Rheinische Post Kleve

TOTAL DIGITAL Dunkle Seite der Macht

Die Fähigkeite­n Künstliche­r Intelligen­z können Demokratie­n bedrohen.

- RICHARD GUTJAHR Der Autor ist Blogger und Digitalexp­erte. Er wechselt sich mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath wöchentlic­h ab.

In den vergangene­n Wochen ist viel darüber geschriebe­n worden, wie Maschinen neuerdings in der Lage sind, auf Knopfdruck qualitativ­e Texte und Computerpr­ogramme zu schreiben und sogar Kunst zu erschaffen. Komplexe Werke, für die ein Mensch Wochen gebraucht hätte. Reflexarti­g kam in mir die Frage auf: Was machen dann in Zukunft Gelehrte, Autoren oder Journalist­en wie ich, die mit dem Sammeln, Kuratieren und Vermitteln von Informatio­nen ihr Geld verdienen?

Doch mein Job ist nicht alles, worüber ich mir Sorgen mache. Denn wenn ich etwas in den vergangene­n 20 Jahren meiner Berichters­tattung über das Silicon Valley gelernt habe, dann das: Alles, was technisch gemacht werden kann, wird dort gemacht. Konzerne

wie Google oder Facebook kennen keine moralische­n Grenzen, wenn es um Marktantei­le, Wachstum und Shareholde­r Value geht. Na und, mögen Sie sagen, müssen sie auch nicht. So was nennt sich Marktwirts­chaft. Was ist daran neu? Die Macht, die mit künstliche­r Intelligen­z einhergeht! Schon heute beschäftig­en IT-Konzerne Heerschare­n von Lobbyisten in Berlin, Brüssel und Washington. Was, wenn diese Einflussna­hme automatisi­ert stattfände? Von Maschinen, die niemals schlafen und fähig sind, mehr Informatio­nen, mehr Texte und Zahlen zu verarbeite­n, als es staatliche Einrichtun­gen jemals könnten? Wenn diese Mächte nicht nur über das Kapital, sondern auch über die Daten verfügten, um Behörden, Abgeordent­enbüros und Ministerie­n mit ihren Studien

zu überfluten? Wir reden hier nicht länger über politische Einflussna­hme. Diese Technologi­e ist mächtiger als jeder Panzer, den wir in die Ukraine liefern. Sie ist in der Lage, menschlich­e Schwachste­llen, Gesellscha­ften, Demokratie­n zu hacken, ohne dass wir es bemerken. Facebook und Google haben bereits mit simplen Algorithme­n das Web 2.0 an die Wand gefahren. Und jetzt wollen sie künstliche Intelligen­z in ihre Apps und Plattforme­n integriere­n? Ich erinnere an das alte Firmenmott­o von Facebook: „Move fast and break things“– sei schnell und brich Regeln! Was könnte dabei schon schiefgehe­n?

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