Start für Reeser Bauprojekt verzögert sich
Dass eines der größten Bauvorhaben der vergangenen Jahre ins Stocken geraten ist, hat gleich mehrere Gründe. Der Projektentwickler hat den Grundstückspreis für das Areal Friedburg nun neu verhandelt. Ein Co-Investor soll helfen.
(rey) Die Not in der Baubranche ist schon ziemlich groß. Davon kann Projektentwickler Michael Kemkes ein Lied singen. Seit 2020 plant der 59-Jährige das Baugebiet Friedburg, will dort 56 Doppel- und Einfamilienhäuser bauen. Dann kam Corona, der russische Angriff auf die Ukraine, die hohe Inflation und gestiegene Zinsen: „Das war zu viel auf einmal“, sagt der Reeser. Jetzt soll es aber weitergehen. Kemkes: „Wir sind guter Hoffnung, das Projekt mit einem Co-Investor umzusetzen.“
Denn dass solch ein Vorhaben, das wahrscheinlich seit vielen Jahren das zweitgrößte Baugebiet im Stadtgebiet sein dürfte, in diesen schwierigen Zeiten enorme Probleme aufwirft, dürfte klar sein. Gerade weil auch die Banken enorm vorsichtig geworden sind, weiß Kemkes. Immerhin geht es um ein rund 20 Millionen Euro umfassendes Vorhaben.
Deshalb habe er jetzt auch vor, dass seine Firma, die RSE Bau GmbH, die 44 Doppelhaushälften bauen und vermarkten wird, der CoInvestor die zwölf Einfamilienhäuser. „Das ist besser zu stemmen“, erklärt der Unternehmer. Der zudem sehr zufrieden ist, dass er mit der Familie, der das Grundstück gehört, erfolgreich einen neuen Kaufpreis vereinbart hat. „Dadurch können wir jetzt die Preise für die Häuser mit Blick auf die gestiegenen Baukosten sowie die höheren Zinsen neu kalkulieren.“Dafür sei er der Eigentümer-Familie des Grundstücks sehr dankbar.
Nach Ostern wird sich Michael Kemkes mit den zuständigen Stellen der Reeser Stadtverwaltung zusammensetzen, um sich in der sogenannten zweiten Anhörung über noch offene Fragen seitens der Stadt zu unterhalten. „Wenn alles geklärt ist, könnten wir dann Ende des Jahres einen rechtskräftigen Bebauungsplan haben“, hofft er. Danach dürfte dem Baustart eigentlich nichts mehr im Wege stehen.
Immerhin hat die BSE Bau für das geplante Vorhaben eine Warteliste von über 100 Interessierten. „Die werden aber verständlicherweise nicht mehr alle dabei sein“, ist er sich sicher. Denn viele könnten die höheren Kosten seit Planungsbeginn wohl nicht mehr bezahlen.
Kosteten die Doppelhaushälften vor drei Jahren zunächst um die 400.000 Euro, liegen sie jetzt je nach Ausstattung etwa zwischen 400.000 und 450.000 Euro. Klar ist: Sobald der Bebauungsplan rechtskräftig ist, will die RSE Bau Kontakt zu den vermerkten Interessenten aufnehmen. „Denn erst dann können wir sagen, wie teuer die Doppelhaushälften sein werden“, erklärt der Investor.
Und auch erst dann steht der Abriss der alten Hallen auf dem Gelände der früheren Firma an, die damals Sekt, aber auch Säfte abgefüllt hat. Die teils baufälligen Hallen sind besenrein, alle notwendigen Gutachten liegen vor, sagt Michael Kemkes. Mit Altlasten habe man bei den Gebäuden, die nach dem Krieg
INFO
20.000 Flaschen pro Tag verließen Gut Friedburg Historie Die Sektkellerei Gut Friedburg wurde von 1973 bis 2002 von der Familie Müller betrieben. Marken wie „HochElten“, „Heppenstein“oder „Schloss Raveneck“verließen damals die Abfüllanlage.
Umfang 20.000 bis 30.000 Flaschen wurden pro Tag produziert. Hauptsächlich Sekt, daneben produzierte die Kellerei aber auch Bowle oder Glühwein.
errichtet wurden, nicht zu tun.
Froh ist der Projektentwickler, dass er in Rees – anders als etwa bei einem geplanten Projekt in Duisburg – wegen der nicht nötigen weiten Anfahrt für hiesige Handwerksbetriebe, mit denen er zusammen arbeitet, mit geringeren Kosten zu tun hat. „Auch die Baubetreuung durch unser Büro ist unkomplizierter, weil das Baugebiet direkt vor der Haustüre liegt“, sagt Kemkes, der schier verzweifelt, wenn er an sein aktuelles Vorhaben in Duisburg denkt. Vier Einfamilienhäuser will er dort errichten – was aber daran scheitert, dass die zuständigen Sachbearbeiter in der dortigen Stadtverwaltung sich außer Lage sehen, die notwendigen Anträge zeitnah zu bearbeiten. Und das bei der Not auf dem Wohnungsmarkt – und in der Baubranche: Denn 2023 war auch für die sieben Mitarbeiter der RSE Bau, die es seit 2005 gibt, wahnsinnig belastend. Kemkes sagt: „Wir alle, auch die Gesellschafter, haben uns außerordentlich engagiert und für mehrere Monate auf 20 Prozent unseres Gehaltes verzichtet – alle freiwillig.“
Einen kleinen Silberstreif am Horizont sieht er dennoch: Die Baukosten steigen nicht mehr, auch weil viele Handwerksbetriebe nicht mehr ausgelastet sind. Die Zinsen sinken endlich wieder, die Inflation auch. Das, so sagt er, lasse zumindest auf etwas bessere Zeiten für die Branche hoffen.