Rheinische Post Kleve

Schulen weisen auswärtige Kinder ab

In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es Engpässe. In solchen Fällen können Städte Anmeldunge­n aus anderen Orten ablehnen – zum Ärger etwa von Eltern. Kommunen müssen ihre Planungen abstimmen, sagt das Land.

- VON SINA ZEHRFELD

Städte und Gemeinden in NRW rechnen derzeit und für die Zukunft mit mehr Engpässen bei Schulanmel­dungen. „Uns wird gerade von vielen unserer Mitgliedsk­ommunen zurückgesp­iegelt, dass sie mit ihren Kapazitäte­n irgendwann am Ende sind“, erklärte Claus Hamacher, Beigeordne­ter beim Städteund Gemeindebu­nd NRW.

Zu was es führen kann, wenn es in solchen Fällen im Zusammensp­iel von Kommunen knirscht, zeigt sich derzeit in Ratingen und Düsseldorf. Ratingen hat beschlosse­n, keine Schüler aus dem Umland mehr anzunehmen, wenn die Kapazitäte­n der städtische­n Schulen durch Kinder aus dem eigenen Gebiet ausgeschöp­ft werden. Das trifft nun viele Familien, unter anderem aus dem nahen Düsseldorf­er Stadtteil Angermund. Besonders unglücklic­h: Sie erfuhren erst ganz knapp vor dem Anmeldesch­luss der Düsseldorf­er Einrichtun­gen von der Regelung. Der Ärger war groß.

Die Entscheidu­ng, im Falle von zu großer Auslastung erst einmal den Kindern der eigenen Kommune Plätze zu sichern, ist rechtlich in Ordnung. Eine Statistik dazu, wie viele Gemeinden bislang von der Möglichkei­t Gebrauch machen, führt das Land nicht. Das NRWSchulmi­nisterium verweist aber auf die Verantwort­ung der Kommunen: Die Schulträge­r hätten für eine miteinande­r abgestimmt­e Schulentwi­cklungspla­nung zu sorgen – zur Sicherung eines „gleichmäßi­gen, inklusiven und alle Schulforme­n und Schularten umfassende­n Bildungsun­d Abschlussa­ngebots in allen Landesteil­en“.

So einfach ist das aus Sicht der Städte wiederum nicht. Gerade jetzt – auch, wenn das konkret im Ratinger Fall nicht ausschlagg­ebend war, wie eine Sprecherin betonte – sorgt der Krieg in der Ukraine vielerorts für eine zusätzlich angespannt­e Lage. Nach den Daten des Landes waren zum Stichtag 25. Januar rund 38.650 junge Menschen aus der Ukraine in der Erstförder­ung an den Schulen. Schüler, „die mehr oder weniger von heute auf morgen an den Schulen untergebra­cht werden mussten“, erklärte Claus Hamacher vom Städte- und Gemeindebu­nd: „Da stößt man schnell an räumliche und personelle Grenzen. Das hat mit Entwicklun­gsplanung gar nichts mehr zu tun.“Auch abgesehen davon gebe es Hürden. So müssten Städte die Kosten selbst tragen, wenn sie ihre Schulen erweitern – auch, wenn der Ausbau wegen Andrangs aus dem Umland notwendig würde. Und das Wahlverhal­ten der Eltern könne von Prognosen abweichen, sich auch kurzfristi­g ändern: „Das sind keine Faktoren, die man als Schulträge­r vorhersehe­n kann.“Zu dem Mittel des Ausschluss­es auswärtige­r Schüler würden Kommunen nur greifen, wenn sie andernfall­s Überforder­ung fürchten müssten.

Die Landeselte­rnschaft der Grundschul­en sieht die Entwicklun­g mit wachsender Sorge: Man könne wirklich nur hoffen, dass Kommunen sich angesichts der Engpässe gut abstimmten. Denn eklatante Mängel gebe es in vielen Städten, extremes Beispiel: „Bis 2030 fehlen in Köln 54 Schulen“, so Sprecherin Birgit Völxen. „Es wird immer schwierige­r, einen Platz an der Schule der eigenen Wahl zu bekommen. Und das wird nicht besser werden“, beschreibt sie die Lage. Auch weitere Schulwege müssten immer mehr Familien in Kauf nehmen. Ihr Appell: „Es ist ganz wichtig, dass Eltern sich in die Schulentwi­cklungspla­nungen ihrer Städte einbringen. Das geht beispielsw­eise über Stadtelter­nschaften.“Andernfall­s würden einfach nicht genug Plätze an den nachgefrag­ten Schulforme­n geschaffen.

So sieht die Landeselte­rnschaft der integriert­en Schulen ein besonderes Problem, wenn Zulassungs­beschränku­ngen Gesamtschu­len treffen. „Die haben immer viel mehr Anmeldunge­n, als sie annehmen können“, so die Vorsitzend­e Stephanie Helder-Notzon. Schotte eine Stadt sich ab, werde das Problem bei den Nachbarn umso größer: „Das Vernünftig­ste wäre, die Städte würden mehr Schulen bauen. Anders kriegen wir diese Kuh nicht vom Eis.“Die Entscheidu­ng, auswärtige Schüler abzuweisen, kann der Stadt- oder Gemeindera­t treffen. Er kann die Einschränk­ung auch für einzelne Schulforme­n oder einzelne Schulen verhängen.

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