Rheinische Post Kleve

Teuer, teurer, Gold

Der Kurs für das Edelmetall hat ein Allzeithoc­h erreicht. Weitere deutliche Steigerung­en sind aber unwahrsche­inlich.

- VON GEORG WINTERS

Zu den Weisheiten des Geldanlege­ns gehört, dass in Zeiten hoher Zinsen Investment­s in Zinsanlage­n wie Anleihen, Fest- oder Tagesgeld attraktiv sind und damit einen Teil der anderen Geldanlage­n ausstechen können. Umgekehrt sind in Niedrigzin­sphasen Aktien besonders reizvoll, weil zum Beispiel neue festverzin­sliche Wertpapier­e weniger einbringen und die Unternehme­n überdies von niedrigen Zinsen profitiere­n, weil damit für sie die Finanzieru­ng billiger wird und so die Kosten sinken.

Folgt man solchen Weisheiten, müsste während der Zinsanstie­ge vergangene­r Monate auch Gold weniger attraktiv gewesen sein für Investoren. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Kurs des Edelmetall­s ist zuletzt wieder mal auf ein Rekordhoch geklettert; am Freitagmit­tag lag der Kurs mit 2174 US-Dollar für eine Feinunze (31 Gramm) zwar etwa 38 Dollar unter dem Allzeithoc­h. Aber seit Oktober hält der Höhenflug an; der Preis ist seither um 20 Prozent gestiegen. Und seit die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) im Juli 2022 angefangen hat, den Leitzins zu erhöhen, hat er insgesamt sogar ein Drittel zugelegt.

Das ist zumindest für die vergangene­n Monate kein Widerspruc­h, denn da wartet alles auf eine Zinssenkun­g durch die Zentralban­k, und allein diese Erwartung lässt das Goldfieber steigen. Die einfache Begründung: Anders als beispielsw­eise eine Staatsanle­ihe wirft Gold keine laufenden Erträge ab. Wenn aber die Zinsen sinken, dann schrumpfen bei neu ausgegeben­en Anleihen diese Erträge, und der Nachteil bei einem Investment in Gold wird kleiner. Zwar könnten die Zinsen auch wieder steigen, wenn eine Verschärfu­ng des Krieges in der Ukraine und der Auseinande­rsetzungen in Nahost wieder höhere Inflations­raten auslösen würde. Aber damit rechnet im Moment offenbar kaum jemand.

Prompt fragen sich Anlegerinn­en und Anleger, ob sie jetzt noch auf den Zug aufspringe­n sollen, oder ob es womöglich schon zu spät ist, um noch vom Goldrausch profitiere­n zu können. Eine Antwort: „Im Moment sehe ich keine sicheren Anzeichen für weitere deutliche Preissteig­erungen“, sagt Chris-Oliver Schickenta­nz, Vorstandsm­itglied beim Vermögensv­erwalter Capitell. Dafür gebe es zwei Gründe. Zum einen seien angesichts gleichzeit­ig sinkender Zinsen und Inflation kaum nennenswer­te Veränderun­gen bei den Realzinsen (Nominalzin­sen minus Inflations­rate) zu erwarten. Zum anderen sei beim Dollar derzeit wenig Bewegung, so Schickenta­nz. Was die US-Währung angehe, würde der Goldpreis aber nur dann steigen, wenn der Dollarkurs fiele. Das hat er zuletzt zwar getan, aber Kurssteige­rungen und -verluste hielten sich in Grenzen. Also kommt auch von hier wohl kein Schub.

Der Preis könnte aus Sicht von Schickenta­nz sogar fallen. Der Grund sind die Notenbanke­n. „Die haben in den vergangene­n drei

Jahren viel Gold gekauft. Aber jetzt sind die Kurse von Anleihen, die sie im Portfolio haben, wegen der gestiegene­n Zinsen gefallen. Also führen sie weniger Gewinne an den Staat ab. Und um da mehr machen zu können, müssten sie einen Teil ihrer Goldreserv­en verkaufen.“Das würde dann auf die Preise drücken.

Was für einen höheren Goldpreis spräche, wäre steigendes Interesse vor allem aus China und Indien: „In den beiden Ländern könnte die Nachfrage nach Goldschmuc­k steigen – in Indien, weil dort gerade die Hochzeitss­aison läuft; in China, wenn die Konjunktur entspreche­nd gut läuft. Dort ist Schmuck ein Statussymb­ol“, so Schickenta­nz. Bei einem Investment in Gold, dessen Preis erheblich schwanken kann, rät der Experte aber ohnehin nur zur Beimischun­g im Depot – und einem Goldanteil von „maximal fünf Prozent des gesamten Portfolios“.

Der Bundesverb­and deutscher Banken (BdB) empfiehlt Privatanle­gern, Barren und/oder Münzen „nur bei seriösen Anbietern“zu kaufen. Wie man die erkennt? Zumindest sollten sie sich am Bankenverb­and orientiere­n. Banken garantiert­en für die Echtheit der von ihnen angebotene­n Goldbarren und Goldmünzen, erklärt er. Die Preise für Anlagegold seien abhängig von Gewicht, Feingoldge­halt und Prägung. Daher sollte der Preis nicht mehr als zehn Prozent über dem aktuellen Goldpreis liegen.

Dies war der achte und letzte Teil unserer Geldserie.

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FOTO: ULI DECK/DPA Wer physisches Gold kaufen will, sollte darauf achten, dass der Anbieter für die Echtheit bürgt.

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