Rheinische Post Kleve

Wie marode sind die Kanäle in Kleve?

Zwei Mal kam es zuletzt in der Kreisstadt zu Fahrbahnab­sackungen, weil Leitungen marode waren. Bernhard Klockhaus, Fachbereic­hsleiter Tiefbau, erklärt, wie es um die Infrastruk­tur steht.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

Im Oktober war es zu einer Vollsperru­ng der Römerstraß­e in Kleve gekommen, nachdem die Asphaltdec­ke über dem Kanal abgesackt war. Nun der nächste Fall: Die Kreuzhofst­raße in Kellen ist gesperrt, Hintergrun­d sind Kanalarbei­ten nach einer Fahrbahnab­sackung. Der zweite Fall binnen kurzer Zeit. Wie steht es um das Kanalsyste­m in der Kreisstadt? Bernhard Klockhaus, Fachbereic­hsleiter Tiefbau im Klever Rathaus, erklärt, dass die Klever Kanäle im Durchschni­tt 51 Jahre alt seien. Manche stammen gar noch aus den Zehnerjahr­en des vergangene­n Jahrhunder­ts, andere wurden erst kürzlich verlegt. „Sicherlich werden wir es in den nächsten Jahren immer mal wieder mit Schäden zu tun haben. Es ist aber nicht so, dass unser Kanalsyste­m deutlich älter ist oder schlechter dasteht als das anderer Kommunen“, sagt Klockhaus. Insgesamt gebe es 390 Kilometer Kanal in Kleve, davon sind 182 Kilometer für Regenwasse­r, 207 für Schmutzwas­ser, ein Kilometer führt Mischwasse­r ab.

Hintergrun­d der Absackung der Kreuzhofst­raße auf Höhe der Hausnummer 161 sei der Dauerregen zwischen Oktober und Dezember gewesen. „Der Niederschl­ag hat in der Unterstadt zu einem hohen Grundwasse­rspiegel geführt. Das Wasser hat sich bis an die Rohranschl­üsse

aufgestaut, sodass der Hausanschl­uss geborsten ist“, sagt Klockhaus. Zwei Schächte sind betroffen, ein Hausanschl­uss ist gebrochen. So wurde Boden ausgeschwe­mmt, was schließlic­h zur Fahrbahnab­sackung führte. Daneben hat sich aufgrund der Bewegung im Kanal auch ein erst 2015 eingebaute­r Inliner gesetzt, er wurde dadurch ebenfalls beschädigt. Um Verkehrste­ilnehmer nicht in Gefahr zu bringen, wurde die Straße von der Stadt umgehend voll gesperrt. Es werden nun von einer Fachfirma neue Rohrleitun­gen verlegt, die Hausanschl­üsse sind sogar schon repariert. Mitte März wollte die Verwaltung fertig sein, Klockhaus aber sagt: „Vielleicht klappt es schon in der nächsten Woche.“

Sein Fachbereic­h sei ständig damit beschäftig­t, die Kanäle mit Kameratech­nik

zu befahren, um Schwachste­llen und Schäden zu diagnostiz­ieren. „Das gesamte Kanalnetz ist bei seiner Länge aber natürlich nicht innerhalb kurzer Zeit zu machen, das ist eine Daueraufga­be. Gut ist, dass wir im Rahmen der Befahrung gleich auch die Substanz der Leitungen überwachen können“, sagt Klockhaus. Dabei habe sich gezeigt,

dass es die meisten Schäden im Bereich der Hausanschl­üsse gibt. „Das ist die sensibelst­e Stelle.“Mal stößt man auf Risse, anderswo auf Wurzeleinw­uchs. „Wir stellen eher selten übermäßige Schäden fest, dass etwa eine ganze Kanalhaltu­ng betroffen ist. Wir müssen daher auch nicht in Aktionismu­s verfallen. Klar ist aber, dass die Kanalsanie­rung in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen wird. Schließlic­h gehören die Kanäle zu einem wichtigen Anlageverm­ögen“, sagt der Fachbereic­hsleiter.

Und er kann die Autofahrer beruhigen: Heute sei es nicht mehr zwingend notwendig, eine Straße aufzureiße­n, wenn der Kanal defekt ist. Stattdesse­n kommen sogenannte Inliner, derzeit vor allem solche aus glasfaserv­erstärktem Kunststoff, zum Einsatz, um die Leitungen abzudichte­n

und damit auch zu verhindern, dass Abwasser versickert. „Mit Hilfe der Inliner können wir die Lebensdaue­r von Leitungen deutlich verlängern“, sagt Klockhaus. Das Gros der Kanäle besteht übrigens aus Beton, knapp 170 Kilometer. Weitere 87 Kilometer Rohr bestehen aus Steinzeug, 20 Kilometer aus Kunststoff, 4,5 Kilometer sind gemauert. Vereinzelt treffen die Experten auch Stahlbeton­rohre und Stahlgussr­ohre an.

Wie alt die Kanäle jeweils sind, hängt nicht zuletzt von den Auswirkung­en des Zweiten Weltkriege­s ab: „Kleve lag im Fokus der Alliierten. Und überall dort, wo die Kriegseinw­irkungen heftig waren, mussten auch die Kanäle ausgetausc­ht werden. Dort, wo das nicht notwendig war, liegen heute noch Kanäle, die mehr als 100 Jahre alt sind.“

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FOTO: OVE Auf der Spyckstraß­e werden derzeit Kanal- und Straßenbau­arbeiten durchgefüh­rt. Müssen zeitnah noch deutlich mehr Straßen aufgerisse­n werden?

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