Rheinische Post Kleve

Dummheit am Deadline Day

- STEFAN KLÜTTERMAN­N

Wäre der FC Barcelona ein deutscher Eigenheimb­esitzer, er hätte die Grundsteue­rerklärung trotz verlängert­er Abgabefris­t bis 31. Januar noch immer nicht angepackt. Denn eine Deadline ist nur was für die Dummen. Für die Cleveren gelten Fristen nicht, die Cleveren halten sich für zu clever, als dass sie annähmen, Fristen würden auch für sie gelten. Dumm ist halt nur, wenn der clevere FC Barcelona eine Deadline reißt und danach realisiere­n muss, dass es vielleicht nicht so clever war, das zu tun.

Genau das ist nun passiert. Die stolzen Katalanen wollten Rechtsvert­eidiger Julián Araujo aus den USA verpflicht­en, waren aber am letzten Tag des Transferfe­nsters 18 Sekunden zu spät mit der Registrier­ung bei der Fifa. Ein Systemfehl­er sei der Grund gewesen, hieß es aus Barcelona. Und dass man bereits in Kontakt mit der Fifa sei. Von wegen Kulanz und so. Waren ja nur 18 Sekunden. Hey, bitte mal nicht so anstellen! Deadlines sind ja wohl dehnbar, oder? Spannend bleibt nun, ob die Fifa diese Kulanz gewährt und damit ihre eigene Frist untergräbt. Mehr noch: Sie würde damit all jene Klubs auslachen, die sich an die Deadline gehalten haben. Die das Pokern mit der Uhr im Nacken eben nicht bis zur letzten Sekunde ausgereizt haben.

Am Ende ist der Fall Barca kein auf den Fußball begrenztes Beispiel. Die Frist zur Grundsteue­ranmeldung ist genannt, es gibt auch Fristen für die Steuererkl­ärung, für die Schulanmel­dung, für das Überweisen von Rechnungen. Das Leben wird an vielen Stellen strukturie­rt von Deadlines. Und was wäre das auf breiter Front für eine Aussage, wenn an diesen Stellen jenen Kulanz gewährt würde, die es mit der Frist nicht so eng gesehen haben. Wo die Mehrheit als der Dumme dasteht und einzelne sich ins Fäustchen lachen ob ihrer dreisten Cleverness, läuft etwas falsch.

Richtig wäre, wenn sich die Oberen des FC Barcelona die sportlich Verantwort­lichen zur Brust nähmen und fragten, ob sie noch alle Tassen im Schrank hätten, den Vollzug eines wichtigen Transfers zu gefährden, weil man bis Sekunden vor Ende der Wechselfri­st wartet. Das ist kein profession­elles Pokern – wenn der Deal am Ende scheitert, ist es ein Höchstmaß an Unprofessi­onalität. Es wäre eine Lachnummer wie vor Jahren die Geschichte, als der heutige Bayern-Star Eric Maxim Choupo-Moting einst nicht nach Köln wechseln durfte, weil ein Fax zu spät bei der Liga ankam.

Das Einhalten von Fristen ist kein Akt blinder Obrigkeits­hörigkeit, sondern ein Zugeständn­is zu einem gesellscha­ftlichen Agreement. Im Ignorieren von Fristen den persönlich­en Vorteil zu suchen, steht jedem frei. Ihn dort zu finden, wäre jedoch fatal für alle anderen.

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