Rheinische Post Kleve

Berichte über Wölfe sorgen für Unruhe

Mehrere Tiere sollen bei Mehrhoog und Haffen-Mehr gesichtet worden sein. Eine Bestätigun­g gibt es noch nicht. Viele sind beunruhigt, auch weil gerade ein Nachfahre von Wölfin Gloria in Niedersach­sen mehr als 70 Tiere getötet hat.

- VON SEBASTIAN LATZEL

Für viel Unruhe rund um Mehrhoog, Bislich und Haffen-Mehr haben am Wochenende Berichte über angebliche Wolfsichtu­ngen gesorgt. Bei Facebook ist gleich von drei Tieren die Rede, sogar ein Fohlen soll im Diersfordt­er Wald angegriffe­n worden sein. Auch in den Reitställe­n der Umgebung sorgten die Berichte für viel Unruhe.

Gesehen wurden die Tiere angeblich östlich der Bundesstra­ße 8 in der Nähe des Hellmannsw­eges. Das liegt direkt an Mehrhoog. Eine weitere Sichtung soll es auf der westlichen Seite der B8 Richtung Mehr zwischen B8 und Alte Poststraße gegeben haben. Am Sonntag waren zahlreiche Menschen unterwegs, die durch die Felder streiften. Offenbar waren viele auf der Suche nach den Wölfen. Von den Tieren ist bislang kein Foto bekannt, auch eine offizielle Bestätigun­g für die Sichtung gibt es nicht.

Allerdings liegt beim Landesamt für Umwelt, Natur und Verbrauche­rschutz (Lanuv) eine Meldung vom 4. Februar (Samstag) vor. Da wurde angeblich ein Tier um 10.40 Uhr an der Böckersche­n Straße gesichtet. Die Straße geht in Bergerfurt­h von der B8 ab und führt an Baggerseen vorbei Richtung Bislich.

Eine Frau aus Hamminkeln hatte sich laut Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann in der Sache an die Nachrichte­nbereitsch­aftszentra­le (NBZ) gewandt. „Eine Kollegin aus dem Lanuv-Wolfsmonit­oring nahm daraufhin Kontakt mit der Frau auf. Sie berichtete von ihren Pferden auf einer gepachtete­n Weide, die einen Zaun umgerissen hatten. Die Tiere waren nicht ausgebroch­en, auch Verletzung­en wurden nicht erwähnt.“

Sie habe in diesem Gespräch auch von einem bereits vor zwei Wochen verletzten Pferd berichtet. „Diese Meldung lag uns damals nicht vor, daher konnte auch keine Dokumentat­ion von einem Wolfsberat­er oder einer Wolfsberat­erin erstellt werden, somit konnten auch keine DNA-Probe gesichert werden. In dieser Woche wird ein Wolfsberat­er die betroffene Weide begutachte­n. „Bislang haben wir nur eine reine Meldung, dazu gibt es auch keine Fotos oder Videos“, erläutert Deitermann.

In der Behörde werde der Fall aktuell als „C3“eingestuft. Das sind Wolfmeldun­gen, bei denen das Gegenteil nicht bewiesen werden kann. Es sei gut, dass sich die Leute melden, wenn sie ein Tier gesehen haben wollen, sagt Deitermann. Solche Hinweise seien wichtig, um Indizien über die Tiere zu sammeln. Auszuschli­eßen sei nicht, dass Wölfe

in Mehrhoog oder Haffen-Mehr unterwegs seien. Wie berichtet, hat Niederrhei­n-Wölfin Gloria Nachwuchs. Es sei durchaus möglich, dass die Tiere auch rund um Mehrhoog unterwegs seien.

„Natürlich haben wir jetzt ein mulmiges Gefühl“, sagt Jens Holtkamp. Der Schäfer hält rund 800 Tiere rund um Mehrhoog und am Deich zwischen Mehr und Bislich. Sein Stall liegt in unmittelba­rer Nähe der Wolfssicht­ung. Er will sich aber nicht verrückt machen lassen. „Noch gibt es keinen Beweis dafür, dass hier wirklich Wölfe unterwegs waren“, sagt er. Seine Schafe seien alle ruhig, er sei abends lange unterwegs gewesen. Er habe nichts Auffällige­s beobachten können.

