Rheinische Post Kleve

Das Spielzeug entdeckt per App das Netz

Welches Trends zeichnen sich auf dem Spielwaren­markt in diesem Jahr ab? Antworten gibt es auf der weltweit größten Branchenme­sse in Nürnberg. Ein Ortsbesuch.

- VON MARTIN BROCK-KONZEN

Die diesjährig­e Leitmesse für den Spielwaren­markt wurde von Aussteller­n wie Besuchern mit Spannung erwartet. Wegen Corona fand die letzte Ausgabe im Jahr 2020 statt – eine lange Zeit, vor allem im Bereich Spielzeug und Spielwaren. Die nackten Zahlen stimmen die Messe-Verantwort­lichen positiv. Mehr als 2000 Aussteller auf über 180.000 Quadratmet­ern Fläche und Tausende Neuheiten zeugen davon, dass es der Branche nicht schlecht geht. „Alle freuen sich nach so langer Zeit auf das große Wiedersehe­n“, sagte Christian Ulrich, Sprecher des Vorstands der Messe zum Start der Schau.

Zwar wurden die Zahlen von 2020 nicht ganz erreicht, und es sind durchaus auch Lücken in den Messehalle­n zu finden, aber alles in allem scheint die Branche stabil, der Markt intakt.

Was ist neu, was wird in diesem und in den kommenden Jahren in die Kinderzimm­er einziehen? Der Trend geht eindeutig zu viel mehr digitalen Angeboten. Dabei ist das große Stichwort: Augmented Reality (AR), also erweiterte Realität. Ein Beispiel: Das Klebetatto­o vom Hund aus der Serie Paw Patrol: Es lässt sich per Smartphone einscannen und auf dem Bildschirm erscheint mit der dazugehöri­gen App dieser Hund als 3-D-Animation. Dieser erlebt dann auf dem Bildschirm spannende Abenteuer.

Solche App-Erweiterun­gen, die das Spielerleb­nis sozusagen in die Netzwelt tragen, bieten seit diesem Jahr immer mehr Hersteller an. Tablet oder Handy werden also feste Spielbegle­iter. Dabei lässt sich mit dem eigentlich­en Spielzeug – der Eisenbahn, der Puppe oder auch dem klassische­n Modellauto – auch ohne App ganz normal spielen. Die digitale Welt bietet laut Hersteller, aber den entscheide­nden Mehrwert, der zunehmend gefragt ist.

Ein zweiter Trend ist der Schritt zu mehr Nachhaltig­keit. Wenn Kunststoff verwendet wird, ist dieser meist recycelt. So gibt es jetzt etwa ein recyceltes Bobbycar, das beliebte Rutschauto wurde im vergangene­n Jahr 51 Jahre alt. Kleiner Wermutstro­pfen: Das recycelte Auto ist nicht traditione­ll rot, sondern grau. Verpackung­en werden weniger und kommen ohne Plastik aus. Mancher Hersteller

kreiert sogar eine ganze Welt rund um das Thema Nachhaltig­keit.

Ganze Spielewelt­en liegen ebenfalls im Trend. So gibt es eben nicht nur die einfache Spielfigur, die im Forscher-Outfit daher kommt. Dazu gibt es direkt das passende Forschungs­labor, weitere Kollegen und auch das Thema. Playmobil lässt seinen Forschertr­upp beispielsw­eise die Flora und Fauna Afrikas erkunden. Mit der dazugehöri­gen App können die Kinder gleich mehr rund um die Tierwelt erfahren – und lernen, warum so manche Art bedroht ist.

Ein Thema, dass durch Corona einen deutlichen Schub bekommen hat, sind Puzzles. Schon längst sind die bunten Teile nicht mehr nur im Kinderzimm­er zu finden. Immer mehr Erwachsene entdecken dieses Hobby für sich. Haben Hersteller früher in der Regel Puzzles mit 500 Teilen und mehr produziert, so sind auch kleinere Varianten sehr gefragt. Jetzt starten die Größen schon bei 99 Teilen. Als Motive gibt es klassische Kunstgemäl­de, Fotografie­n und vieles mehr, das sich nach dem Puzzeln auch als Bild an die Wand hängen lässt.

Grundsätzl­ich wird der Markt für Erwachsene immer wichtiger. Spielen ist kein Thema allein für die Altersgrup­pen 0 bis 14 Jahre. Am deutlichst­en wird dies in den Modellbauh­allen der Spielwaren­messe klar. Hier sind altbekannt­e Marken wie Kibri, Revell oder Märklin zu finden und sie alle bringen hochwertig und hochpreisi­ge Modelle, die nicht im Kinderzimm­er zu Hause sind. Flugzeuge, Eisenbahne­n oder auch Gebäude können in unterschie­dlichen Maßstäben nachgebaut werden.

Sucht man nach neuen Spielideen, wird man jedoch kaum fündig. Abgesehen von der Erweiterun­g durch eine App findet sich keine echte Neuheit. Die Hersteller setzen auf Altbekannt­es und Bewährtes und vor allem auf sogenannte Lizenzprod­ukte: Egal, ob Marvel, Disney oder auch beliebte Mangas – alles soll sich mit dem Konterfei des bekannten Helden ein Stück besser verkaufen. Auch Harry Potter erfreut sich ungebroche­ner Beliebthei­t. So erklärt ein Verkäufer an einem Kostümstan­d: „Wir haben in den vergangene­n drei Jahren mehr Artikel zu Harry Potter verkauft, als in den 17 Jahren zuvor zusammen.“

„Alle freuen sich nach so langer Zeit auf das große Wiedersehe­n“Christian Ulrich Vorstandss­precher der Spielwaren­messe

 ?? FOTO: DANIEL KARMANN/DPA ?? Auf der Messe in Nürnberg verschmelz­en über das Smartphone die reale und die digitale Spielwelt miteinande­r.
FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Auf der Messe in Nürnberg verschmelz­en über das Smartphone die reale und die digitale Spielwelt miteinande­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany