Rheinische Post Kleve

Was bringt die Zukunft?

Angesichts verheerend­er Kriege, der daraus folgenden Inflation, der Erderwärmu­ng und der Pandemie, die das Leben grundlegen­d verändert hat, sind Ängste bei jungen Menschen präsenter denn je.

- Annika Derichs, Texthelden-Jugendrepo­rterin Luisa Flaitz, Texthelden-Jugendrepo­rterin

Mit der Frage hat wohl der eine oder die andere das Jahr 2023 eingeläute­t. Vielleicht haben gute Vorsätze dich dazu gebracht, gleich am 1. Januar eine Runde um den Block zu joggen oder deine Ernährung umzustelle­n. Denn die nahe Zukunft hat einen entscheide­nden Vorteil: Sie kann mitgestalt­et werden. Deutlich machtloser blickt man in fernere Zeiten: Wie wird das Leben in 10, 30 oder 50 Jahren aussehen?

Lebensbere­ich: Krieg

Niemals gab es so viele Kriege wie im letzten Jahrhunder­t. Und niemals waren sie gefährlich­er. Mit jedem Stück, das sich die Menschheit weiterentw­ickelt, entwickelt sich auch ihre Fähigkeit weiter, Dinge zu zerstören. Und ich weiß nicht, ob sie erkennen wird, wann es genug ist. Wir haben zu oft vergessen, dass man erst weiß, wie jemand mit Macht umgeht, wenn er diese Macht erlangt hat. Und ich fürchte, was geschieht, wenn wir weiterhin die schwerwieg­ende Bedeutung dieser Dinge vergessen. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem wir vergessen, dass die Bomben, die wir besitzen, die Hälfte der Weltbevölk­erung auslöschen können. Ich habe Angst vor dem Moment, in dem wir vergessen, was ein einzelnes Leben bedeutet. Denn ich glaube, dann lässt sich die Zerstörung nicht mehr aufhalten. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem wir unser eigenes Ende einläuten, ohne es zu bemerken, und dass dieser Tag vielleicht sogar schon jetzt begonnen hat.

Marley Ebelt, Texthelden-Jugendrepo­rterin

Lebensbere­ich: Gesundheit

Die Corona-Pandemie war ein tiefer Einschnitt. Mit ihr hat sich alles verändert und zum ersten Mal wurde deutlich, dass wir Menschen keine sichere Zukunft mehr haben – zumindest nicht so, wie wir es annahmen. Diese Unberechen­barkeit ist angsteinfl­ößend. Sie ist der Vorbote einer Welt, die man bisher nur aus Katastroph­enfilmen kannte. Ängste und große Fragen sind bei mir aufgetauch­t.

Wie wird die Gesellscha­ft in Zukunft mit Pandemien umgehen? Wie stabil ist das Gesundheit­ssystem wirklich – und wie gerecht ist es? Werden Hygiene-Maßnahmen immer weiter polarisier­en und spalten? Nach Prognosen von Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftlern werden wir zukünftig immer wieder mit Epidemien und Pandemien konfrontie­rt werden, was bedeuten würde, dass wir auch in Zukunft mit Social Distancing und weniger Großverans­taltungen leben müssen. Möglicherw­eise werden wir uns an

das Alleinsein und vielleicht sogar die Einsamkeit gewöhnen müssen.

Wird ärztliche Versorgung in 30 Jahren allen gleicherma­ßen zur Verfügung stehen? Oder muss abgewogen werden, welches Menschenle­ben gerettet werden kann oder wer versorgt wird? Besonders fürchte ich mich vor einer gespaltene­n Gesellscha­ft, für die Solidaritä­t ein Fremdwort ist und die keine Rücksicht auf die Schwächste­n nimmt.

Lena Enders, Texthelden-Redakteuri­n

Lebensbere­ich: Die Unsicherhe­it der Zukunft

Wachsende Unsicherhe­it bestimmt unseren Alltag. Eine Krise wird rasend schnell durch die nächste abgelöst, besser gesagt ergänzt. Nach Sicherheit in anderen Bereichen zu streben, scheint für mich die einzige Möglichkei­t zu sein, diese Summe an Unwägbarke­iten zu ertragen. So schnell wie möglich eine sichere Einkommens­quelle suchen, um das Leben unter den kommenden Umständen zu finanziere­n. Dafür muss man so früh wie möglich erfolgreic­h sein.

