Neue Bleibe gesucht für 800 Ratten
In Altenkirchen hat eine Frau die zahmen Haustiere „gesammelt“, nun wurden sie beschlagnahmt. Zwei Tierschutzvereine aus NRW unterstützen bei der Vermittlung.
Wie viele Ratten anfangs bei einer Frau in Altenkirchen gelebt haben, lässt sich nicht mehr sagen. Vielleicht waren es nur zwei. Klar ist: Am Ende waren es etwa 800 Tiere. Nachbarn schlugen Alarm – auch wegen des Geruchs – und so beschlagnahmte das Veterinäramt des Landkreises Altenkirchen die Tiere jetzt. Die Stadt in RheinlandPfalz bekam Hilfe von zwei Tierschutzvereinen aus NordrheinWestfalen: Mitarbeiter der Notfallratten RheinRuhr in Bochum und der Farbrattenhilfe Nordrhein machten sich am Dienstag auf den Weg zum „Großnotfall“, berichtet Sarah Bernardini.
„Wir waren ab 9 Uhr vor Ort, es dauerte bis abends, erst einmal die Ratten herauszuholen, die in einem schlechten Zustand oder trächtig sind“, sagt die Tierschützerin. Die Wohnung sei in einem extrem schlechten Zustand gewesen, völlig verkotet, viele der Ratten seien frei in allen Zimmern herumgelaufen. Mit 400 Tieren, verteilt auf viele Käfige und Boxen, ging es zurück nach NRW. „Nächste Woche holen wir noch einmal so viele.“Da etliche weibliche Tiere trächtig sind, könnten es am Ende 1000 Ratten sein, fürchtet Bernardini.
„Es ist nicht so, dass die Besitzerin der Tiere sich nicht um sie gekümmert hätte“, sagt Andreas Schultheis, Sprecher des Landkreises Altenkirchen. Es handele sich aber um einen Fall von „Animal Hoarding“, also der Sucht, Tiere zu „sammeln“. Betroffene sind sich nicht bewusst, welches Leid sie den Tieren in ihrer Obhut antun, auch wenn es für Außenstehende offensichtlich erscheint. „Die Frau war offenbar nicht in der Lage, das Problem zu erkennen“, so Schultheis. Sie sei wenig einsichtig und davon überzeugt, dass es den Ratten gut gehe. Auf Briefe der Stadt habe sie nicht reagiert, nach der Beschlagnahmung wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen sie eingeleitet.
Mit einem FacebookAufruf suchen die Tierschutzvereine nun Pflegestellen für die Farbratten. „Sie sind alle sehr zahm“, sagt Bernardini. „Wer auch immer ein Plätzchen frei hat und gerne ein paar Ratten zur Pflege oder auch dauerhaft aufnehmen möchte, soll sich bitte melden.“Farbratten wurde ab den 1980erJahren oft von Punkern gehalten und sind mittlerweile als Haustiere etabliert.
In den sozialen Netzwerken gibt es schon Interessenten: „Ich könnte eine kleine Gruppe aufnehmen“, schreibt etwa eine Frau. Für Käfig, Streu und Futterkosten müssen die Pflegestellen selbst aufkommen. Sarah Bernardini und ihre Kollegen kümmern sich nun erst einmal darum, dass verletzte Tiere versorgt werden. Viele haben auch Parasiten. Sie hat die Befürchtung, dass so viele Weibchen trächtig sind, dass die Beschlagnahmung in Altenkirchen letztlich den bisher größten Notfall noch toppt: Im vergangenen Jahr mussten 1200 Ratten vermittelt werden, die in einer Wohnung in Dorsten sichergestellt worden waren.
Der Tierschutzverein hat ein eigenes Postfach für die Rattenvermittlung eingerichtet: