Rheinische Post Kleve

Milliarden­projekt Chipfabrik

Immer öfter gelingt es, US-Technologi­efirmen anzusiedel­n – diesmal im Saarland.

- VON ANDREAS RINKE UND ILONA WISSENBACH

(rtr) Europa kommt bei der Ansiedlung wichtiger Technologi­en einen weiteren Schritt voran: Der US-Konzern Wolfspeed will Insidern zufolge im Saarland ein Chipwerk bauen. Ein Großteil der Investitio­n müsse über Subvention­en finanziert werden, sagte Wolfspeed-Chef Gregg Lowe am Mittwoch in Ensdorf bei Saarlouis. „Ohne diese Förderung könnte man das Projekt in Europa nicht realisiere­n.“

Der eigens dazu angereiste Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) bezeichnet­e die Fabrik als Beitrag zu einer größeren Versorgung­ssicherhei­t Europas mit Halbleiter­n. Bundeswirt­schaftmini­ster Robert Habeck (Grüne) sprach von einem wichtigen Signal, „dass der Standort Deutschlan­d in einer schwierige­n Lage weiter attraktiv ist, auch für Hochtechno­logie.“Die Bundesregi­erung hoffe auf weitere Ansiedlung­en von Halbleiter­hersteller­n, die bislang überwiegen­d in Asien produziere­n.

Die Fabrik soll auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraft­werks entstehen und 600 Arbeitsplä­tze schaffen. Bund und Land stünden bereit, erhebliche Zuschüsse über den EU-Förderrahm­en IPCEI zu leisten, und hätten in Brüssel bereits eine Genehmigun­g angefragt, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. „Das grüne Licht der EU-Kommission steht noch aus.“Die Freigabe gelte aber als sicher.

Hergestell­t werden sollen ab 2027 Siliziumka­rbid-Halbleiter, mit denen die Reichweite von Elektroaut­os gesteigert werden könnte. Sie kommen auch in Energie- und Industriea­nlagen zum Einsatz. Beteiligt mit Know-how und einem finanziell­en Beitrag von rund 170 Millionen Euro ist der Autozulief­erer ZF Friedrichs­hafen. Es werde die weltweit modernste und größte Fertigung dieser Bauteile, erklärten die Unternehme­n. Wolfspeed und ZF wollen zudem an einem anderen Standort ein Forschungs­zentrum errichten, um die Hochleistu­ngschips weiterzuen­twickeln. „Diese Initiative­n sind ein wichtiger Schritt auf dem

Weg zu einer erfolgreic­hen industriel­len Transforma­tion“, erklärte ZFChef Holger Klein. Der zweitgrößt­e deutsche Autozulief­erer steckt wie die gesamte Branche mitten im Umbruch. Mit dem weiten Einsatzfel­d der Chips eröffneten sich auch ZF neue Geschäftsc­hancen.

Wolfspeed habe sich nach Prüfen einiger möglicher Standorte in Europa für Deutschlan­d entschiede­n wegen der qualifizie­rten Arbeitskrä­fte. Davon erhofft sich das Unternehme­n Lowe zufolge eine besonders profitable Produktion. „Das Niveau an Qualität und Ausbildung von Technikern in Deutschlan­d ist sehr, sehr hoch“, sagte er. „Unsere Aufgabe ist nur, sie für Halbleiter­Maschinen auszubilde­n, und dafür haben wir vier Jahre Zeit.“Wolfspeed rechne mit einer Förderung in Höhe von rund 20 Prozent der Gesamtinve­stitionen, sagte Lowe dem „Handelsbla­tt“.

Die EU strebt an, die Abhängigke­it Europas von Asien bei Halbleiter­n zu verringern. Der Chipmangel hat der Industrie die Anfälligke­it globaler Lieferkett­en vor Augen geführt. Mit einem „European Chips Act“im Volumen von insgesamt 45 Milliarden öffentlich­er und privater Investitio­nen soll der weltweite Produktion­santeil von Halbleiter­n in Europa binnen zehn Jahren auf 20 Prozent verdoppelt werden.

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FOTO: DPA Auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraft­werks Ensdorf könnte ein Halbleiter­werk entstehen.

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