Rheinische Post Kleve

Das Kalkül der Hasspredig­er

- VON MEY DUDIN

Der Terrorangr­iff nahe Moskau erinnert an eine Zeit vor etwa zehn Jahren, als Anhänger der Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (kurz: IS) tödliche Attacken auf Weihnachts­märkte, Konzertsäl­e, Bars und Restaurant­s in Europa verübten. Am Sonntag war noch nicht endgültig klar, ob der IS tatsächlic­h hinter dem jüngsten Angriff steckt. Jedenfalls reklamiert­en die Dschihadis­ten die Bluttat für sich. Und dieser Angriff lässt auch hierzuland­e wieder die Debatte über die Bedrohungs­lage aufflammen. So bleibt nach Einschätzu­ng von Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser die Gefahr durch islamistis­chen Terrorismu­s akut.

Tatsächlic­h ist die Lage ernst. Deutschlan­d ist durch die nach außen demonstrie­rte deutliche Haltung zu Israel und vor allem durch Verbote von Gaza-Demonstrat­ionen in islamische­n Ländern aufgefalle­n. Außerdem steht in ein paar Monaten ein Großereign­is bevor: die Fußball-Europameis­terschaft. In jüngster Zeit aber wurden Anschläge in Deutschlan­d oft nur durch Hinweise ausländisc­her Geheimdien­ste verhindert – was bei vielen Bürgern das ungute Gefühl hervorruft, dass die deutschen Sicherheit­sdienste bei diesem Thema nicht gut aufgestell­t sind. Die Innenminis­terin muss also schnell zeigen, dass die Behörden mit diesen Gefahren umgehen können.

Ein ungutes Gefühl kann man auch bekommen, wenn man sieht, dass Jugendlich­e auf Tiktok auf der Suche nach Identität und Akzeptanz oft bei Extremiste­n landen. Den Zugang zu Jugendlich­en finden islamistis­che Rattenfäng­er über Kriege wie in Afghanista­n, in Syrien und im Nahen Osten. Brutale Anschläge sind Teil der perfiden Strategie radikaler Islamisten, deren Zielgruppe vor allem muslimisch­e Jugendlich­e sind. Hier muss der Staat ebenfalls wachsam bleiben. Hasspredig­ern gegenüber darf es keine falsche Toleranz geben. Denn die wissen genau, was sie tun.

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