„Ein neues Kapitel für den Klimaschutz“
Die Stadt Rees treibt ihr Klimaschutzkonzept voran. Voraussichtlich wird das Ziel „Klimaneutralität“bis 2045 nicht erreicht werden.
Der Schutz der Umwelt nimmt auch in Rees einen immer größeren Stellenwert ein. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, will sich die Stadt ein eigenes Klimaschutzkonzept geben. Wie sich allerdings am Donnerstag bei der Präsentation eines Zwischenberichts im zuständigen Fachausschuss herausstellte, wird es wohl bis zum Jahr 2045 nicht gelingen, klimaneutral zu werden.
Dabei ist Rees auf einem vergleichsweise guten Weg. Das geht aus den Untersuchungen hervor, die Lara Kiesau vom dazu beauftragten Ingenieurbüro Gertec vorstellte. In den Jahren zwischen 1990 und 2020 ist der Treibhausgasausstoß in Rees von 12,5 Tonnen CO2 auf 8,5 Tonnen zurückgegangen und das, obwohl in diesem Zeitraum die Bevölkerung um 13 Prozent anwuchs. „Eine gute Entwicklung“, so Kiesau, die auch aufschlüsseln konnte, woher die meisten Emissionen an Treibhausengasen in der Stadt kommen. Etwa ein Drittel werden demnach durch die privaten Haushalte verursacht, für etwa 16 Prozent ist das Gewerbe verantwortlich.
Der überwiegend größte Teil der
Emissionen muss jedoch dem Bereich „Verkehr“zugeordnet werden, und genau hier liegt auch ein Problem, an dem die Stadt Rees nur wenig ändern kann. Denn mit „Verkehr“sind nicht nur die Fahrzeuge von Reesern gemeint, sondern auch die, die durch Rees und die Ortsteile hindurch und vorbeifahren. Auch auf der Autobahn. Zudem hat auch die Lage am Rhein negative Auswirkungen auf die lokale Klimabilanz, denn ein überraschend großer Teil des in Rees festgestellten Dieselausstoßes stammt von der Binnenschifffahrt.
Ein Primus ist Rees in Sachen Windkraft. Durch den vorhandenen Windpark wird deutlich mehr Strom produziert, als in der Stadt selbst verbraucht wird. Landesweit steht Rees damit an der Spitze. Weiteres Potenzial, so Kiesau, sei aber noch vorhanden. Wie Bauamtsleiterin Elke Strede ausführte, werde derzeit nach Möglichkeiten gesucht, in den vorhandenen Konzentrationszonen weitere Windräder unterzubringen. Auch sei die Ertüchtigung und Modernisierung („Repowering“) älterer Anlagen ein Thema.
Größeren Nachholbedarf gibt es in Rees hingegen bei der Wärmeproduktion
durch Biogas, so Lara Kiesau. In den von ihr vorgestellten Zukunftsszenarien bis zum Jahr 2050 könnte es Rees gelingen, den Treibhausgassaustoß gegenüber 1990 um 95 Prozent zu reduzieren, wenn „sehr ambitionierte“Maßnahmen ergriffen würden. Doch das ist natürlich auch mit imensen Ausgaben verbunden – und setzt voraus, dass auch die Bürger in ein Maximum an Klimaschutz investieren. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass in den nächsten Jahren nur der
Trend fortgesetzt wird, der derzeit zu verzeichnen ist. Das heißt, dass es zwar Anstrengungen gibt, den Klimaschutz zu verbessern, das jedoch nicht ausreichen wird, um klimaneutral zu werden. So soll es auch im Klimaschutzkonzept formuliert werden.
Genau daran stieß sich auch die FDP, die dem Konzept als einzige Fraktion daher nicht zustimmte. „Wie soll ich für ein Konzept sein können, in dem festgeschrieben steht, dass die Ziele verfehlt werden“, argumentierte Christian Schulze-Böing. Er hielt fest, dass die FDP prinzipiell nicht gegen das Klimaschutzkonzept sei, nur nicht unter diesen Voraussetzungen.
Die Stadtverwaltung räumte ein, dass dieser Punkt auch im Rathaus für Diskussionen gesorgt hatte. Klimaschutzmanager Dominik Lenkeit machte aber klar, dass die Verwaltung lieber mit realistischen als mit unrealistischen Zielen an die Öffentlichkeit gehen wollte.
Seitens der Stadt sind für die nächsten Jahre einige Maßnahmen in Sachen Klimaschutz geplant. So soll die städtische Fahrzeugflotte weitestgehend auf Elektroantrieb umgestellt werden. Eine große PVAnlage ist für das Bürgerhaus geplant. Auch sollen Flächen für freistehende PV-Anlagen gefunden werden. Auf Nachfrage von Klaus Syberg (CDU) erklärte Klimaschutzmanager Lenkeit, dass auch über Solaranlagen auf Gewässern nachgedacht werde. Eine ist unter anderem auf dem Reeser Meer vorgesehen. Zu möglichen weiteren gibt es Gespräche.
Die Stadt Rees denkt zudem über ein Pilotprojekt zu Tempo 30 in den Ortsteilen nach. Entsprechende
Pläne sollen in Kürze vorgestellt werden. Schwierig gestalte es sich in absehbarer Zeit hingegen beim Thema Wasserstoff aktiv zu werden. Vorhandene Leertrassen vom Ruhrgebiet in die Niederlande verliefen linksrheinisch und querten den Rhein erst bei Emmerich. Eine eigene Infrastruktur könne Rees nicht aufbauen, so der erste Beigeordnete Andreas Mai, der gleichzeitig auch Co-Geschäftsführer der Reeser Stadtwerke ist.
Mai machte klar: „Es gibt einiges, das wir nicht selbst in der Hand haben und daher nicht kompensieren können, aber wir werden alles geben, um das so weit wie möglich zu schaffen.“
Für Dennis Gollasch von den Grünen ist das Klimaschutzkonzept ein Meilenstein: „Wir schlagen hier ein neues Kapitel für den Klimaschutz in Rees auf“, freute er sich. Allerdings appellierte er auch an Politik und Stadtverwaltung, bei künftigen Entscheidungen das Klimaschutzkonzept auch tatsächlich zu berücksichtigen. „Wir können noch viel mehr tun. Wir müssen jetzt aufwachen und uns verbindlich festlegen. Nur dann können wir auch Ziele erreichen.“