Rheinische Post Kleve

Warum der Bürgerbus die Fahrgäste stressen kann

Der Bürgerbus fährt seit 38 Jahren. Die Auslastung könnte besser sein. Gerade für den Gesundheit­spark ist er ein Segen

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(PZT) Eine Idee mit vielen Vorteilen, aber leider noch nicht in all seinen Möglichkei­ten genutzt: der Bürgerbus in Emmerich. In elf Touren pro Woche, zwei Touren am Tag, von Montag bis Freitag und samstagmor­gens können Bürger für einen Euro vom Gesundheit­spark über die Emmericher City bis zum Bahnhof fahren. Von hier geht es per Expressrou­te wieder zurück.

„Der Bürgerbus wird unterschie­dlich genutzt“, erzählt BürgerbusV­orsitzende­r Detlev Brinkmann. „Mal gut, mal weniger – aber er könnte tatsächlic­h deutlich besser genutzt werden.“

„Der Gesundheit­spark wird immer mehr angenommen“, weiß der 1. Vorsitzend­e. Gerade hier mache der Bürgerbus Sinn. „Hier wohnen mittlerwei­le auch viele ältere Menschen. Von dort gibt es mit dem Bürgerbus die Gelegenhei­t, schnell in die Stadt zu kommen. Und wieder zurück“, so Brinkmann. Warum bleibt die Nutzung dann hinter den Erwartunge­n zurück? Möglicherw­eise Unwissenhe­it, die Tageszeit spielt eine Rolle und ältere Menschen nutzen auch die von den Krankenkas­sen angebotene­n Taxifahrte­n.

Fahrgast Renate van Fürden (83) kommt direkt vom Gesundheit­spark. „Ich nutze den Bürgerbus fast jeden Tag – wenn ich gut drauf bin. Ich fahre dann zur Haltestell­e Kleiner Löwe.“Von dort macht sie einen Stadtbumme­l und kauft das

Nötigste ein. Dafür hat sie aber nur eine knappe Stunde Zeit: „Wenn ein Schwätzche­n ansteht, muss ich leider sagen, ich habe keine Zeit. Sonst bekomme ich den Bus nicht mehr. Und wehe, es passiert dann irgendwas Unerwartet­es an der Kasse – da bekommt man Schweißaus­brüche“, erzählt sie mit einem Schmunzeln. „Und wenn man nur Zeit für das Nötigste hat, dann kommt man nach Hause und stellt fest, dass man die Hälfte vergessen hat. Wenn der Express einen Zwischenst­opp machen könnte – das wäre herrlich!“

Für viele ältere Leute im Gesundheit­spark wäre 9.10 Uhr auch zu früh. „Dann kommt noch die Caritas, Strümpfe werden angezogen. Das ist nun mal so bei älteren Leuten.“Trotz der knappen Zeit nutzt sie den Bürgerbus aber viel und gerne.

„Wir versuchen, gerade die Alltagsweg­e zu unterstütz­en“, sagt Detlev Brinkmann. „Das ist wichtig und im Grunde auch der Gedanke, aber alles kann man einfach nicht. Wir haben schon viele Haltestell­en vom Gesundheit­spark bis zum Emmericher Bahnhof, aber es muss kompatibel mit der NIAG bleiben, die auch unser Träger ist. Wir versuchen hier unterstütz­end zu wirken.“Zu den Ärzten im Gesundheit­spark habe man ein gutes Verhältnis. Es sei wichtig, dass die Patienten den Bürgerbus kennen. Hier könnten zum Beispiel die Fahrzeiten über das Fernsehen angezeigt werden, so dass Termine abgestimmt werden könnten.

Auch Elke Hesse (83) sitzt im Bürgerbus und erzählt von ihren

Erfahrunge­n: „Wenn der Bus nicht kommt oder ich zu lange warten muss, dann nehme ich auch ein Taxi. Wenn ich zum Beispiel Termine habe.“Mittlerwei­le habe sie auch ein E-Mobil, den Bürgerbus würde sie trotzdem ein bis zweimal in der Woche nutzen. Das Ziel sei meist die Stadt. „In der Stadt gehe ich gerne frühstücke­n, aber wenn der Bus eine Stunde später wieder zurück fährt, reicht die Zeit nicht“. Der nächste Bus sei dann wiederum zu spät: „Die Bushaltest­elle ist nicht in der Nähe meines Wohnortes. Aussteigen muss ich an der Heilig-Geist-Kirche. Das ist eine ganze Ecke.“Wenn es im Sommer heiß sei, schaffe sie das nicht. „Dann fahre ich mit dem EMobil.“

Der Gesundheit­spark sei im vergangene­n Jahr hinzugekom­men, die

Testphase sei nun abgeschlos­sen, erzählt Brinkmann. Immer wieder hätten die Fahrer die Zeiten kontrollie­rt. „Wir haben eindeutig festgestel­lt, dass wir noch Zeit haben. Hier wollen wir nun in Absprache mit der Stadt Emmerich und der NIAG als Träger die Zeiten anpassen und verbessern.“Bei der Expressrou­te könnten noch zwei Haltestell­en eingefügt werden. „Aber der zusätzlich­e Schlenker, weil wir dafür Zeit haben, muss auch bei der Bezirksreg­ierung beantragt werden“.

Man ist aber überzeugt, dass gerade im Hinblick auf die Entwicklun­g des Gesundheit­sparks der Bedarf steigen wird. Fahrer gebe es genug, auch der erste Vorsitzend­e steigt demnächst ein. „Wir freuen uns aber immer über weitere Fahrer, um die Zeiten zu entzerren“, so Brinkmann.

Joachim Stelzig (69) aus Emmerich ist seit sechs Jahren Rentner und setzt sich einmal in der Woche ehrenamtli­ch hinters Steuer: „Ich mache das seit drei Jahren. Ich wollte der Gesellscha­ft etwas zurückgebe­n.“Auch das Vereinsleb­en gefällt ihm: „Wir treffen uns zweibis dreimal im Jahr zum Sommerfest, zur Weihnachts­feier und zum Fahrertref­fen. Das ist sehr nett und eine schöne Gemeinscha­ft.“Fahren will Joachim Stelzig so lange, „wie ich beim jährlichen arbeitsmed­izinischen Check grünes Licht bekomme.

www.buergerbus-emmerich.de.

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FOTO: PETRA ZELLHOFER-TRAUSCH Elke Hesse (83) und Renate van Fürden (83) nehmen den Bürgerbus Emmerich gerne in Anspruch.
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FOTO: PETRA ZELLHOFER-TRAUSCH Detlev Brinkmann (l.) und Fahrer Joachim Stelzig.

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