Das Spielzeug entdeckt per App das Netz
Welches Trends zeichnen sich auf dem Spielwarenmarkt in diesem Jahr ab? Antworten gibt es auf der weltweit größten Branchenmesse in Nürnberg. Ein Ortsbesuch.
Die diesjährige Leitmesse für den Spielwarenmarkt wurde von Ausstellern wie Besuchern mit Spannung erwartet. Wegen Corona fand die letzte Ausgabe im Jahr 2020 statt – eine lange Zeit, vor allem im Bereich Spielzeug und Spielwaren. Die nackten Zahlen stimmen die Messe-Verantwortlichen positiv. Mehr als 2000 Aussteller auf über 180.000 Quadratmetern Fläche und Tausende Neuheiten zeugen davon, dass es der Branche nicht schlecht geht. „Alle freuen sich nach so langer Zeit auf das große Wiedersehen“, sagte Christian Ulrich, Sprecher des Vorstands der Messe zum Start der Schau.
Zwar wurden die Zahlen von 2020 nicht ganz erreicht, und es sind durchaus auch Lücken in den Messehallen zu finden, aber alles in allem scheint die Branche stabil, der Markt intakt.
Was ist neu, was wird in diesem und in den kommenden Jahren in die Kinderzimmer einziehen? Der Trend geht eindeutig zu viel mehr digitalen Angeboten. Dabei ist das große Stichwort: Augmented Reality (AR), also erweiterte Realität. Ein Beispiel: Das Klebetattoo vom Hund aus der Serie Paw Patrol: Es lässt sich per Smartphone einscannen und auf dem Bildschirm erscheint mit der dazugehörigen App dieser Hund als 3-D-Animation. Dieser erlebt dann auf dem Bildschirm spannende Abenteuer.
Solche App-Erweiterungen, die das Spielerlebnis sozusagen in die Netzwelt tragen, bieten seit diesem Jahr immer mehr Hersteller an. Tablet oder Handy werden also feste Spielbegleiter. Dabei lässt sich mit dem eigentlichen Spielzeug – der Eisenbahn, der Puppe oder auch dem klassischen Modellauto – auch ohne App ganz normal spielen. Die digitale Welt bietet laut Hersteller, aber den entscheidenden Mehrwert, der zunehmend gefragt ist.
Ein zweiter Trend ist der Schritt zu mehr Nachhaltigkeit. Wenn Kunststoff verwendet wird, ist dieser meist recycelt. So gibt es jetzt etwa ein recyceltes Bobbycar, das beliebte Rutschauto wurde im vergangenen Jahr 51 Jahre alt. Kleiner Wermutstropfen: Das recycelte Auto ist nicht traditionell rot, sondern grau. Verpackungen werden weniger und kommen ohne Plastik aus. Mancher Hersteller
kreiert sogar eine ganze Welt rund um das Thema Nachhaltigkeit.
Ganze Spielewelten liegen ebenfalls im Trend. So gibt es eben nicht nur die einfache Spielfigur, die im Forscher-Outfit daher kommt. Dazu gibt es direkt das passende Forschungslabor, weitere Kollegen und auch das Thema. Playmobil lässt seinen Forschertrupp beispielsweise die Flora und Fauna Afrikas erkunden. Mit der dazugehörigen App können die Kinder gleich mehr rund um die Tierwelt erfahren – und lernen, warum so manche Art bedroht ist.
Ein Thema, dass durch Corona einen deutlichen Schub bekommen hat, sind Puzzles. Schon längst sind die bunten Teile nicht mehr nur im Kinderzimmer zu finden. Immer mehr Erwachsene entdecken dieses Hobby für sich. Haben Hersteller früher in der Regel Puzzles mit 500 Teilen und mehr produziert, so sind auch kleinere Varianten sehr gefragt. Jetzt starten die Größen schon bei 99 Teilen. Als Motive gibt es klassische Kunstgemälde, Fotografien und vieles mehr, das sich nach dem Puzzeln auch als Bild an die Wand hängen lässt.
Grundsätzlich wird der Markt für Erwachsene immer wichtiger. Spielen ist kein Thema allein für die Altersgruppen 0 bis 14 Jahre. Am deutlichsten wird dies in den Modellbauhallen der Spielwarenmesse klar. Hier sind altbekannte Marken wie Kibri, Revell oder Märklin zu finden und sie alle bringen hochwertig und hochpreisige Modelle, die nicht im Kinderzimmer zu Hause sind. Flugzeuge, Eisenbahnen oder auch Gebäude können in unterschiedlichen Maßstäben nachgebaut werden.
Sucht man nach neuen Spielideen, wird man jedoch kaum fündig. Abgesehen von der Erweiterung durch eine App findet sich keine echte Neuheit. Die Hersteller setzen auf Altbekanntes und Bewährtes und vor allem auf sogenannte Lizenzprodukte: Egal, ob Marvel, Disney oder auch beliebte Mangas – alles soll sich mit dem Konterfei des bekannten Helden ein Stück besser verkaufen. Auch Harry Potter erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. So erklärt ein Verkäufer an einem Kostümstand: „Wir haben in den vergangenen drei Jahren mehr Artikel zu Harry Potter verkauft, als in den 17 Jahren zuvor zusammen.“
„Alle freuen sich nach so langer Zeit auf das große Wiedersehen“Christian Ulrich Vorstandssprecher der Spielwarenmesse