Die EZB bleibt auf Kurs
Zentralbankchefin Christine Lagarde lässt keine Zweifel an ihrem Plan: Doch auch nach der fünften Zinserhöhung in Folge ist der Kampf gegen die Inflation nicht gewonnen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt bei ihrer straffen Geldpolitik: Sie hat am Donnerstag die Leitzinsen im Euroraum um weitere 50 Basispunkte erhöht, damit liegt der wichtigste Zinssatz nun bei 3,0 Prozent. Zwar stiegen die Preise im Euroraum im Januar mit 8,5 Prozent nicht mehr so schnell wie noch im Dezember, wo sie um 9,2 Prozent geklettert waren. Allerdings fehlen in dieser Schätzung noch die Inflationsdaten für Deutschland, die erst in der kommenden Woche veröffentlicht werden.
Für ein Ende der Straffungen sei es noch zu früh: „Die Inflation ist gesund und munter“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Sitzung und verwies auf die sehr hohe Kerninflationsrate von 5,2 Prozent. Dieser Wert berücksichtigt nicht die Veränderungen der Energie-, Nahrungs- und Genussmittelpreise. Damit ist die Lage im Euroraum anders als in den USA. Deren Notenbank-Chef Jerome Powell hatte am Mittwoch von einer nachlassenden Preissteigerung gesprochen, die jedoch immer noch auf hohem Niveau liege.
Eine Entwarnung gibt die EZB deshalb nicht, und das sei richtig, meint auch Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust. Die hohe Kerninflation zeige, dass noch keine durchgreifenden Fortschritte bei der Rückkehr zur Preisstabilität gemacht worden seien. „Ein großes Armdrücken der Kapitalmärkte mit den Notenbanken hat begonnen“, analysiert Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Denn die Kapitalmärkte drängten die Notenbanken schon wieder zu baldigen Zinssenkungen: „Die Notenbanken sollten dem Marktdruck selbst bei deutlich sinkenden Inflationsraten nicht nachgeben“, betont Kater. „Deutliche Entspannungszeichen sind von der Europäischen Zentralbank erst dann zu erwarten, wenn die Kerninflation einige Monate nacheinander zurückgeht“, glaubt auch Ökonom Heise.
Die Notenbank will nicht nur die Zinsen weiter anheben, sie möchte auch ihre in der Krise stark aufgeblähte Bilanz zu reduzieren. Sie hatte insgesamt für knapp fünf Billionen Euro Wertpapiere gekauft und die auslaufenden Papiere wieder am Markt angelegt. Von März bis Ende
Juni sollen nun die Bestände monatlich um 15 Milliarden Euro reduziert werden. Das geschieht bewusst in so vorsichtiger Weise, damit die Finanzmärkte sich darauf einstellen können. Die fällig werdenden Anleihen des Pandemie-Notfallankaufprogramms Pepp werden bis Ende 2024 jedoch wieder neu angelegt. Sie würden so gesteuert, dass eine Beeinträchtigung des geldpolitischen Kurses vermieden werde.
Für Verbraucher und Sparer hat der geldpolitische Kurs der Zentralbank direkte Auswirkungen: So rechnet der Baufinanzierungsvermittler Interhyp mit weiter steigenden Konditionen für zehnjährige Darlehen. Aktuell liegen die Zinsen für zehnjährige Darlehen im Schnitt bei 3,6 Prozent. Mit einer Monatsrate von 1000 Euro lässt sich damit ein Kredit über rund 214.000 Euro aufnehmen, hat Interhyp ausgerechnet.
Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft der Interhyp, meint aber auch, dass die stark gestiegenen Bauzinsen auch für eine neue Balance am Immobilienmarkt führen könnten. Damit seien neue Chancen verbunden. Denn viele Verkäuferinnen und Verkäufer könnten so ihre Kaufpreiserwartungen nicht durchsetzen, die Preise dürften also fallen.
Andererseits dürften auch die Bauzinsen weiter anziehen, damit verteuern sich die monatlichen Raten und die Finanzierungskosten. Sparerinnen und Sparer dürften sich über steigende Anlagezinsen freuen. Boten einzelne Banken in den vergangenen Wochen schon bis zu zwei Prozent Guthabenzinsen für Tagesgeld, so könnten es bald schon durchaus wieder mehr sein. Doch klar ist auch: Solange die Inflationsrate darüber liegt, verlieren Anleger real Geld.