Rheinische Post Kleve

„Cannabis ist nicht harmlos“

Am Montag wird Cannabis legal, Anbauverei­ne wie der Cannabis Club Kleve bereiten sich darauf vor. Vorsitzend­er Patrick van Heeck sieht darin die Chance, über die Droge aufzukläre­n und gesellscha­ftliche Verantwort­ung zu tragen.

- VON ANNA KIRSTEN

Am Ostermonta­g ist es nach langen und kontrovers­en Debatten so weit: Cannabis wird legal, gehört dann nicht mehr zu den durch das Betäubungs­mittelgese­tz verbotenen Substanzen. Jeder Volljährig­e darf dann maximal drei Pflanzen Cannabis für den Eigenbedar­f anbauen, bis zu 25 Gramm bei sich tragen sowie öffentlich konsumiere­n – zumindest, wenn keine Schulen, Kitas, Spielplätz­e oder Jugendeinr­ichtungen in der Nähe sind. Patrick van Heeck, der Vorsitzend­e des Cannabis Club Kleve, bezeichnet den 1. April als „historisch­en Tag“und als Chance, Cannabis und dessen Konsumente­n von einem Stigma zu lösen. Gleichzeit­ig sei die Legalisier­ung ein Auftrag, einen verantwort­ungsvollen Konsum vorzuleben.

Für den Klever Verein bedeute das, mehr zu sein als eine Anbau- und zukünftige Ausgabeste­lle von Cannabis. Mit Informatio­nsveransta­ltungen und Seminaren wolle man unter anderem über Cannabisko­nsum und dessen Folgen aufklären, zur Reflexion des eigenen Konsums anhalten und eng mit Suchtberat­ungsstelle­n und Psychologe­n zusammenar­beiten. „Cannabis ist nicht harmlos. Man muss vorsichtig sein und das Abhängigke­itspotenzi­al beachten“, sagt van Heeck. Die Illegalitä­t erziele aber auch nicht den gewünschte­n Effekt, die Zahl der Konsumente­n sei in den vergangene­n Jahren gestiegen, der Schwarzmar­kt groß.

Dem Vorsitzend­en liegt besonders der Jugendschu­tz am Herzen, er will hier Vorbild sein. „Ich habe Lehramt studiert und kann mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Auszubilde­nde oder gar Schüler konsumiere­n“, sagt van Heeck. Der Klever Verein gibt sich daher strengere Regeln, als es der Gesetzgebe­r vorsieht. So müssen Mitglieder mindestens 21 statt der vorgeschri­ebenen 18 Jahre alt sein. Volljährig­e unter 21 Jahren dürfen aber Seminare besuchen. Vor allem junge Mitglieder sollen Anreize bekommen, diese Seminare und Angebote regelmäßig zu besuchen. Wer Cannabis an Minderjähr­ige weitergibt, werde nicht nur vom Verein ausgeschlo­ssen, sondern eventuell auch angezeigt. „Da gibt es keine Toleranz“, sagt van Heeck.

Die jüngere Generation macht dabei einen eher geringeren Teil der Mitglieder aus. „Je mehr Mitglieder wir haben, desto weniger passt es zum Klischee“, sagt van Heeck. Die meisten seien zwischen 30 und 70 Jahre alt, im Schnitt etwa 35 bis 40 Jahre und berufstäti­g. „Ich freue mich sehr, dass unsere Mitglieder aus der Mitte der Gesellscha­ft kommen“, sagt der Vereinsvor­sitzende. Zu seiner Überraschu­ng hätten sich auch viele Ältere angemeldet. 200 Personen seien schon im Verein, von 80 würden gerade die Anträge geprüft.

Rechtlich erlaubt sind bis zu 500 Mitglieder. „Mit der Legalisier­ung haben wir mehr Anträge erhalten. Viele Leute haben wohl darauf gewartet und wollen jetzt die legale Alternativ­e wählen“, sagt van Heeck.

Auch für Menschen, die der Legalisier­ung kritisch gegenübers­tehen und sich etwa um ihre Kinder sorgen, habe er Verständni­s. Man wolle dem mit einem Informatio­nsangebot über den Club, Cannabis und dessen Folgen aufklären, Sorgen einordnen und mit Suchtberat­ungen zusammenar­beiten. „Die Leute

INFO

Jugendschu­tz im Cannabisge­setz

Konsum Allgemein ist der Konsum in Gegenwart Minderjähr­iger illegal. Der öffentlich­e Konsum ist etwa im Umkreis von 100 Metern zu Schulen, Kitas und Spielplätz­en verboten.

Anbau Kinder und Jugendlich­e dürfen keinen Zugriff auf die privat angebauten Pflanzen haben.

müssen uns nicht mögen, es reicht schon, wenn sie unser Anliegen verstehen“, sagt der 34-Jährige. Mit den verschiede­nen Maßnahmen will der Verein auch am Image der Cannabisko­nsumenten arbeiten – sie wollen bewusst nicht „Kiffer“genannt werden. „Wir sind kein Haufen dahergelau­fener Zottel, die nur rumhängen und konsumiere­n. Wir wollen Verantwort­ung übernehmen und langfristi­g ein fester Teil der Klever Gesellscha­ft sein“, sagt van Heeck.

Dass der Bundesrat das Gesetz Ende März nicht noch ausgebrems­t hat, hat selbst die Klever Community überrascht. Sie bereite sich nun intensiv auf die Legalisier­ung vor, bezieht schrittwei­se ein Vereinshei­m in Kleve. Auch Anträge für den Anbau als Verein würden derzeit vorbereite­t und nun schnellstm­öglich eingereich­t werden. Bis die Anbau- und Abgabearbe­it des Vereins losgeht, dauert es aber noch: Frühestens ab Juli darf der Verein auch Pflanzen anbauen, etwa drei Monate später – van Heeck rechnet mit Oktober – könnten sie dann Cannabis an ihre Mitglieder abgeben.

 ?? FOTO: ANNA KIRSTEN ?? Patrick van Heeck ist Vorsitzend­er des Cannabis Club Kleve, der sich im April vergangene­n Jahres gegründet hat. Der Verein will mehr sein als eine Abgabestel­le für Cannabis und zukünftig Aufklärung­sarbeit leisten.
FOTO: ANNA KIRSTEN Patrick van Heeck ist Vorsitzend­er des Cannabis Club Kleve, der sich im April vergangene­n Jahres gegründet hat. Der Verein will mehr sein als eine Abgabestel­le für Cannabis und zukünftig Aufklärung­sarbeit leisten.

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