„Ich bin von Herzen dankbar“
Simone Appenzeller startete einen Spendenaufruf, um ein behindertengerechtes Auto für ihre Tochter Laura zu finanzieren. Was die Familie daraufhin erlebte, war eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft.
Wenn Simone Appenzeller über die Ereignisse der vergangenen Wochen spricht, fehlen ihr häufig die Worte. „Es ist einfach unglaublich. Dass so viele Menschen uns unterstützen, hätte ich nie gedacht“, sagt sie. Über eine Spendenkampagne wollten Simone und Andreas Appenzeller etwas Geld für ein behindertengerechtes Auto für ihre Tochter Laura sammeln. Laura hat das Rett-Syndrom und dadurch eine geistige und körperliche Behinderung, ist auf einen Rollstuhl und Pflege angewiesen. Die bisherige Transportpraxis ist für die Familie aus Uedem nicht mehr tragbar, ein größeres, speziell umgebautes Auto muss her. Das kostet um die 75.000 Euro – eine Summe, die die Appenzellers nicht allein stemmen können. Auf zehn-, vielleicht 20.000 Euro Spenden hatte die Familie gehofft. Dass nach zehn Tagen 45.000 Euro zusammengekommen sind, überwältigt sie.
„Es ist einfach Wahnsinn, was sich daraus ergeben hat“, sagt Appenzeller. Fremde Menschen hätten sich bei ihnen gemeldet und sie bestärkt. Vereine vor Ort und im Kreis
haben Spenden gesammelt, die St. Stephanus Gilde Kessel ihr Fastenessen Laura gewidmet. „Dass die ganze Gemeinde hinter uns steht und uns so unterstützt, ist einfach schön“, sagt Appenzeller. Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen finanzielle Engpässe erleben, sei ein solches Engagement alles andere als selbstverständlich. Online und vor Ort haben sich über 1000 Menschen an der Aktion beteiligt, schätzt Appenzeller. „Ich bin von Herzen dankbar, dass so viele Menschen mit uns fiebern und den Aufruf geteilt haben. Und natürlich, dass so viele gespendet haben“, sagt sie.
Andere, auch fremde Menschen um Hilfe zu bitten, ist der Familie dabei alles andere als leicht gefallen. „Eine Stunde saß ich vor dem Aufruf, bis ich ihn überhaupt mit irgendwem geteilt habe. Ich dachte nur: Du kannst das nicht machen, kannst kein Bittsteller sein“, sagt Appenzeller. Schließlich habe sie sich aber überwunden. Denn die bisherige Situation, wie Laura im Auto mitfährt, könne keine Dauerlösung mehr sein. Jedes Mal, wenn die Familie mit Laura unterwegs ist, muss sie erst zu Hause in den Rollstuhl, dann am Auto in den Rehasitz gehoben werden – vor Ort das gleiche Spiel dann umgekehrt. „Laura wird mehr getragen als alles andere. Das tut ihr weh und irgendwann auch uns“, sagt Appenzeller. Schließlich wachse die fast 15-Jährige und wird schwerer, durch eine Wirbelsäulenversteifung aufgrund einer schweren Skoliose kann sie ihren Rücken nicht beugen. Auch der Rollstuhl muss jedes Mal ins Auto gehoben werden. Die Lösung wäre ein größeres, speziell für Lauras Bedürfnisse umgebautes Auto. In das sie im Rollstuhl über eine Rampe geschoben werden könnte und das genug Platz für Notfälle, die Versorgung im Auto, aber auch Komfort auf langen Strecken, etwa zum Spezialisten nach Hamburg, biete.
„Wir haben uns vorher über die Umbaumaßnahmen und Fördermöglichkeiten informiert und waren da eigentlich noch ganz optimistisch“, erinnert sich Appenzeller. Als dann klar wurde, dass die speziellen Umbauten nicht in ihren bisherigen VW-Bus, sondern nur in eine Mercedes-V-Klasse passen und die als Gebrauchtwagen auch nicht älter als vier Jahre sein darf, bewegten sich die Kosten plötzlich zwischen 50.000 und 55.000 Euro – plus Umbau, für den noch mal gut 20.000 Euro dazukommen.
„Uns geht es gut, vieles wuppen wir über die Jahre allein. Aber diese 75.000 Euro zu stemmen, ist einfach nicht möglich“, sagt Simone Appenzeller. Auch andere Hilfs- und Fördermöglichkeiten hatte die Familie im Vorfeld der Spendenaktion ausgelotet. Der Kreis prüfe gerade, inwiefern der Umbau des Autos gefördert werden könne. Auch der Verein Traber-Herz, der Kinder und Jugendliche unterstützt, will bei den Umbaukosten helfen. Was neben Spenden und Förderung übrig bleibt – dazu zählen auch Folgekosten
– wollen die Appenzellers allein tragen.
Im Kontakt mit einem Autohaus im Umkreis hat die Familie inzwischen auch ein passendes Auto gefunden, das für Laura umgebaut werden könnte. Erst wenn der Kauf unter Dach und Fach ist, kann auch der Umbau in Angriff genommen werden. Bis die nötigen Teile geliefert und verbaut sind, könnte es Juni oder Juli werden, schätzt Appenzeller. Auf diese Zeit freut sie sich aber schon heute. Über eine Rampe würde das Ein- und Aussteigen wesentlich schneller und schmerzfrei funktionieren, kurze Fahrten könnte Laura angeschnallt im Rollstuhl verbringen. Auch gäbe es einen speziellen Sitz für lange Fahrten, der auf ihre Skoliose und die Wirbelsäulenversteifung angepasst ist. „Vieles wird einfacher“, fasst Appenzeller in einem Satz zusammen.