Das Versagen der Tarifpartner
Die neue Streikankündigung der Lokführergewerkschaft GDL ist ein Schlag ins Kontor vieler Reisender und Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs, auch und gerade des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Und die Arbeitsniederlegungen von Verdi im ÖPNV und die des Lufthansa-Personals kommen ja noch obendrauf. 35 Stunden soll der nächste Streik der GDL dauern, weil man die 35-Stunden-Woche fordert. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Am Ende schneiden sich alle Beteiligten mit ihrem tarifpolitischen Harakiri ins eigene Fleisch, weil man Bahnfahrer immer mehr verprellt. Erst recht, wenn in den Osterferien auch noch gestreikt werden sollte.
Wer freilich als Tarifpartner nicht in der Lage ist, in einem vier Wochen langen Mediationsprozess vernünftige Lösungen zu finden, der hat seine Aufgabe nicht verstanden. Zur Ehrenrettung der Gewerkschaft muss man allerdings anführen: Im Bahntower sitzen nicht allein die Guten. Denn die Beschäftigten baden aus, wie das Unternehmen in den vergangenen Jahren abgewirtschaftet wurde. Umso mehr ist jetzt die Politik gefragt. Der Bund ist schließlich Eigentümer der Bahn und hat sich zuletzt zu sehr einen schlanken Fuß gemacht mit dem Verweis auf die Tarifautonomie.
Eine Schlichtung ist umso dringender, als der neue Streik symbolisch steht für die derzeitige Gesamtlage. Er trifft auf eine frustrierte Grundstimmung, die lautet: Vieles liegt im Argen, kaum etwas funktioniert noch. Und diese Haltung wird sich weiter verstärken. Die Ampelkoalition selbst muss also ein Interesse daran haben, dass Bahn und GDL endlich auf einen Nenner kommen. Und weil darüber hinaus die Auswirkungen des Konflikts inzwischen so immens sind, sollte sich der Bundeskanzler endlich höchstpersönlich einschalten und zum Gespräch bitten – ohne dabei freilich selbst tarifpolitisch Harakiri zu begehen.