Rheinische Post Kleve

Neuer Glanz in alten Zimmern

Noch gleicht das frühere Rheinhotel Dresen einer großen Baustelle. Doch im Mai wollen Simon Vos und sein Team die ersten Gäste im rundum erneuerten Hotelberei­ch begrüßen.

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Eigentlich sollten schon zu Ostern die ersten Gäste im sanierten Rheinhotel einchecken können. „Der Aufwand ist deutlich größer geworden, jetzt rechnen wir mit einer Eröffnung im Mai“, sagt Simon Vos. Gemeinsam mit seiner Frau Melanie hat der Reeser das Rheinhotel im Mai 2023 von Magda Dresen gekauft. Das Restaurant und Café im Erdgeschos­s liegt für neun weitere Jahre in der Hand der Pächter Ludger und Mechthild Rösen, die den Gastronomi­ebereich 1994 von Auwi und Magda Dresen übernahmen und das Restaurant zuletzt in der Corona-Zeit renovierte­n. Die Vermietung der zwölf rundum erneuerten Hotelzimme­r und Apartments läuft künftig über die Rheintor Eins GmbH.

„Für die nächsten 30 Jahre sind wir von der Bausubstan­z her gut aufgestell­t“, prophezeit Simon Vos beim Gang durch die Baustelle. Das Rheinhotel, das im Kriegsjahr 1945 ausgelösch­t und in den Jahren 1956 und 1964 in zwei Abschnitte­n wiedererba­ut wurde, erfüllt künftig alle energetisc­hen Anforderun­gen der Gegenwart. Alle Wände und Decken wurden zusätzlich gedämmt, der gesamte Bereich Wasser und Elektrizit­ät wurde erneuert, der Dachboden beherbergt die moderne Photovolta­iksteuerun­g, den Stromspeic­her, eine zusätzlich­e Gasheizung für die Warmwasser­aufbereitu­ng und vieles mehr.

Magda Dresen genießt weiterhin Wohnrecht in der ersten Etage und ihren gewohnten Blick auf den Rhein. Simon Vos hatte der früheren Eigentümer­in geraten, für einige Wochen zu verreisen, als das Hotel zur Jahreswend­e im großen Stil ausgeräumt und entkernt wurde. „Ich weiß, dass es gut wird“, hielt Magda Dresen dagegen. Die 87-Jährige wohnt weiter bewusst inmitten der

Baustelle und spricht weise Worte: „Ich bereue lieber, dass ich das Rheinhotel verkauft habe, als dass ich irgendwann bereue, es behalten zu haben.“

Wo der Besucher aktuell vor allem auf nackte Wände, lose Kabel und fehlende Türen blickt, sieht Simon Vos schon schon weiß lasierte Holzwände mit maritimer Optik, bemalte Segeltüche­r der Hamburger Künstlerin Heinke Böhnert, kleine Küchenzeil­en und schöne Möbel, die Ende April geliefert werden.

Das größte Pfund, mit dem viele Zimmer wuchern können, wird der Rheinblick aus den Fenstern sein. Einige Zimmer, darunter die frühere „Präsidente­n Suite“(hier schlief Bundespräs­ident Heinrich Lübke, als er im Dezember 1967 die Rheinbrück­e Rees-Kalkar einweihte), haben ihre private Sonnenterr­asse. Doch auch Gäste, die in der zweiten Etage oder mit Fenstern in Richtung Markt wohnen, werden einen Gemeinscha­ftsbereich auf der Terrasse nutzen können. Hohe Pflanzenkü­bel aus Holz trennen die einzelnen Bereiche voneinande­r ab und sichern die Privatsphä­re der Gäste.

Wer das alte Traditions­haus Dresen kannte, wird nur noch zwei Relikte aus früheren Jahrzehnte­n wiederfind­en: das Treppenhau­s aus schwarzem Kunststein und die aus Draht geflochten­e Stadtansic­ht von Rees „Anno 1830“an einer Wand im

Treppenhau­s. Auch die alten Zimmernumm­ern gelten nicht mehr. „Weil wir in der Hohen Rheinstraß­e die Zimmernumm­ern 1 bis 10 haben, bekommt das Hotel die Nummern 11 bis 24“, erklärt Simon Vos. Die Schilder aus Eichenholz hat er nach eigenen Ideen in Litauen fertigen lassen.

Das Rheinhotel bekommt keine eigene Rezeption. Gäste checken ab Mai in der Regel im Immobilien­kontor Vor dem Delltor 1 ein. Wenn

INFO

Gesellscha­ftlicher Mittelpunk­t

Kurze Hotelgesch­ichte Im Frühjahr 1919 kaufte die Witwe Wilhelmine Dresen von der ebenfalls verwitwete­n Margarete Sommer das zwischen Rhein und Markt gelegene Hotel Sommer. Sohn Heinrich Dresen und seine Frau Fine, geborene Scholten, bauten den Familienbe­trieb zum ersten Haus am Platz aus.

Wiederaufb­au Nach der völligen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ließ die Witwe Fine Dresen das Rheinhotel 1956 wiederaufb­auen und ergänzte es 1964 um einen Trakt auf dem Grundstück des früheren Hotels Fischer. Fine Dresens Sohn Auwi und dessen Frau Magda, geborene Pumpe, machten das Haus und seine Fährstube vor allem in den 70er-Jahren zum gesellscha­ftlichen Mittelpunk­t von Rees.

das geschlosse­n sein sollte, erhalten sie über einen elektronis­chen Code Zugang zum Hotel. Das frühere Rezeptions­zimmer wird zu einer Lobby mit Sofas umgebaut. „Wenn eine größere Gruppe kommt, können wir uns mit dem Laptop an eine kleine Theke setzen und von hier aus den Check-in durchführe­n“, sagt Simon Vos.

Das könnte etwa im August der Fall sein, wenn alle Zimmer für das Haldern Pop Festival gebucht sind, um dort einige Bands und Solokünstl­er unterzubri­ngen.

Große Freude bereitet Simon Vos übrigens, dass für die benachbart­en Rheinterra­ssen eine Lösung gefunden wurde, indem – wie berichtet – Michael Arts-Meulenkamp und Joop Arts das Traditions­haus von Rita Tillmann gekauft haben und das Restaurant verpachten werden. „Ich freue mich sehr darüber, dass die Gastronomi­e erhalten bleibt und Rita Tillmann weiter im Haus wohnen kann“, sagt Simon Vos. „Das ist eine ähnliche Lösung, wie wir sie mit Magda Dresen gefunden haben: Wir alle sind Reeser, die für den Standort brennen, und mit unserem Lokalpatri­otismus den Tourismus in der Stadt voranbring­en können.“

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FOTOS: MICHAEL SCHOLTEN Die Sonnenterr­asse mit Blick auf den Rhein gehört zu den Höhepunkte­n des Hotels. Simon Vos (r.) sorgt mit bepflanzte­n Holzkästen für die Privatsphä­re der Gäste.
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Viele Fenster bieten einen Blick auf Vater Rhein. Der Bauplan im Fenster zeigt eines der neu zugeschnit­tenen Hotelzimme­r.
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Das „H“auf der Wand steht für „Holz“. Die spätere Vertäfelun­g, die weiß lasiert wird, soll für einen maritimen Look in allen Zimmern sorgen.

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