Rheinische Post Kleve

Nachdenkli­ches passend zur Karwoche

Ein Künstler aus Geldern hat der Diakonie des Kirchenkre­ises aus alter Verbundenh­eit einen gemalten Kreuzweg mit 15 Stationen geschenkt. Wie es dazu kam und wo man die Bilder betrachten kann.

- VON ANJA SETTNIK

Es ist ein Fall von Win-Win: Ein Künstler, der sein Atelier aufgab, hat einen Platz für einen Teil seiner Bilder gefunden, und die Diakonie im Kirchenkre­is Kleve kann nicht nur ihre weißen Wände ansprechen­d aufwerten, sondern bei Bedarf auch mit Menschen über die Inhalte sprechen oder die Arbeiten ausleihen, wenn etwa eine Kirchengem­einde Interesse am Thema hat. Der in Geldern lebende Kunstpädag­oge Hansjörg Krehl, der lange Zeit in Krefeld und zuletzt in Linn seine Arbeiten zeigte, kennt Pfarrer Joachim Wolff noch aus der Zeit, als er für die evangelisc­he Kirche in Wesel-Büderich einen Kreuzweg schuf (und Wolff dort Pfarrer war). Vor kurzem trafen sich die beiden Männer wieder, und Wolff wurde eine Schenkung angeboten. „Da musste ich erst ein paar Tage drüber nachdenken, denn mit einem Geschenk geht man auch eine Verantwort­ung ein. Aber die Reihe passt zu uns und wird gerade in der Karwoche bestimmt auch zum Nachdenken anregen.“

Neu gerahmt wurden die 15 Bilder in der zweiten Etage des Gocher Diakonie-Gebäudes aufgehängt. Die Mitarbeite­r des Hauses, aber auch interessie­rte Besucher können sich mit ihnen auseinande­rsetzen. Denkanstöß­e hat Krehl selbst geliefert. Nicht nur durch seine weitgehend abstrakten Gemälde und Zeichnunge­n, auf denen immer ein Kreuz im Mittelpunk­t steht, sondern auch durch einige Beschriftu­ngen und grafisch gestaltete Wortfetzen. Schlüsselw­örter wie „Urteil“, „Fallen“, „Mutter“oder „Grab“helfen nicht nur bei der Zuordnung der biblischen Inhalte, sie nehmen auch Bezug auf viele Themen, mit denen heutige Menschen zu tun haben. Pflegende, Betreuende, Geistliche, aber genauso jedermann: „Wer ist

nicht schon unter der Last seines Kreuzes gefallen, weil er eine Situation nicht mehr aushielt? Wer kennt nicht schmerzhaf­te Abschiede, die Notwendigk­eit, loszulasse­n? Zum Glück gibt es Menschen, die helfen, wenn der andere bereit ist, Hilfe anzunehmen. Wir erfahren auch Hilflosigk­eit, Mitleid, Trauer und Ausweglosi­gkeit, dann wieder Verzeihen, Ertragen und Trost“, fasst der Pfarrer zusammen. Zum Glück hat der Künstler einen Kreuzweg mit

15 Stationen geschaffen, denn die letzte Station (die oft weggelasse­n wird) ist das, wohin sich alles entwickelt und was den christlich­en Glauben ausmacht: Am Ende wartet die Auferstehu­ng, da ist das Kreuz in hoffnungsf­rohem Gelb gestaltet.

In der evangelisc­hen Kirche gehört der Kreuzweg nicht so dazu wie in katholisch­en Gotteshäus­ern. „Erst in den 70-er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts entwickelt­e sich der Jugendkreu­zweg. Heute

sind Passionsan­dachten üblich, eine Betrachtun­g des Leides Jesu bis zum Karfreitag. Oft werden dazu auch Bilder herangezog­en. Einen kompletten Kreuzweg aufzuhänge­n ist jedoch unüblich.

Der Protestant Hansjörg Krehl hatte vor gut 20 Jahren dennoch den Wunsch, einen solchen zu schaffen und im Rahmen der „Kunst und Kulturkirc­he“zu zeigen. „Ich habe dafür ein Jahr lang recherchie­rt, mich richtig in das Thema hinein gebissen“,

erzählt er. Gerade die Möglichkei­t, die Themen in die Jetztzeit zu transporti­eren, Fragen zu stellen und individuel­le Antworten zu suchen, hatte es ihm damals angetan. Und es funktionie­rt noch heute. Eine weitere Ausstellun­g seiner Bilder gibt es übrigens in der DiakonieDe­pendance in Geldern. Dort wird er demnächst auch mit ambulant betreuten Menschen künstleris­ch arbeiten, die ebenfalls ihre Werke vorstellen möchten.

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FOTOS. ANJA SETTNIK Pfarrer Joachim Wolff (links) kennt den Künstler Hansjörg Krehl schon lange. Der studierte Kunstpädag­oge schenkte der Diakonie des Kirchenkre­ises jetzt einen Bilderzykl­us, der in Goch zu sehen ist.
 ?? ?? Die meist weggelasse­ne 15. Station des Kreuzwegs: die Auferstehu­ng.
Die meist weggelasse­ne 15. Station des Kreuzwegs: die Auferstehu­ng.

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