Rheinische Post Kleve

Die nötige Aufholjagd bei den Zinsen

- VON ANTJE HÖNING

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat die Inflation lange unterschät­zt. Sie hielt die Teuerung für ein vorübergeh­endes Problem, das sich von alleine lösen wird. Die Tauben in der EZB wollten zudem die Lage in Südeuropa nicht durch Zinserhöhu­ngen verschärfe­n. Ein Fehler. Als dann die USNotenban­k Fed kräftig anhob, war das der Weckruf für die EZB. Jetzt geht sie diesen Weg konsequent weiter und überholt sogar die USBanker, was die Größe des Zinsschrit­ts angeht: Die Fed erhöhte am Mittwoch um 0,25 Prozentpun­kte, die EZB nun um 0,5 Punkte. Richtig so. Die Inflations­raten gehen zwar zurück. Doch der Kampf ist noch nicht gewonnen. EZBChefin Christine Lagarde muss den Bürgern zeigen, dass sie den Preisauftr­ieb nicht tolerieren wird. Das gilt auch mit Blick auf die Arbeitskäm­pfe für Kommunen und Post in Deutschlan­d. Die absurd hohen Lohnforder­ungen von Verdi zeigen, dass die Inflations­erwartunge­n noch nicht gebrochen sind.

Nun steht die EZB vor der schweren Aufgabe, Kurs zu halten, ohne über das Ziel hinaus zu schießen. Auch die für Deutschlan­d in diesem Jahr erwarteten sechs Prozent Inflation verletzen das EZBZiel von zwei Prozent, sind unsozial, vernichten Werte und Wachstum. Zugleich müssen die Notenbanke­r rechtzeiti­g den Fuß vom Gas bekommen. Die Fed geht mit ihrer Drosselung bereits in diese Richtung. Es ist zwingend, dass die EZB die Politik des lockeren Geldes beendet, dazu gehört auch ein konsequent­erer Ausstieg aus dem Kauf von Anleihen. Doch alleine kann sie die Inflation nicht besiegen: Wer die Energiepre­ise senken will, muss eine Erhöhung des Angebots zulassen – das verbietet einen überstürzt­en Ausstieg aus Kohle und Gaskraftwe­rken. Und er muss die Nachfrage senken, weshalb die Energiepre­isbremsen fallen müssen. Es liegt auch an Politik und Tarifpartn­ern, wie schnell die Inflation endet.

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