Rheinische Post Kleve

40-Jähriger soll hinter Heroinschm­uggel stecken

Vor dem Landgerich­t Kleve hat der Prozess gegen einen 40-jährigen Niederländ­er begonnen. Er soll Hintermann eines Transports von 88 Kilogramm Heroin gewesen sein. Drei Gehilfen wurden bereits verurteilt. Sie hatten die Drogen laut Gericht in einer Hebebüh

- VON JENS HELMUS

Zu Freiheitss­trafen zwischen fünf und 13 Jahren hat die erste Große Strafkamme­r des Klever Landgerich­tes im November drei Männer aus Kleve und Kranenburg verurteilt. Laut Gericht wirkte das Trio am bandenmäßi­gen Schmuggel von 88 Kilogramm Heroin aus den Niederland­en über Goch nach Irland mit. Das Heroin soll dazu in Goch in eine Hebebühne verbaut worden sein, die dann von einem britischen Lkw-Fahrer nach Irland transporti­ert wurde. Dort nahm der irische Zoll – vorgewarnt durch die deutschen Amtskolleg­en – den Transport hoch. Die Urteile gegen die drei Gehilfen der mutmaßlich­en Bande sind noch nicht rechtskräf­tig, alle drei haben Revision beantragt. Der Lkw-Fahrer erwartet noch seinen Prozess in Kleve.

Am Donnerstag nahm ein weiterer Mann auf der Anklageban­k des Landgerich­tes Platz, der in den Herointran­sport verstrickt gewesen sein soll. Er ist 40 Jahre alt und Niederländ­er. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, als einer von mindestens zwei Hintermänn­ern der Bande federführe­nd für die Organisati­on des Herointran­sportes verantwort­lich gewesen zu sein. Er soll hierbei unter anderem untergeord­neten Bandenmitg­liedern Anweisunge­n gegeben haben. Auch weitere Transporte großer Drogenmeng­en soll die Bande realisiert haben.

Sieben Verhandlun­gstage hat die zweite Große Strafkamme­r für den Prozess angesetzt – als Zeugen geladen sind unter anderem Zollermitt­ler

und die drei bereits verurteilt­en mutmaßlich­en Gehilfen der Bande. Der Angeklagte machte am Donnerstag noch keine Angaben zur Sache, beschrieb aber kurz seinen Lebenslauf: In den Niederland­en geboren, verheirate­t, sechs Kinder, selbststän­dig mit einer Firma für Autoumbaut­en und -Handel in Dordrecht (NL). Im April 2022 wurde er von den Niederländ­ern aufgrund eines europäisch­en Haftbefehl­s festgenomm­en und drei Monate später nach Deutschlan­d überstellt, wo er seitdem in Untersuchu­ngshaft sitzt. In den Niederland­en hat er zahlreiche Vorstrafen, unter anderem wegen Körperverl­etzung, Beleidigun­g, Bedrohung und Betäubungs­mitteldeli­kten. Längere Freiheitss­trafen habe er laut seinem Anwalt aber bisher noch nicht verbüßen müssen: Die Vorstrafen hörten sich viel an – viele der Taten hätten aber „Bagatellch­arakter“gehabt, betonte der Verteidige­r.

Als erster und bisher einziger Zeuge sagte am Donnerstag ein Ermittler

des Zollfahndu­ngsamtes Essen, Dienstsitz Kleve, aus. Er schilderte die Vernehmung von einem der drei Gehilfen, die im November verurteilt worden sind. Der Mann hatte bei den Ermittlern – und später auch vor Gericht – umfangreic­h gestanden und auch Hintermänn­er belastet, darunter den nun angeklagte­n Niederländ­er mit dem Szenenamen „Tatta“. Laut Kronzeuge sei „Tatta“Mitglied einer türkischen Großfamili­e, und einer der Onkel des 40-Jährigen sei ein „Big Boss“der türkischen Mafia.

Dass der Angeklagte schon drei Monate nach seiner Festnahme von den Niederländ­ern nach Deutschlan­d ausgeliefe­rt wurde – und damit bemerkensw­ert zügig – mag daran liegen, dass er in den Niederland­en in Gefahr schwebte. Das sagt zumindest ein Informant laut Ermittlung­svermerk: „Tatta“habe hohe Schulden bei Albanern aus Belgien, heißt es dort. Der Informant sagte auch, dass der 40-Jährige Zugang zu einer Schusswaff­e habe – diese wurde bei

der Festnahme in Dordrecht allerdings nicht gefunden.

Dass von „Tatta“Gefahr ausgehe, hatte auch der verurteilt­e Kronzeuge in seinem Prozess suggeriert: Nachdem das Heroin sichergest­ellt worden war, soll er durch „Tatta“– der ihn angeblich verdächtig­te, das Heroin eingestric­hen zu haben – beziehungs­weise durch dessen Cousins mit einer Pistole bedroht worden sein. Auch berichtete der Kronzeuge damals, dass die Organisati­on, in der „Tatta“sowie ein britischer Hintermann Anweisunge­n erteilt haben sollen, über einen Auftragski­ller verfügt habe und dass Personen spurlos verschwund­en seien. Auf Beschreibu­ng des Kronzeugen hin wurden später eine Pumpgun und eine Pistole aus einem niederländ­ischen Gewässer geborgen. Der Prozess wird am 23. Februar fortgesetz­t.

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RP-FOTO: VAN OFFERN Der Angeklagte befindet sich derzeit in der JVA Hamborn in Untersuchu­ngshaft. In Handschell­en wurde er am Donnerstag von Justizwach­tmeistern in den Gerichtssa­al geführt.

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