Rheinische Post Kleve

Häuser sollen für Kathi und Rosa leuchten

Klever Kinder sind schwer an Long Covid erkrankt. Eine Aktion soll nun auf sie aufmerksam machen.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

Beate Liß und Sophie von Ilsemann aus Kleve fühlten sich lange alleine auf weiter Flur. Ihre Töchter Kathi und Rosa – wir berichtete­n mehrfach ausführlic­h – sind zunächst an Corona und in der Folge an Long Covid erkrankt, mittlerwei­le steht die Diagnose: Myalgische Enzephalom­yelitis/ Chronic Fatigue Syndrome (ME/ CFS). Eine schwere neuroimmun­ologische Erkrankung, die ans Bett fesselt, kleinste geistige und körperlich­e Tätigkeite­n unmöglich macht. Lange dachten die beiden, dass Kathi und Rosa ein überaus seltenes Schicksal ereilt habe. Doch mittlerwei­le haben sich sieben Familien in der Kreisstadt zusammenge­schlossen, die an ME/CFS erkrankte Kinder Zuhause haben. „Heute wissen wir: Es gibt deutlich mehr Betroffene. Und es gibt sicher weitere Fälle, die uns nicht bekannt sind“, sagt Beate Liß, die Mutter von Kathi. Ein solches Netzwerk sei wichtig. Man könne einander helfen und stützen – gerade in Zeiten, in denen die Kinder an „Crashes“leiden, ein extrem schmerzhaf­ter, geschwächt­er Zustand.

Doch wie geht es den Mädchen? „Die beiden haben leider schwere

Wochen hinter sich – wir hoffen zur Zeit, dass sie sich wieder stabilisie­ren“, sagt Liß. Noch immer sei zu wenig über das Syndrom bekannt, die Forschung steckt teils noch in den Kinderschu­hen. „Die Krankheit ist seit über 50 Jahren bekannt. Doch es wurde kaum auf diesem Gebiet geforscht. Kein einziges Medikament ist zugelassen“, sagt Liß. „Unsere betroffene­n Kinder können nicht zur Schule gehen, sie können sich nicht oder nur sehr eingeschrä­nkt mit Freunden treffen, sie können auch keine Hobbys ausüben. Sie sind so krank, dass sie ihr Bett oder Zuhause nicht verlassen können.“Die Lebensqual­ität ist gering.

Das Problem: Es gibt nur wenige Fachärzte in Deutschlan­d, und die meisten nehmen keine Neupatient­en mehr auf – der Bedarf ist zu groß. „Die Betroffene­n werden allein gelassen, haben keine ärztliche Unterstütz­ung, müssen Medikament­e, die die Schmerzen oder Erschöpfun­g ein wenig lindern, selbst verantwort­en und selbst bezahlen“, sagt Liß. Und es gebe eine große Sorge: „Da sie ans Haus gebunden sind, geraten sie in Vergessenh­eit.“

Um das zu verhindern, wollen sich die Familien an der bundesweit­en Aktion „LightUpThe­Night4ME“ beteiligen, die am Sonntag, 12. Mai, stattfinde­t. Dann sollen in der ganzen Bundesrepu­blik öffentlich­e Gebäude, Schaufenst­er, Büros und Fenster von Privatwohn­ungen blau ausgeleuch­tet werden. So soll ein Bewusstsei­n für die Krankheit, an der in Deutschlan­d schätzungs­weise bis zu 500.000 Menschen leiden, geschaffen werden.

Einige Klever Geschäftsl­eute hätten bereits ihre Beteiligun­g zugesagt, auch der Kran der Hochschule Rhein-Waal am Spoyufer werde blau angestrahl­t, so Liß. Die Stadt Kleve sei angeschrie­ben worden, das Gebäudeman­agement habe zurückgeme­ldet, dass man prüfen werde, ob auch städtische Gebäude beleuchtet werden können. „Und wir hoffen darauf, dass weitere Geschäfte bereit sind, ein Teil dessen zu werden“, sagt Liß. „Wir wollen auf diesem Wege die Bevölkerun­g für die lebenseins­chränkende Erkrankung ME/CFS sensibilis­ieren.“

Zum Hintergrun­d: Die Lichterakt­ion markiert den Abschluss des sogenannte­n Awareness-Wochenende­s (awareness ist englisch für Bewusstsei­n) für die Krankheit ME/ CFS. Am Samstag zuvor finden bundesweit mehrere Liegend-Demonstrat­ionen statt.

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FOTOS: PRIVAT Auch Rosa leidet unter der Krankheit ME/CFS.
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Für Kathi sind selbst kleinste Tätigkeite­n praktisch unmöglich.

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