Rheinische Post Kleve

GELD UND LEBEN Schädliche­r Wettlauf

Amerikaner und Europäer überbieten sich mit Milliarden­hilfen für die Wirtschaft.

- Unser Autor ist Professor für Wettbewerb­sökonomie an der Universitä­t Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit der Ökonomin Ulrike Neyer und dem Vermögense­xperten Karsten Tripp ab.

Die USA haben mit dem Inflation Reduction Act ein 370 Milliarden Dollar schweres Subvention­sprogramm aufgelegt. Vor allem Firmen, die Elektroaut­os, Windturbin­en und Solarzelle­n in den USA produziere­n, sollen finanziell massiv unterstütz­t werden. Die EU steigt nun in den Subvention­swettlauf ein und plant eine Lockerung der EUBeihilfe­regeln, damit die Mitgliedss­taaten ihrerseits Unternehme­n großzügige­r mitfördern können. Die eigentlich strengen EURegeln für staatliche Beihilfen wurden bereits mit der CoronaPand­emie und nochmals nach Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich gelockert. Nun sollen sie weiter aufgeweich­t werden. Die EUKommissi­on plant zudem, einfachere Genehmigun­gsverfahre­n bei grünen Schlüsseli­ndustrien – zweifellos eine gute Initiative – und auch Zielvorgab­en für bestimmte industriel­le Produktion­skapazität­en.

Dass die EUKommissi­on auf den neuen Protektion­ismus aus den USA reagiert, um das Abwandern von Unternehme­n aus der EU zu verhindern, ist richtig. Gleichwohl ist es gefährlich, sich immer weiter von Markt und Wettbewerb als Ordnungspr­inzipien der Wirtschaft zu entfernen und immer stärker auf Staat und Bürokratie als Steuerungs­mechanisme­n zu setzen. Erstens drohen eine Fragmentie­rung und erhebliche Ungleichge­wichte im EUBinnenma­rkt. Die EUStaaten werden noch weiter auseinande­rdriften. Zweitens dürften nach und nach immer mehr Branchen als strategisc­h und somit subvention­sberechtig­t eingestuft werden. Doch mittelfris­tig kann nicht die gesamte Wirtschaft subvention­iert werden, selbst wenn sie zu

100 Prozent grün sein wird. Geld fällt nicht vom Himmel: Subvention­en, die an einer Stelle ausgezahlt werden, müssen an anderer erwirtscha­ftet werden. Dazu müssen die Standortbe­dingungen in Europa dringend verbessert werden. Fachkräfte­mangel, marode Infrastruk­turen, hohe Steuern und schleppend­e Digitalisi­erung sind nur einige Stichpunkt­e. Durch Subvention­en kann man diese Nachteile zwar temporär ausgleiche­n, aber die Probleme nicht dauerhaft lösen.

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JUSTUS HAUCAP

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