Holtkamp hat auch einige Lämmer, die ein Wolf besonders gut wittern könne. Aber auch die Tiere seien weiterhin ruhig. All das spreche nicht dafür, dass Wölfe unterwegs seien.

Der Schäfer hat seine Herden mit wolfsabweh­renden Zäunen gesichert. „Wir haben den Grundschut­z aufgestock­t, aber mehr können wir dann im Grunde nicht tun“, sagt er. Selbst wenn ein Wolf unterwegs sei, sei das im Grunde nicht schlimm. „Wenn er unsere Tiere in Ruhe lässt und sich beim Wild bedient, dann ist ja alles in Ordnung.“

Doch die Schäfer sind beunruhigt

über Nachrichte­n aus Niedersach­sen. Dort ist nämlich im Dezember ein Wolf besonders aufgefalle­n. Er hat innerhalb weniger Tage zahlreiche Nutztiere gerissen. Von Dezember bis Januar hat der Wolf 71 Schafe und Ziegen getötet. Eine unglaublic­he Zahl, die das niedersäch­sische Umweltmini­sterium auf Anfrage der Redaktion bestätigte. Das sorgt auch am Niederrhei­n für Aufsehen. Denn bei diesem Wolf handelt es sich um das Tier mit der Kennung GW2596m. DNA genau von diesem Tier war Anfang Dezember in Dülmen nachgewies­en worden.

Auch dort hatte der Wolf ein Schaf gerissen. Zuvor war das Tier bereits in Lüdinghaus­en aufgefalle­n. Dort hatte der Wolf fünf Schafe getötet.

Anhand der Daten steht eindeutig fest, dass es sich bei dem Tier um einen Nachkommen von Niederrhei­n-Wölfin Gloria handelt. „Aufgrund der zeitlichen Abfolge der Nachweisor­te ist davon auszugehen, dass der Wolfsrüde auf der Suche nach einem eigenen Territoriu­m und einer Geschlecht­spartnerin den Kreis Coesfeld und Nordrhein-Westfalen verlassen hat“, heißt es vom Lanuv. Allerdings gibt es bei Schäfern

die Befürchtun­g, das Tier könne mit seiner Partnerin dann an den Niederrhei­n zurückkehr­en.

„Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich nicht sagen, ob und wo sich dieses Tier niederlass­en wird. Kurzfristi­ge Angaben, wo sich ein hochmobile­r Wolf aufhält, können wir nicht machen. Territoria­l ist er aus Sicht unserer Experten und Expertinne­n bisher nicht“, so eine Sprecherin des niedersäch­sischen Umweltmini­steriums.

Einige Schäfer warnen schon länger, dass Gloria ihr Wissen an ihren Nachwuchs weitergebe und daher die Welpen dann eher auf Schafe als auf Wild Jagd machen. Gloria hatte im Jahr 2020 einen Welpen zur Welt gebracht. In den beiden Jahren darauf waren es jeweils vier gewesen. Weibliche Wölfe sind – anders als Hündinnen – nur einmal im Jahr paarungsbe­reit. Die Welpen werden meist im Mai bis Anfang Juni geboren.

Erst zuletzt hatte es wieder verstärkt Meldungen über Wolfssicht­ungen gegeben. In Bocholt hatte eine Anwohnerin einen Wolf fotografie­rt. Das Lanuv hatte eindeutig festgestel­lt, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. In der Nähe von Anholt war auch ein Schaf getötet worden. Kurz vor Heiligaben­d waren mehrere Schafe in Arcen bei Venlo gerissen worden.

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ARCHIVFOTO: EMA Die Tiere von Jens Holtkamp stehen teilweise ganz in der Nähe der angebliche­n Wolfsichti­gungen. Er hat aber noch kein Raubtier gesehen.
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FOTO: DPA Gleich mehrere Wölfe sollen in Mehrhoog gesehen worden sein (Symbolbild).

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