Rheinische Post Kleve

Ein Erfolg für den Industries­tandort

- VON BIRGIT MARSCHALL

Es wirkt wie eine prompte, triumphier­ende Antwort der Politik auf das Drängen der Wirtschaft­sverbände, den Industries­tandort Deutschlan­d zu retten: Kanzler und Vizekanzle­r reisten am Mittwoch nach Ensdorf im Saarland, wo der US-Konzern Wolfspeed eine milliarden­schwere Chipfabrik errichten will. Olaf Scholz und Robert Habeck wollten unbedingt dabei sein, wenn Konzernche­f Lowe den Bau der neuen Halbleiter­produktion mit 1000 Arbeitsplä­tzen auf dem Gelände einer ehemaligen Kohlegrube ankündigt.

Für die Bundesregi­erung und die EU ist diese Investitio­n ein großer Erfolg, ein Coup: In Zeiten, in denen Europa im Wettlauf um Zukunftste­chnologien mit China und den USA ins Hintertref­fen zu geraten droht, überzeugt der Standort im Herzen Europas ein auf seinem Gebiet führendes US-Unternehme­n. Durch das Werk in unmittelba­rer Nähe können deutsche Autoherste­ller darauf hoffen, bei der E-Auto-Produktion zuverlässi­g beliefert zu werden. Siliziumka­rbid ist weltweit begehrt, weil es der E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen könnte. Die Investitio­n im struktursc­hwachen Saarland reiht sich ein auf der länger werdenden Liste von Großprojek­ten der Chipindust­rie in Deutschlan­d.

Auch der Saarland-Coup kann jedoch nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Standortpr­obleme Deutschlan­ds nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs zugenommen haben und nur mit hohen Subvention­en zugedeckt werden können. Die Energiekos­ten hierzuland­e sind fünfmal höher als in den USA, weshalb viele europäisch­e Unternehme­n mit Investitio­nen in den USA liebäugeln. Die europäisch­e Antwort auf das 390 Milliarden US-Dollar schwere Subvention­spaket der USA, dem „Inflation Reduction Act“, ist am Mittwoch ebenfalls gefallen: Mit einem „Green Deal Industrial Plan“will die EU verhindern, dass die heimische Industrie abwandert.

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