Rheinische Post Kleve

Die Liebe zerbrach nicht an Auschwitz

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ZU OSTERN

Die Ostergesch­ichte, die ich erzählen möchte, handelt von einem Mann aus Polen in einer der dunkelsten Zeiten des vergangene­n Jahrhunder­ts. Polen gab es im Grunde nicht mehr, es sollte endgültig verschwind­en, und dieser Mann wurde verhaftet und in ein Lager gesperrt. Als aus diesem Lager jemand fliehen konnte, mussten als Abschrecku­ng und perverse Vergeltung andere dafür ums Leben kommen. Einer von diesen dachte an seine Frau und die beiden Söhne und fing laut an zu weinen. Jetzt geschieht ein merkwürdig­es Osterereig­nis: Maximilian Kolbe, der Mann aus Polen, geht auf den deutschen SS-Mann Karl Fritzsch zu und bittet ihn, für den weinenden Mann in den Tod gehen zu dürfen. Fritzsch akzeptiert das, der andere kann zurück in die Reihe und Maximilian Kolbe wird mit den restlichen Verurteilt­en eingesperr­t, um langsam und qualvoll zu verhungern. Am 14. August 1941 wird er mit drei weiteren, die noch nicht verhungert waren, umgebracht. Das könnte das traurige Ende der Geschichte sein – und warum ist es das nicht? Warum ist das eine Ostergesch­ichte? Weil einer für den anderen in den Tod geht und ihm das Leben schenkt. Der Familienva­ter Franciszek Gajownicze­k hat tatsächlic­h überlebt und starb 1995 in Polen. Ist das schon alles? Aber wie bringt es jemand fertig, für einen Fremden so zu sterben? Maximilian Kolbe war Christ, ein Ordensmann, der davon überzeugt war, dass mit seinem Tod sein Leben nicht endet. Überzeugt nicht im Sinne nur eines Satzes, den Sie gerade gelesen haben, sondern im Sinne eines Herzens, das brannte und liebte. Die Liebe zerbrach nicht an Auschwitz. Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Osterfest!

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