IBSF, der Deutschen Presse-Agentur.
Der Natureiskanal im Schweizer Engadin wird jedes Jahr im November mit 15.000 Kubikmetern Schnee und 10.000 Litern Wasser neu erschaffen – angeblich ganz ohne chemische Stoffe. Umweltverträglichkeit ist plötzlich oberstes Gebot bei den Funktionären. „Die Herausforderungen für den Wintersport insgesamt und für die Olympischen Spiele sind deutlich“, sagte IOCPräsident Thomas Bach während der Rodel-Weltmeisterschaften in Oberhof mit Blick auf den Klimawandel. Wenn die Erderwärmung so fortschreite, gebe es im Jahr 2050 „wahrscheinlich 50 bis 60 Prozent“der Wintersportorte nicht mehr, die für Großereignisse wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele infrage kämen.
Der Präsident des Weltrodelverbandes,
Einars Fogelis, hat „eine Arbeitsgruppe zur zukunftsweisenden und nachhaltigen Entwicklung der Eiskanalsportarten gegründet. „Aus meiner Sicht müssen wir in den nächsten Jahren komplett umdenken“, sagte der Lette. Neben effektiverer Planung bei der Vereisung soll auch der Wettkampfkalender inklusive Reisetätigkeiten überdacht werden. „Wir müssen auf existierende Sportstätten setzen und diese so weit als möglich klimaneutral betreiben“, sagte Fogelis.
Der Neuaufbau der traditionsreichen Bahn in Cortina d‘Ampezzo für Olympia 2026 könnte dem Vernehmen nach das letzte große Bahnprojekt werden. Dort wurden seit 2008 keine Rennen gefahren, sie ist inzwischen weitgehend zerstört. Dennoch erteilten die italienischen Olympia-Macher einem Ausweichen nach Innsbruck oder auf die stillgelegte Bahn in Cesana eine Absage.
Auch die im Juli 2021 von einer Geröll-Lawine teilweise zerstörte älteste Kunsteisbahn der Welt in Königssee soll ab August 2024 nach modernsten Aspekten wieder aufgebaut werden. 53 Millionen Euro hat der Bund dafür bereitgestellt. „Das Mekka des Kufensports“nennt Alexander Resch, 2002 Rennrodel-Olympiasieger im Doppelsitzer, die Bahn. Sie soll „die erste mit einem bilanziell klimaneutralen Betrieb werden“, sagte Resch, der das Projekt mitverantwortet.