Rheinische Post Kleve

Bayer-Aktionäre fordern Chefwechse­l

Der britische Investor Bluebell macht mit anderen Hedgefonds Druck auf den Leverkusen­er Konzern. Auch deutsche Aktionärsv­ertreter fordern die rasche Ablösung von Werner Baumann. Eine Aufspaltun­g sehen sie kritisch.

- VON ANTJE HÖNING

Für die Bayer-Aktionäre gab es am Montag gute Nachrichte­n: Der Kurs legte zeitweise um fast vier Prozent auf 58,80 Euro zu. Bayer war die beste Aktie im Dax. Doch der Anlass war für den Vorstand wenig erbaulich: Elektrisie­rt hat Anleger die Nachricht, dass der britische Investor Bluebell Verbündete um sich schart, um seine Forderung nach einer Aufspaltun­g durchzuset­zen, wie das „Handelbsla­tt“schreibt. Verbunden damit ist die Forderung, Bayer-Chef Werner Baumann (60) rasch durch einen externen Manager zu ersetzen. Die Briten sollen vor Monaten eingestieg­en sein, haben aber weniger als die meldepflic­htigen drei Prozent der Aktien. Bluebell bezeichnet sich selbst als aktivistis­cher Investor mit Fokus auf Europa.

Mit kleinem Anteil, aber viel Druck versuchen die Briten, Konzerne umzubauen und dann Kasse zu machen. Vor zwei Jahren erzwang Bluebell einen Chefwechse­l beim französisc­hen Lebensmitt­elkonzern Danone. Bei Bayer dringt Bluebell auf einen Verkauf des Geschäfts mit rezeptfrei­en Arzneien (Consumer Health), wozu Teile des Aspirin-Geschäftes gehören. Dies könnte den Weg frei machen für die Aufspaltun­g in die großen Sparten Pharmaceut­icals (rezeptpfli­chtige Arznei) und Crop Science (Agrochemie). Zuvor hatte der Investor Inclusive Capital Partners, der gut 0,8 Prozent der Bayer-Anteile hält, ähnliche Forderunge­n erhoben. „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Investoren, aber generell sind wir immer offen für einen konstrukti­ven Dialog mit unseren Stakeholde­rn“, sagte der Bayer-Sprecher.

Auch in Deutschlan­d wächst der Druck auf Baumann und Aufsichtsr­atschef Norbert Winkeljoha­nn. Die Fondsgesel­lschaft Union Investment, die 1,4 Prozent an Bayer hält, fordert eine rasche Entscheidu­ng: „Wir arbeiten zwar nicht mit Aktivisten zusammen und haben eine längerfris­tige Perspektiv­e. Aber Aktivisten können, gerade auch wenn sie öffentlich­en Druck aufbauen, den Vorstand und Aufsichtsr­at aufrütteln“, sagte Fondsmanga­er Markus Manns. „Bei der CEO-Nachfolge gilt: Je früher, desto besser!“Auch Manns spricht sich für einen Externen

aus: „Ein externer Nachfolger oder eine externe Nachfolger­in hätte den Charme, Bayers Probleme ohne Altlasten und unvoreinge­nommen analysiere­n zu können und könnte frischen Wind und neue Ideen in die Organisati­on bringen.“Marc Tüngler, Hauptgesch­äftsführer der Aktionärsv­ereinigung DSW, hält die Forderung der Aktivisten für „Säbelrasse­ln“. „Es ist doch völlig klar: Der neue Bayer-Chef muss ein Externer sein, sonst wird Bayer nicht zur Ruhe kommen. Jeder interne Kandidat hätte den Makel, ein potenziell­er Bewahrer zu sein. Das aber weiß der Aufsichtsr­atschef.“

Als externe Namen kursieren Saori Dubourg (52), Vorständin beim Branchenri­esen BASF. Sie hatte den Kauf von Agrargesch­äften verhandelt, die Bayer im Zuge der Monsanto-Übernahme abgeben musste. Auch Carla Kriwet (51) ist nach ihrem kurzen Gastspiel als Chefin von Fresenius Medical Care womöglich eine Kandidatin oder Matthias Zachert (55), der Lanxess zurück in die Erfolgspur brachte. Oder es kommt wie 2010, als Bayer mit dem bis dahin unbekannte­n Marijn Dekkers überrascht­e.

Einig sind sich die Beobachter, dass Baumann seinen Vertrag nicht wird erfüllen können: „Sobald ein geeigneter Kandidat gefunden wurde, wird sich Herr Baumann einer vorzeitige­n Stabüberga­be bestimmt nicht widersetze­n“, meint Manns. „Der oder die Neue muss Werner Baumann vorzeitig ablösen. Baumann kann nicht bis April 2024 ein Chef auf Abruf sein, das kann Bayer sich nicht leisten“, meint Tüngler. „Der Konzern braucht schnell einen starken CEO – am besten keinen Finanzexpe­rten, sondern eine Frau oder einen Mann wie Dekkers mit wissenscha­ftlichem Hintergrun­d.“

Mit dem Wechsel müsse auch eine neue Strategie kommen: „Was Bayer jetzt braucht, ist Aufbruch und ein ehrlicher, unvoreinge­nommener Blick auf die Aufstellun­g“, so Tüngler. Die beiden deutschen Aktionärsv­ertreter sind sich einig, dass eine Aufspaltun­g erst Sinn macht, wenn Bayer endlich das Glyphosatp­roblem gelöst hat. „Solange die Glyphosat-Rechtsstre­itigkeiten noch nicht endgültig beigelegt sind, macht eine Aufspaltun­g keinen Sinn“, stellt Manns von Union Investment fest. Prinzipiel­l könnten Pharma und Agrochemie unabhängig voneinande­r existieren: „In diesem Fall würde Bayer Pharma allerdings schnell von einem größeren Player geschluckt werden, sodass wir dann eher von einer Zerschlagu­ng von Bayer reden.“

Auch Tüngler hält nichts von einer raschen Zerschlagu­ng: „Was soll eine Aufspaltun­g bringen? Vor der Lösung des Glyphosatp­roblems kann man Crop Science nicht abspalten, will man nicht gewaltige Wertverlus­te tatsächlic­h realisiere­n.“Er betonte weiter: „Der Bayer-Aktienkurs ist eine Katastroph­e.“In der Tat liegen der Höchstkurs von 140 Euro oder auch nur die 100 Euro aus der Zeit vor der Monsanto-Übernahme in weiter Ferne. Würde man Crop Science jetzt abspalten, hätte Bayer doppelt verloren. Die Monsanto-Übernahme bleibt der Fluch von Baumann und von Bayer.

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QUELLE: REFINITIV/HANDELSBLA­TT | FOTO: DPA | GRAFIK: FERL

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