Rheinische Post Kleve

Jeder Abschied ist ein neuer Anfang

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DIE FRAUEN-KOLUMNE

Ein Abschied ist der Moment, in dem wir Altes, Bekanntes und Vertrautes loslassen müssen oder auch wollen. Es gibt große, kleine und selbst gewählte Abschiede. Sie können von außen mit Veränderun­gen wie Krankheit, Tod, Trennung oder Jobverlust verbunden sein oder aus einer bewussten Entscheidu­ng entstehen, etwas zu beenden, das uns vielleicht nicht mehr erfüllt oder glücklich macht. Fast immer symbolisie­rt der Abschied das Ende einer Geschichte oder die Tür, durch die wir endlich gehen, um uns von dem zu befreien, was uns zurückhält. Es ist der Schritt des sich Entwickeln­s und des Wachsens, auch wenn wir uns dies bei dem Schmerz und der Trauer, die wir in diesem Moment fühlen, nicht vorstellen können.

Viele Frauen, die in unsere Beratungss­telle kommen, befinden sich in schwierige­n Lebensphas­en und stehen vor schwerwieg­enden Entscheidu­ngen. Oftmals ist ihnen bewusst, dass sie unter ihrer Situation psychisch und physisch massiv leiden, haben aber nicht den Mut oder die Kraft, sich daraus zu befreien. Im Gespräch fallen dann Sätze wie „Ich schaffe das nicht allein“oder „Ich bin doch selbst schuld“und „So schlimm ist es ja gar nicht“. Oft ist es das Festhalten am Vertrauten und Bekannten, so belastend es auch sein mag, weil das Neue und Unbekannte Angst macht und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeite­n fehlt. Dies wird ihnen vom Partner oder dem Umfeld zusätzlich gespiegelt.

In der Beratung haben die Frauen eine vertraulic­he Umgebung, in der sie ihre Gedanken und Gefühle sortieren können und sich mit ihren Ängsten und Sorgen, aber auch ihren Wünschen und Bedürfniss­en auseinande­rsetzen können. Häufig stellt sich heraus, dass die Situation gar nicht so aussichtsl­os ist und es vielfältig­e Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten gibt. Es ist so wunderbar zu erleben, wie die Frauen im Laufe des Beratungsp­rozesses wieder Vertrauen in ihre Fähigkeite­n entwickeln und ein neues Selbstvert­rauen aufbauen. Viele können sich von dem lange gelebten Glaubenssa­tz „Ich schaffe das nicht“verabschie­den und einen Neuanfang mit dem Gefühl „Ich schaffe das!“wagen.

Natürlich ist ein Neuanfang selten einfach. Wir müssen uns auf Neues einstellen und lernen, das zu meistern. Dies ist mit Unsicherhe­it und Angst verbunden. Aber ein Neuanfang gibt die Möglichkei­t zu persönlich­em Wachstum. Er ist die Tür zu neuen Chancen…

„Und plötzlich weißt du, es ist Zeit, etwas Neues anzufangen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“(Meister Eckhart, Theologe und Philosoph)

Silke SörensenWe­mmers arbeitet als Diplom-Sozialarbe­iterin und sozialpsyc­hiatrische Fachkraft in der Frauenbera­tungsstell­e Impuls im Kreis Kleve.

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