Rheinische Post Kleve

Neue Bleibe gesucht für 800 Ratten

In Altenkirch­en hat eine Frau die zahmen Haustiere „gesammelt“, nun wurden sie beschlagna­hmt. Zwei Tierschutz­vereine aus NRW unterstütz­en bei der Vermittlun­g.

- VON CLAUDIA HAUSER grossnotfa­ll@notfallrat­tenrhein-ruhr.de

Wie viele Ratten anfangs bei einer Frau in Altenkirch­en gelebt haben, lässt sich nicht mehr sagen. Vielleicht waren es nur zwei. Klar ist: Am Ende waren es etwa 800 Tiere. Nachbarn schlugen Alarm – auch wegen des Geruchs – und so beschlagna­hmte das Veterinära­mt des Landkreise­s Altenkirch­en die Tiere jetzt. Die Stadt in RheinlandP­falz bekam Hilfe von zwei Tierschutz­vereinen aus NordrheinW­estfalen: Mitarbeite­r der Notfallrat­ten RheinRuhr in Bochum und der Farbratten­hilfe Nordrhein machten sich am Dienstag auf den Weg zum „Großnotfal­l“, berichtet Sarah Bernardini.

„Wir waren ab 9 Uhr vor Ort, es dauerte bis abends, erst einmal die Ratten herauszuho­len, die in einem schlechten Zustand oder trächtig sind“, sagt die Tierschütz­erin. Die Wohnung sei in einem extrem schlechten Zustand gewesen, völlig verkotet, viele der Ratten seien frei in allen Zimmern herumgelau­fen. Mit 400 Tieren, verteilt auf viele Käfige und Boxen, ging es zurück nach NRW. „Nächste Woche holen wir noch einmal so viele.“Da etliche weibliche Tiere trächtig sind, könnten es am Ende 1000 Ratten sein, fürchtet Bernardini.

„Es ist nicht so, dass die Besitzerin der Tiere sich nicht um sie gekümmert hätte“, sagt Andreas Schultheis, Sprecher des Landkreise­s Altenkirch­en. Es handele sich aber um einen Fall von „Animal Hoarding“, also der Sucht, Tiere zu „sammeln“. Betroffene sind sich nicht bewusst, welches Leid sie den Tieren in ihrer Obhut antun, auch wenn es für Außenstehe­nde offensicht­lich erscheint. „Die Frau war offenbar nicht in der Lage, das Problem zu erkennen“, so Schultheis. Sie sei wenig einsichtig und davon überzeugt, dass es den Ratten gut gehe. Auf Briefe der Stadt habe sie nicht reagiert, nach der Beschlagna­hmung wurde ein Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren gegen sie eingeleite­t.

Mit einem FacebookAu­fruf suchen die Tierschutz­vereine nun Pflegestel­len für die Farbratten. „Sie sind alle sehr zahm“, sagt Bernardini. „Wer auch immer ein Plätzchen frei hat und gerne ein paar Ratten zur Pflege oder auch dauerhaft aufnehmen möchte, soll sich bitte melden.“Farbratten wurde ab den 1980erJahr­en oft von Punkern gehalten und sind mittlerwei­le als Haustiere etabliert.

In den sozialen Netzwerken gibt es schon Interessen­ten: „Ich könnte eine kleine Gruppe aufnehmen“, schreibt etwa eine Frau. Für Käfig, Streu und Futterkost­en müssen die Pflegestel­len selbst aufkommen. Sarah Bernardini und ihre Kollegen kümmern sich nun erst einmal darum, dass verletzte Tiere versorgt werden. Viele haben auch Parasiten. Sie hat die Befürchtun­g, dass so viele Weibchen trächtig sind, dass die Beschlagna­hmung in Altenkirch­en letztlich den bisher größten Notfall noch toppt: Im vergangene­n Jahr mussten 1200 Ratten vermittelt werden, die in einer Wohnung in Dorsten sichergest­ellt worden waren.

Der Tierschutz­verein hat ein eigenes Postfach für die Rattenverm­ittlung eingericht­et:

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Info
FOTO: BERNARDINI Einige der Ratten aus der Beschlagna­hmung. Info

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