Die Würfel fallen: Zins erobert Rathäuser
Der Klever Günther Zins und seine neuen Werke im öffentlichen Raum: Nach dem historischen Rathaus in Kalkar künden jetzt auch in Korschenbroich Würfel vom zeitlosen Minimalismus des Bildhauers.
KALKAR/KORSCHENBROICH Es sind große Arbeiten am besonderen Ort, die der Klever Bildhauer Günther Zins zuletzt installiert hat: Seine minimalistischen, nur scheinbar immer gleichen, doch tatsächlich stets aufs neue überraschenden Stahlwürfel, zieren zwei Rathäuser, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Hier das alte mittelalterliche BacksteinGebäude mit Zinnen und gotischen Giebeln, dort die schlicht grau verputzte Wand an einer Schule, die zum Technischen Rathaus wurde. Das historische Rathaus steht in Kalkar am Niederrhein und zeugt vom Bürgerstolz der einst so reichen kleinen Hansestadt, das andere in der rheinischen Mittelstadt Korschenbroich im Rhein-Neuss-Kreis, wo die jüngste Arbeit des Klevers die graue Putzwand verwandelt und zum Erlebnis macht. Zins vollende damit erst das technische Rathaus, ließ der Korschenbroicher Bürgermeister Marc Venten verlauten. Und Gisela Willems-Liening, die ehemalige Vorsitzende des Freundeskreises für Kunst und Kultur, der das Werk finanziert und als Leihgabe an die Stadt gegeben hat, zeigte sich glücklich, weil ihr die leere Wand seit Jahren ein Dorn im Auge gewesen sei.
Dass seine Werke selbst aus hässlichen Fassaden Hingucker machen können, hatte der Klever vor geraumer Zeit in Jamlitz tief im Osten der Republik gezeigt, als er den mit abbröckelndem Betonputz versehenen Scheunengiebel, der schon den real existierenden Sozialimus überstanden hat, mit einem Leporello aus Stahlstäben aus seinem tristen Dasein in ein neues, beschwingtes Leben holte.
Hingucker sind seine Arbeiten auch in Kalkar und in Korschenbroich. Im Rheinischen ist die „leere Wand“ideale Projektionsfläche für diejenigen seiner Arbeiten, die Dreidimensionalität suggerieren, obwohl sie nur zweidimensional
auf die Wand gezeichnet sind. Wobei die Wand. Der Bildhauer setzt die Zins „Bleistift“für die Zeichnung hier Wirkung der Perspektive in seiner Edelstahlstäbe und -Rohre sind. Zart Zeichnung aus Stahlrohren so geschickt und zerbrechlich scheinend, sind ein, dass die flachen Würfel sie tatsächlich ungemein stabil – so wie in den Raum greifende Skulpturen hielten sie dem starken Sturm locker wirken, obwohl sie nur „flach“,
nd stand, der Häuser in der direkten also zweidimensional, gezeichnet Umgebung des Korschenbroicher sind. Das Werk ist allerdings auch so Rathauses stark beschädigte, erzählt in der Fassade verankert, dass es an Zins. einigen Stellen absteht und Schatten
In Korschenbroich lässt er vier wirft, die je nach Lichteinfall noch Würfel über die Wand purzeln, oben mehr Plastizität suggerieren. Auch an der Dachkante beginnend fallen das ist typisch für die Werke des Klever sie in einem Halbkreis, der insgesamt Bildhauers. „Die Würfel fallen“, vier mal vier Meter misst, über heißt die Arbeit. Dabei ist der Titel
doppelbödig - tatsächlich fallen die Würfel die Fassade hinunter. Hinzu kommt, dass hinter der Fassade so mancher Ratsherr den Rubikon überschreitet: dann fallen die Würfel in der Ratssitzung.
Auch vor dem Kalkarer Rathaus fallen seit geraumer Zeit die Würfel – gefördert durch das integrierte Handlungskonzept nach einer Idee und auf Initiative von Clemens Wilmsen, auf dessen Pannier-Fabrik-Gelände Zins sein Atelier hat, wo der Künstler seine Arbeiten schweißt und baut. Hier sind es Würfel, die
nicht auf der Fassade aufliegen, wie in Korschenboich, sondern senkrecht von der mittelalterlichen Wand abstehen. In Kalkar sind die Würfel mit Edelstahlstäben und -rohren in die Luft gemalt. Es scheint, dass die Werke die alte Fassade des Rathauses gar nicht berühren. Wie bei dem großen zweidimensionalen Würfel, den Zins vor Jahren am Rütterswall in Kranenburg installierte, verwirrt auch in Kalkar die Zeichnung: Denn steht man direkt unter der Skulptur, zeigt die nur noch Kante, wird zur Linie. Geht man zwei Schritte weiter und schaut hinauf, fallen wieder die Würfel hinunter. Zins hat auch hier die Perspektive verzaubert, die den Betrachter narrt und die zweidimensionale Zeichnung zur dreidimensionalen Skulptur macht.
Technisch hat Zins hier die Würfel nur mit einer Ecke am Rathaus befestigt. Mit Spezialdübel und Spezialkleber, eigentlich so wie immer, sagt er mit Blick auf sein Werk. Und damit sie leicht sind, sind die Würfel aus Edelstahlrohren und nur an den Kanten, wo sie verankert sind, sind es volle Edelstahlstäbe.