Rheinische Post Kleve

Das Versagen der Tarifpartn­er

- VON HAGEN STRAUSS

Die neue Streikankü­ndigung der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL ist ein Schlag ins Kontor vieler Reisender und Nutzer des öffentlich­en Nahverkehr­s, auch und gerade des Wirtschaft­sstandorts Deutschlan­d. Und die Arbeitsnie­derlegunge­n von Verdi im ÖPNV und die des Lufthansa-Personals kommen ja noch obendrauf. 35 Stunden soll der nächste Streik der GDL dauern, weil man die 35-Stunden-Woche fordert. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Am Ende schneiden sich alle Beteiligte­n mit ihrem tarifpolit­ischen Harakiri ins eigene Fleisch, weil man Bahnfahrer immer mehr verprellt. Erst recht, wenn in den Osterferie­n auch noch gestreikt werden sollte.

Wer freilich als Tarifpartn­er nicht in der Lage ist, in einem vier Wochen langen Mediations­prozess vernünftig­e Lösungen zu finden, der hat seine Aufgabe nicht verstanden. Zur Ehrenrettu­ng der Gewerkscha­ft muss man allerdings anführen: Im Bahntower sitzen nicht allein die Guten. Denn die Beschäftig­ten baden aus, wie das Unternehme­n in den vergangene­n Jahren abgewirtsc­haftet wurde. Umso mehr ist jetzt die Politik gefragt. Der Bund ist schließlic­h Eigentümer der Bahn und hat sich zuletzt zu sehr einen schlanken Fuß gemacht mit dem Verweis auf die Tarifauton­omie.

Eine Schlichtun­g ist umso dringender, als der neue Streik symbolisch steht für die derzeitige Gesamtlage. Er trifft auf eine frustriert­e Grundstimm­ung, die lautet: Vieles liegt im Argen, kaum etwas funktionie­rt noch. Und diese Haltung wird sich weiter verstärken. Die Ampelkoali­tion selbst muss also ein Interesse daran haben, dass Bahn und GDL endlich auf einen Nenner kommen. Und weil darüber hinaus die Auswirkung­en des Konflikts inzwischen so immens sind, sollte sich der Bundeskanz­ler endlich höchstpers­önlich einschalte­n und zum Gespräch bitten – ohne dabei freilich selbst tarifpolit­isch Harakiri zu begehen.

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