Politik und Star-Rummel
Die Ruhrfestspiele warten mit großen Namen auf, in kleineren Sparten wie auch beim Literaturprogramm. Theater, Tanz und Neuer Zirkus trumpfen ebenfalls auf.
In den fünf Jahren, in denen Olaf Kröck nun als Intendant die Geschicke der Ruhrfestspiele leitet, hat sich spürbar etwas verändert. Man fragt nicht mehr zuerst: Wer kommt? Sondern: Was passiert, welche Themen werden verhandelt? Hollywoodstars lenken in den Spielstätten in Recklinghausen und Umgebung jedenfalls nicht mehr alle Aufmerksamkeit auf sich. Auch in der neuen Saison, die vom 1. Mai bis 8. Juni läuft, verstecken sich die ganz großen Namen eher im Literaturprogramm. Das steht wieder unter einem Motto aus zwei Begriffen: „Vergnügen und Verlust“.
„Von Beginn an haben wir die Ruhrfestspiele als ein politisch denkendes Kunstfestival verstanden“, erklärt der Intendant. „Aber Kunst und Politik sind nicht dasselbe. Kunst, die sich politisch versteht, will Inhalte starkmachen, ohne in ein ‚Dafür oder Dagegen’ zu verfallen. Sie kann und muss sich freimachen von Verachtung und Hass. Der Spielplan stellt Produktionen ins Zentrum, in denen sich Kunst dem Menschen radikal empathisch zugewandt zeigt.“
Literatur
Mit thematisch in den Spielplan eingebetteten Lesungen kommen Corinna Harfouch („Gebranntes Kind sucht das Feuer“von Cordelia Edvardson, 12. Mai) und
Devid Striesow („Bahnwärter Thiel“von Gerhart Hauptmann, 19. Mai). Szenisch-musikalische Lesungen präsentieren Katharina Thalbach (ab 27. Mai, Theater Marl) und Lars Eidinger (ab 18. Mai). Der von der ARD-Sendung „Druckfrisch“bekannte Denis Scheck hat außerdem Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah eingeladen (8. Mai). Sharon Dodua Otoo und Patricia Eckermann kuratieren wieder eine große Ausgabe von „Resonanzen – Schwarzes Internationales Literaturfestival“(ab 30. Mai, Halle König Ludwig 1/2).
Schauspiel
Auch im SchauspielBereich finden sich starbesetzte Hochkaräter – und alle vier Uraufführungen unter den 90 eingeladenen Produktionen. Für „Late Night Hamlet“kooperieren die Ruhrfestspiele mit dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Es ist ein Solo für Charly Hübner, der sich aus der Perspektive des Schauspielers komisch und tragisch mit den Hamlet-Fragen und unserer Gegenwart auseinandersetzt (ab 24. Mai).
Ein ungewöhnlicher Kooperationspartner wirkt für „Die Nacht von Sevilla“mit – das Deutsche Fußballmuseum Dortmund. Schauspieler Peter Lohmeyer übernimmt in der szenischen Lesung alle Rollen des Fußballdramas im Halbfinale der Weltmeisterschaft von 1982 und wird dabei unterstützt von einem
der tragischen Helden von damals, dem früheren Nationaltorhüter Toni Schumacher (14. Mai). In „König Lear“vom Thalia-Theater spielen außerdem Wolfram Koch (ab 5. Juni) und in „Der Theatermacher“vom Berliner Ensemble Stefanie Reinsperger (ab 11. Mai).
Weitere Uraufführungen sind die neue Inszenierung der Kula Compagnie „Dibbuk – zwischen (zwei) Welten“: Die transnationale Arbeit setzt eine jüdische Liebesgeschichte in einen interreligiösen Kontext und nutzt den Dibbuk als Chiffre für eine fremde Kultur im eigenen Körper (ab 17. Mai, Theater Marl). In „Hier spricht die Polizei“der
Werkgruppe 2 wird die ambivalente Wahrnehmung der Institution Polizei zum Thema (ab 16. Mai).
Neuer Zirkus Nach dem Start mit einem großen Volksfest am 1. Mai und der literarischen Eröffnungsrede, die am 3. Mai die zuletzt mit dem Kleist-Preis ausgezeichnete Autorin und Übersetzerin Esther Kinsky im Ruhrfestspielhaus hält, gebührt erstmals dem Genre Neuer Zirkus die Ehre der Eröffnungsvorstellung. Die australische Kompanie Gravity & Other Myths zeigt als Deutschlandpremiere „The Pulse“, eine Show mit der spektakulären Besetzung von 24 Akrobaten und dem Frauenkonzertchor der Chorakademie Dortmund (ab 4. Mai).
Tanz Die Sparte Tanz blüht weiter auf: Ein internationaler Dauerbrenner ist „Dancing Grandmothers“der südkoreanischen Tanz-Koryphäe Eun-Me Ahn. Auf einer Recherchereise im Jahr 2010 ging sie auf Großmütter mit der Bitte zu, für sie zu tanzen. Mit ihrer Kompanie entwickelte sie daraus eine bunte und lebensfrohe Show (ab 16. Mai). Als Deutschlandpremiere ist das preisgekrönte Stück „Mass Effect“aus Dänemark zu Gast. Ein Kollektiv oder eine Gruppe einzelner, aktiver Körper lotet darin die Grenzen der Erschöpfung, des Raumes und des menschlichen Wirkens darin aus (ab 20. Mai).