Was bringt die Zukunft?
Angesichts verheerender Kriege, der daraus folgenden Inflation, der Erderwärmung und der Pandemie, die das Leben grundlegend verändert hat, sind Ängste bei jungen Menschen präsenter denn je.
Mit der Frage hat wohl der eine oder die andere das Jahr 2023 eingeläutet. Vielleicht haben gute Vorsätze dich dazu gebracht, gleich am 1. Januar eine Runde um den Block zu joggen oder deine Ernährung umzustellen. Denn die nahe Zukunft hat einen entscheidenden Vorteil: Sie kann mitgestaltet werden. Deutlich machtloser blickt man in fernere Zeiten: Wie wird das Leben in 10, 30 oder 50 Jahren aussehen?
Lebensbereich: Krieg
Niemals gab es so viele Kriege wie im letzten Jahrhundert. Und niemals waren sie gefährlicher. Mit jedem Stück, das sich die Menschheit weiterentwickelt, entwickelt sich auch ihre Fähigkeit weiter, Dinge zu zerstören. Und ich weiß nicht, ob sie erkennen wird, wann es genug ist. Wir haben zu oft vergessen, dass man erst weiß, wie jemand mit Macht umgeht, wenn er diese Macht erlangt hat. Und ich fürchte, was geschieht, wenn wir weiterhin die schwerwiegende Bedeutung dieser Dinge vergessen. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem wir vergessen, dass die Bomben, die wir besitzen, die Hälfte der Weltbevölkerung auslöschen können. Ich habe Angst vor dem Moment, in dem wir vergessen, was ein einzelnes Leben bedeutet. Denn ich glaube, dann lässt sich die Zerstörung nicht mehr aufhalten. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem wir unser eigenes Ende einläuten, ohne es zu bemerken, und dass dieser Tag vielleicht sogar schon jetzt begonnen hat.
Marley Ebelt, Texthelden-Jugendreporterin
Lebensbereich: Gesundheit
Die Corona-Pandemie war ein tiefer Einschnitt. Mit ihr hat sich alles verändert und zum ersten Mal wurde deutlich, dass wir Menschen keine sichere Zukunft mehr haben – zumindest nicht so, wie wir es annahmen. Diese Unberechenbarkeit ist angsteinflößend. Sie ist der Vorbote einer Welt, die man bisher nur aus Katastrophenfilmen kannte. Ängste und große Fragen sind bei mir aufgetaucht.
Wie wird die Gesellschaft in Zukunft mit Pandemien umgehen? Wie stabil ist das Gesundheitssystem wirklich – und wie gerecht ist es? Werden Hygiene-Maßnahmen immer weiter polarisieren und spalten? Nach Prognosen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern werden wir zukünftig immer wieder mit Epidemien und Pandemien konfrontiert werden, was bedeuten würde, dass wir auch in Zukunft mit Social Distancing und weniger Großveranstaltungen leben müssen. Möglicherweise werden wir uns an
das Alleinsein und vielleicht sogar die Einsamkeit gewöhnen müssen.
Wird ärztliche Versorgung in 30 Jahren allen gleichermaßen zur Verfügung stehen? Oder muss abgewogen werden, welches Menschenleben gerettet werden kann oder wer versorgt wird? Besonders fürchte ich mich vor einer gespaltenen Gesellschaft, für die Solidarität ein Fremdwort ist und die keine Rücksicht auf die Schwächsten nimmt.
Lena Enders, Texthelden-Redakteurin
Lebensbereich: Die Unsicherheit der Zukunft
Wachsende Unsicherheit bestimmt unseren Alltag. Eine Krise wird rasend schnell durch die nächste abgelöst, besser gesagt ergänzt. Nach Sicherheit in anderen Bereichen zu streben, scheint für mich die einzige Möglichkeit zu sein, diese Summe an Unwägbarkeiten zu ertragen. So schnell wie möglich eine sichere Einkommensquelle suchen, um das Leben unter den kommenden Umständen zu finanzieren. Dafür muss man so früh wie möglich erfolgreich sein.
Gleichzeitig verdeutlichte die Corona-Pandemie, dass die Normalität unseres Lebens schnell wegbrechen kann. Was bringt also unser Morgen? Es scheint so, als müsse man so früh wie möglich wissen, worauf man hinauswill, um nach den Kategorien „wichtig“und „überflüssig“auszusortieren. Reichen die Konsequenzen, die ich zugunsten eines besseren Lebens in der Zukunft ziehe, überhaupt aus, wenn ich das Gefühl
habe, immer den Krisen hinterherzuhinken? Wie kann ich eine Gegenwart genießen, die so viele Möglichkeiten bietet, wenn die Zukunft sie jederzeit zunichtemachen kann? Aus der Angst, etwas zu verpassen, entsteht ein regelrechter Zwang. Nach dem Motto: Wenn ich einige Erfahrungen heute nicht mache, werden sie morgen vielleicht nicht mehr möglich sein. Die sogenannte „FOMO“in unserer Generation, also die Angst, etwas zu verpassen, ist für mich eine Folge der vielen Unsicherheiten, die unseren Alltag beherrschen. Hannah Kämpfer, TextheldenJugendreporterin
Lebensbereich: Klima
Die Medien sind voll von Bildern ausgetrockneter Seen und dürrer Felder. Obwohl der Klimawandel rasant voranschreitet, hat sich in den letzten Jahren wenig geändert. Wir wissen, dass es ernst um unsere Erde steht, aber noch immer passiert zu wenig. Die CO2-Emissionen steigen stetig. Im vergangenen Jahr hat die Hitze wieder einen neuen Rekord erreicht, die Felder sind staubtrocken und der Regen bleibt aus. Das alles passiert direkt vor unserer Haustür. In mir löst das zwar Angst, aber auch Wut aus. Warum macht die Politik so wenig? Wo wird das hinführen? Wenn wir nicht unser profitorientiertes System ändern, werden die Sommer immer heißer und die Böden immer trockener. Wasser wird zur Mangelware, bis Kriege darum geführt werden. Viele Regionen der
Erde werden unbewohnbar, Tierarten für immer verschwinden und das Ökosystem zusammenbrechen, sodass auch das Leben für uns Menschen immer schwieriger wird. Das ist den meisten Menschen bewusst, aber warum handeln wir nicht?
Lebensbereich: Inflation
Der im vergangenen Jahr ausgebrochene Krieg in der Ukraine hat uns alle in einen Schockzustand versetzt. Auch in Deutschland machen sich die Auswirkungen bemerkbar. Die hohe Belastung des internationalen Handels lässt die Lebensmittel- und Energiepreise in die Höhe schnellen. Ich habe Angst, dass ich die hohen Energie- und Lebensmittelkosten nicht mehr finanzieren kann. Der Staat versucht, durch das sogenannte Entlastungspaket punktuell zu unterstützen. Doch funktioniert das wirklich? Das wird sich erst noch herausstellen. Bei einer lang anhaltenden hohen Inflation setzt sich im schlimmsten Fall die Lohn-PreisSpirale in Gang, die durch die Forderung nach mehr Lohn ausgelöst wird. Arbeitnehmende bekommen mehr Gehalt und die Unternehmen versuchen, die steigenden Produktionskosten mit erhöhten Preisen für Waren und Dienstleistungen auszugleichen. Es macht mir große Sorgen, dass ich als einfache Verbraucherin so wenig dagegen tun kann. Ich verändere mein Konsumverhalten und versuche, im Alltag Geld zu sparen.