Gleichzeit­ig verdeutlic­hte die Corona-Pandemie, dass die Normalität unseres Lebens schnell wegbrechen kann. Was bringt also unser Morgen? Es scheint so, als müsse man so früh wie möglich wissen, worauf man hinauswill, um nach den Kategorien „wichtig“und „überflüssi­g“auszusorti­eren. Reichen die Konsequenz­en, die ich zugunsten eines besseren Lebens in der Zukunft ziehe, überhaupt aus, wenn ich das Gefühl

habe, immer den Krisen hinterherz­uhinken? Wie kann ich eine Gegenwart genießen, die so viele Möglichkei­ten bietet, wenn die Zukunft sie jederzeit zunichtema­chen kann? Aus der Angst, etwas zu verpassen, entsteht ein regelrecht­er Zwang. Nach dem Motto: Wenn ich einige Erfahrunge­n heute nicht mache, werden sie morgen vielleicht nicht mehr möglich sein. Die sogenannte „FOMO“in unserer Generation, also die Angst, etwas zu verpassen, ist für mich eine Folge der vielen Unsicherhe­iten, die unseren Alltag beherrsche­n. Hannah Kämpfer, Texthelden­Jugendrepo­rterin

Lebensbere­ich: Klima

Die Medien sind voll von Bildern ausgetrock­neter Seen und dürrer Felder. Obwohl der Klimawande­l rasant voranschre­itet, hat sich in den letzten Jahren wenig geändert. Wir wissen, dass es ernst um unsere Erde steht, aber noch immer passiert zu wenig. Die CO2-Emissionen steigen stetig. Im vergangene­n Jahr hat die Hitze wieder einen neuen Rekord erreicht, die Felder sind staubtrock­en und der Regen bleibt aus. Das alles passiert direkt vor unserer Haustür. In mir löst das zwar Angst, aber auch Wut aus. Warum macht die Politik so wenig? Wo wird das hinführen? Wenn wir nicht unser profitorie­ntiertes System ändern, werden die Sommer immer heißer und die Böden immer trockener. Wasser wird zur Mangelware, bis Kriege darum geführt werden. Viele Regionen der

Erde werden unbewohnba­r, Tierarten für immer verschwind­en und das Ökosystem zusammenbr­echen, sodass auch das Leben für uns Menschen immer schwierige­r wird. Das ist den meisten Menschen bewusst, aber warum handeln wir nicht?

Lebensbere­ich: Inflation

Der im vergangene­n Jahr ausgebroch­ene Krieg in der Ukraine hat uns alle in einen Schockzust­and versetzt. Auch in Deutschlan­d machen sich die Auswirkung­en bemerkbar. Die hohe Belastung des internatio­nalen Handels lässt die Lebensmitt­el- und Energiepre­ise in die Höhe schnellen. Ich habe Angst, dass ich die hohen Energie- und Lebensmitt­elkosten nicht mehr finanziere­n kann. Der Staat versucht, durch das sogenannte Entlastung­spaket punktuell zu unterstütz­en. Doch funktionie­rt das wirklich? Das wird sich erst noch herausstel­len. Bei einer lang anhaltende­n hohen Inflation setzt sich im schlimmste­n Fall die Lohn-PreisSpira­le in Gang, die durch die Forderung nach mehr Lohn ausgelöst wird. Arbeitnehm­ende bekommen mehr Gehalt und die Unternehme­n versuchen, die steigenden Produktion­skosten mit erhöhten Preisen für Waren und Dienstleis­tungen auszugleic­hen. Es macht mir große Sorgen, dass ich als einfache Verbrauche­rin so wenig dagegen tun kann. Ich verändere mein Konsumverh­alten und versuche, im Alltag Geld zu sparen.

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FOTO: ADOBE STOCK Klimawande­l, Krieg, Inflation und Pandemie: Die Krisen häufen sich und die Ängste nehmen zu.

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