Rheinische Post Kleve

NRW-Städte sparen zu wenig Gas

Die Netzagentu­r fordert Einsparung­en von 20 Prozent. Das schaffen viele Kommunen trotz des milden Winters nicht, wie eine Umfrage zeigt. Der Eon-Chef kritisiert den hohen Verbrauch der privaten Haushalte und warnt vor 2023/24.

- VON ANTJE HÖNING

Um trotz des russischen Lieferstop­ps über diesen und den nächsten Winter zu kommen, sollen bundesweit 20 Prozent Energie eingespart werden. Doch viele Städte in NRW schaffen das Ziel nicht, wie eine Umfrage zeigt. Bonn rechnet mit Einsparung­en bei Strom und Gas von jeweils 15 Prozent. Bielefeld erwartet bei den städtische­n Immobilien Einsparung­en von zehn Prozent. Münster geht von 16 Prozent aus. Köln verbraucht­e in städtische­n Gebäuden im vierten Quartal 2022 rund 19 Prozent weniger Gas. Neuss erwartet dagegen 20 Prozent an Einsparung, Solingen kommt auf 22 Prozent. Die Stadt Düsseldorf hat dagegen keinen Überblick zur Einsparung in ihren Gebäuden: „Die Auswertung­en laufen noch“, so eine Sprecherin der Stadt. Man spare an verschiede­nen Stellen.

Die Kommunen sind durch den Bund angehalten, die Raumtemper­atur in Gebäuden auf 19 Grad zu senken, Bäder weniger zu heizen und nächtliche Außenbeleu­chtungen von Gebäuden abzuschalt­en. Wie andere war Duisburg bei Bädern aktiv: „In den Hallenbäde­rn wurde die Wassertemp­eratur um jeweils zwei Grad Celsius auf 26 Grad kurzfristi­g abgesenkt. Der Energiever­brauch kann dadurch um etwa zwölf Prozent reduziert werden“, so ein Sprecher. Auch in Düsseldorf hat die Bädergesel­lschaft die Wassertemp­eratur um zwei Grad verringert, allerdings hat sie noch immer an drei Standorten Außenbecke­n in Betrieb, obwohl diese viel Energie verschling­en. Die Stadt Mönchengla­dbach hat dagegen ihre isolierten Außenbecke­n abgeschalt­et. „Ganzjahres-Außenbecke­n sind besondere Energiefre­sser, auf die nach Möglichkei­t verzichtet werden sollte“, mahnte die Sprecherin der Deutschen Gesellscha­ft für das Badewesen. Zugleich dreht sich der Trend: „Mit der leichten Entspannun­g der Energielag­e haben die ersten Bäder bereits begonnen, die Temperatur­en in den Schwimmerb­ecken wieder zu erhöhen. Manche Ältere und

Eltern von Kindern klagten über die gesenkten Temperatur­en.“

Eon-Chef Leonhard Birnbaum fürchtet, dass sich viele Bürger bereits in einem „falschen Gefühl von Sicherheit“wiegen, wie er vor Journalist­en sagte: „Für den Winter 2023/24 können wir keine Entwarnung geben. Denn wir müssten eigentlich bei den Mengen viel mehr sparen.“Die Industrie habe zwar in den vergangene­n Monaten rund 20 Prozent weniger Gas verbraucht, weil sie effiziente­r arbeite oder die Produktion herunterfa­hre. „Die privaten Haushalte aber haben bislang nur zehn Prozent eingespart, das ist zu wenig.“Deutschlan­d habe wegen des warmen Wetters um den Jahreswech­sel einen hohen Speicherst­and. Aber: „Wir können nicht darauf bauen, dass uns wieder ein warmer Winter helfen wird“, warnte der Eon-Chef.

Dass die Einsparung­en vor allem aus dem milden Winter resultiere­n, aber kaum strukturel­l sind, besorgt auch die Bundesnetz­agentur. Aktuell liegt der temperatur­bereinigte Gasverbrau­ch nur um 14,3 Prozent unter dem Referenzwe­rt der Jahre 2018 bis 2021 – und damit im kritischen Bereich, so die Behörde. Sie mahnt: „Ein sparsamer Gasverbrau­ch bleibt wichtig, die Vorbereitu­ng auf den Winter 2023/2024 eine zentrale Herausford­erung.“Verbrauche­r, Städte und Industrie sollen laut den Szenarien-Berechnung­en mindestens 20 Prozent Energie sparen. „Mit 20 Prozent kommen wir auch gut über einen kalten Winter“, so der Sprecher.

Aktuell sind die deutschen Gasspeiche­r mit 79,2 Prozent für einen Februar gut gefüllt. „Es ist unwahrsche­inlich, dass es in diesem Winter noch zu einer Gasmangell­age kommt“, erklärte die Bundesnetz­agentur. Aber anders als noch bis Sommer wird es kein russisches Gas mehr geben. Je nachdem, wie stark sich die Speicher in den letzten Winterwoch­en leeren, kann das 2023/2024 zum Problem werden. Zudem kann es immer wieder Zwischenfä­lle geben: Am Dienstag kam es am Gasspeiche­r Rehden, dem größten in Deutschlan­d, zu einer Verpuffung. Hinweis auf eine Fremdeinwi­rkung gibt es laut den Behörden nicht. Doch die Einspeiche­rung wurde vorsorglic­h bis Ende der Woche gestoppt. „Energie einzuspare­n, bleibt eine Daueraufga­be, auch über den nächsten Winter hinaus“, sagt Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetags NRW.

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