TOTAL DIGITAL Dunkle Seite der Macht
Die Fähigkeiten Künstlicher Intelligenz können Demokratien bedrohen.
In den vergangenen Wochen ist viel darüber geschrieben worden, wie Maschinen neuerdings in der Lage sind, auf Knopfdruck qualitative Texte und Computerprogramme zu schreiben und sogar Kunst zu erschaffen. Komplexe Werke, für die ein Mensch Wochen gebraucht hätte. Reflexartig kam in mir die Frage auf: Was machen dann in Zukunft Gelehrte, Autoren oder Journalisten wie ich, die mit dem Sammeln, Kuratieren und Vermitteln von Informationen ihr Geld verdienen?
Doch mein Job ist nicht alles, worüber ich mir Sorgen mache. Denn wenn ich etwas in den vergangenen 20 Jahren meiner Berichterstattung über das Silicon Valley gelernt habe, dann das: Alles, was technisch gemacht werden kann, wird dort gemacht. Konzerne
wie Google oder Facebook kennen keine moralischen Grenzen, wenn es um Marktanteile, Wachstum und Shareholder Value geht. Na und, mögen Sie sagen, müssen sie auch nicht. So was nennt sich Marktwirtschaft. Was ist daran neu? Die Macht, die mit künstlicher Intelligenz einhergeht! Schon heute beschäftigen IT-Konzerne Heerscharen von Lobbyisten in Berlin, Brüssel und Washington. Was, wenn diese Einflussnahme automatisiert stattfände? Von Maschinen, die niemals schlafen und fähig sind, mehr Informationen, mehr Texte und Zahlen zu verarbeiten, als es staatliche Einrichtungen jemals könnten? Wenn diese Mächte nicht nur über das Kapital, sondern auch über die Daten verfügten, um Behörden, Abgeordentenbüros und Ministerien mit ihren Studien
zu überfluten? Wir reden hier nicht länger über politische Einflussnahme. Diese Technologie ist mächtiger als jeder Panzer, den wir in die Ukraine liefern. Sie ist in der Lage, menschliche Schwachstellen, Gesellschaften, Demokratien zu hacken, ohne dass wir es bemerken. Facebook und Google haben bereits mit simplen Algorithmen das Web 2.0 an die Wand gefahren. Und jetzt wollen sie künstliche Intelligenz in ihre Apps und Plattformen integrieren? Ich erinnere an das alte Firmenmotto von Facebook: „Move fast and break things“– sei schnell und brich Regeln! Was könnte dabei schon schiefgehen?