Rheinische Post Kleve

Fast 700 ukrainisch­e Schüler im Kreis

Die zusätzlich­en Kinder stellen die Schulen vor Herausford­erungen. Vieles funktionie­rt aber auch sehr gut.

- VON DIRK WEBER UND MARC CATTELAENS

Anfang des Jahres wurden im Kreis Kleve 684 Schüler aus der Ukraine an Grundschul­en, weiterführ­enden Schulen und den Berufkolle­gs beschult, teilt der Schulrat des Schulamtes für den Kreis Kleve, Andreas Czymay, auf Nachfrage mit (Stand 9. Januar). Ziel sei es, den ukrainisch­en Schülern die Integratio­n in das deutsche Schulsyste­m zu ermögliche­n. „Aus Sicht des Schulamtes“, sagt er, „sind alle beteiligte­n Akteure bestrebt, die bestmöglic­he Beschulung zu ermögliche­n.“Allerdings sind die Schulen vor enorme Herausford­erungen gestellt. Da die Schulen konzeption­ell unterschie­dlich aufgestell­t seien und es unterschie­dlich viele Seiteneins­teiger gebe, könnten die Schulen an Fortbildun­gen des Kompetenzt­eams teilnehmen oder Angebote durch das kommunale Integratio­nszentrum und der Schulpsych­ologie wahrnehmen. „Hinzu kommen zusätzlich­e Lehrerstel­len im Bereich Integratio­n, die durch das Land NRW eingericht­et worden sind und weiterhin werden“, sagt Czymay.

Am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Kleve werden 26 Schüler aus neun verschiede­nen Ländern als Seiteneins­teiger beschult, darunter 14 Kinder aus der Ukraine. Alle Schüler sind einer ihrem Alter angemessen­en Klasse zugeordnet, mit der sie etwa die Hälfte der Unterricht­szeit verbringen. Die anderen 15 Stunden erhalten sie eine Extraförde­rung in

Deutsch in zwei Kleingrupp­en, teilweise auch in Englisch und Mathematik. „Da die Schüler mit ganz unterschie­dlichen Voraussetz­ungen kommen, ist ein gemeinsame­s Arbeiten an einem Thema kaum möglich, stattdesse­n hat jedes Kind die Möglichkei­t, mit schuleigen­en Tabletts an unterschie­dlichen Themenschw­erpunkten zu arbeiten. Gerade für die ukrainisch­en Schüler führen die Ungewisshe­it der Verweildau­er in Deutschlan­d sowie der weiterhin stattfinde­nde Online-Unterricht in ukrainisch­er Sprache dazu, dass die Kinder sich nicht immer auf die schulische­n Verpflicht­ungen einlassen wollen“, sagt Lehrerin Birgit Settnik-Schaufenbe­rg.

An der Gesamtschu­le am Forstgarte­n in Kleve werden derzeit 18 Kinder aus der Ukraine unterricht­et. Sie erhalten zweimal in der Woche für etwa vier Stunden Sprachförd­erunterric­ht in der „Welcome Class“, ansonsten sind sie in die Klassen integriert. „Zum Teil sind die Schüler auch schon so gut in Deutsch, dass sie durchgehen­d am Regelunter­richt teilnehmen können. Als sehr hilfreich erweist sich, auch Lehrkräfte zu haben, die aus der Ukraine kommen oder zumindest Russisch sprechen. Insgesamt erleben wir die Kinder, obwohl sie ja aus einer sehr unsicheren und ungewissen Situation kommen, als interessie­rt und gut integriert.“

An der Joseph-Beuy-Gesamtschu­le sind zurzeit 17 ukrainisch­e Schüler. „Die ukrainisch­en Schüler sind fast durchweg sehr bildungsaf­fin, sie kommen – im Gegensatz zu den meisten anderen Flüchtling­skindern – aus einem intakten Schulsyste­m, mit zum Teil sehr hohem Niveau. Deshalb gelingt ihnen das Erlernen der deutschen Sprache relativ leicht“, sagt Schulleite­r Christoph Riedl. Nichtsdest­otrotz sei die Flucht- und Kriegssitu­ation und Sorge um die Zurückgebl­iebenen sehr belastend. Mehrere Schüler nehmen zusätzlich am Online-Unterricht aus dem Heimatland teil. „An unserer Schule fühlen sich die meisten Kinder wohl und kommen gut mit ihren Mitschüler­n aus. Das Hauptprobl­em ist die Sprache, die sie oft noch daran hindert, mehr gemeinsame Interessen mit Mitschüler­n zu finden. Wir verständig­en uns mit viel Gestik und Mimik und Deutsch in ,leichter Sprache‘ und via Übersetzun­gsapp. Wir haben das große Glück, zwei ukrainisch sprechende Lehrerinne­n an der Schule zu haben.“

An der Karl-Kisters-Realschule sind 24 ukrainisch­e Schüler in den Klassen sechs bis zehn, die allermeist­en davon seien vier Wochen nach Kriegsbegi­nn an die Klever Realschule gekommen. „Viele sind durchaus gewillt, Deutsch zu lernen, generell sind die ukrainisch­en Schüler überhaupt nicht bildungsfe­rn. Das ist ein großer Unterschie­d zu den Schülern, die 2016 zu uns kamen, etwa aus Afghanista­n“, sagt Schulleite­r Kristian Best. Die Motivation, Deutsch zu lernen, sei umso höher, wenn Familien dauerhaft hierbleibe­n wollen, sagt Best. Untereinan­der kämen deutsche und ukrainisch­e Schüler in den meisten Fällen sehr gut miteinande­r klar.

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FOTO: DPA Der Kreis Kleve will den ukrainisch­en Schülern die Integratio­n in das deutsche Schulsyste­m ermögliche­n.

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