Bidens Strategie der flexiblen Reaktion
Evelyn Farkas war im Pentagon während der Ära von Barack Obama als Ministerialdirektorin unter anderem für die Ukraine zuständig. Und in ständigem Kontakt mit Joe Biden. Heute hat sie keine offizielle Funktion mehr und sagt deshalb ganz offen: „Wir sehen hier ein Muster.“So interpretiert Farkas in der „New York Times“das „Nein“Bidens vom Montag auf die Frage nach F-16-Kampfjets für die Ukraine. „Wenn wir ankündigen, eine bestimmte Kategorie von Ausrüstung zu liefern, ziehen unsere Verbündeten nach.“Die Alliierten warteten auf ein entsprechendes Signal aus Washington, weil „sie super ängstlich sind, dass Russland seinen Grimm auf ein Nato-Land richten könnte“.
Farkas könnte recht haben. Aus dem Weißen Haus und dem Pentagon meldeten sich nach der brüsken Reaktion Bidens umgehend Stimmen zu Wort, die dazu rieten, das „Nein“nicht als dauerhafte Absage zu verstehen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Antwort anders ausfallen, ließen sich die „hohen Mitarbeiter“in US-Medien anonym zitieren. Derzeit gehe es darum, der Ukraine Waffen zu liefern, die ihr unmittelbar helfen.
F-16-Kampfflugzeuge zählten nicht dazu, weil ukrainische Piloten nicht an den Maschinen ausgebildet sind.
Die „Washington Post“zitiert einen „hohen Pentagon-Mitarbeiter“unter Hinweis auf die Kehrtwende bei den Lieferungen von Abrams-M1-Kampfpanzern mit den Worten, die F-16-Entscheidung könne verändert werden wie beim M1. Dies entspräche dann dem Muster, das Farkas und andere Analysten seit dem Überfall der Ukraine vor einem Jahr beobachten. Am Anfang steht demnach stets eine Anfrage aus Kiew nach bestimmten Waffensystemen. Die USA reagieren öffentlich mit einer Absage, um dann hinter den Kulissen nach Wegen zu suchen, der Ukraine doch zu helfen. Die Amerikaner verwiesen die Ukrainer an die europäischen Verbündeten, weil diese die Systeme schneller liefern könnten. Die wiederum verlangten eine Rückversicherung durch die Supermacht in Form eigener Lieferungen.
Im Fall der F-16-Kampfjets erwarten Analysten eine Wiederholung des Musters. Es könnten etwa die Niederlande oder Dänemark F-16 liefern, die dort durch neuere Modelle ersetzt werden. Alles, was es dafür später bräuchte, wäre ein „Ja“des Präsidenten zu einer Ausfuhrgenehmigung.
„Das ‚Nein‘ ist nicht als dauerhafte Absage zu verstehen“ranghohe Mitarbeiter des Weißen Hauses