Braucht Kleve ein Ärztezentrum?
Wartelisten bei Allgemeinmedizinern, fehlende Kinderärzte, weite Wege zur Notfallversorgung – die Klever Politik erkennt große Mängel bei der Versorgung in der Stadt. Die Offenen Klever schlagen vor, ein medizinisches Versorgungszentrum in kommunaler Träg
Die medizinische Versorgung in Kleve hat große Lücken – da ist sich die Politik einig. Doch wie kann man gegensteuern? Die Fraktion der Offenen Klever hat vorgeschlagen, der Verwaltung 50.000 Euro mit auf den Weg zu geben, um prüfen zu lassen, ob die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in kommunaler Trägerschaft Abhilfe schaffen könnte. „Idee des Antrags ist, für Ärzte und Ärztinnen Anreize zu schaffen, um nach Kleve zu kommen“, sagte Hannes Jaschinski für die OK. Man müsse vor allem Haus- und Kinderärzte gewinnen. „Wir wollen die Möglichkeit schaffen, in Anstellung zu arbeiten“, sagte der Stadtverordnete am Mittwochabend im Rat. Der Wunsch nach geregelten Arbeitszeiten soll Nachwuchs anziehen. Den Offenen Klevern schwebt eine ärztlich geleitete Einrichtung vor, in der Vertragsärzte und angestellte Ärzte unterschiedlicher oder gleicher Fachrichtung tätig sind. Träger wäre die Kommune, die ärztliche Leitung würde bei einem Mediziner liegen.
Bürgermeister Wolfgang Gebing (CDU) bestätigte, dass es bei der medizinischen Versorgung Probleme gebe. „Aber wir haben Zweifel, ob die Verwaltung die fachliche Kompetenz hat oder aufbauen kann, um ein medizinisches Versorgungszentrum
zu führen.“Und: „Das sehen wir auch nicht als unsere Aufgabe an.“Für eine solche Trägerschaft gebe es professionelle Anbieter – daher die Empfehlung, den Antrag abzulehnen. Zumal man nicht daran glaube, dass junge Mediziner ihre Lebensplanung wegen der Aussicht auf eine Festanstellung anpassen. „Andere Versorgungszentren in der Region haben ebenfalls Probleme, Ärzte zu gewinnen“, sagte Gebing. Gleiches gelte fürs Krankenhaus. Ein weiteres Problem: Die Zahl der Kassensitze
sei in Großstädten überproportional hoch, der ländliche Raum habe darunter zu leiden.
Daniel Rütter (FDP) sagte: „Die Problematik ist da: Die medizinische Versorgung in Kleve ist in Teilen katastrophal. Dem Problem müssen wir uns unbedingt stellen.“Man könne jungen Familien derzeit kaum raten, in die Kreisstadt zu ziehen – schließlich gebe es kaum Kinderärzte. Ein MVZ könne durchaus für Entspannung sorgen. „Da kann die Kommune hilfestellend zur Seite
stehen, etwa Grundstücke bereitstellen. Aber die Stadt kann das nicht in eigener Trägerschaft betreiben“, sagte Rütter.
Unterstützung für den Vorschlag der OK kam von der SPD. Peter Brückner erkennt ein großes Problem: „Klever Bürger finden keinen Facharzt mehr, Eltern finden für ihre Kinder keinen Kinderarzt.“Und immer mehr Hausärzte würden das Rentenalter erreichen. Daher müsse man den medizinischen Nachwuchs von der Last der Bürokratie befreien, so der Sozialdemokrat. SPD-Fraktionschef Christian Nitsch legte nach: „Was die Lage verschärft, ist die Tatsache, dass sich manche Ärzte aus dem Staub machen, indem sie ihre kassenärztliche Zulassung abgeben und nur noch Privatpatienten behandeln.“
Ein weiteres Problem sei die Situation der Notfallbehandlung, etwa im HNO-Bereich. „Da müssen Klever nach Krefeld fahren – das geht nicht“, sagte Nitsch. Der Bürgermeister aber blieb bei seiner Position. „Wenn es dem Krankenhaus nicht gelingt, wenn es den in Kleve bereits vorhandenen medizinischen Versorgungszentren nicht gelingt, junge Ärzte für Kleve zu gewinnen – warum sollten die bei einem Versorgungszentrum anfangen, das bei der Stadt Kleve angesiedelt ist?“, fragte Gebing. Die Stadt sei auch jetzt schon beratend mit Ärzten im Gespräch, die sich in Kleve niederlassen wollen. „Wir sind vermittelnd tätig“, sagte der Verwaltungschef.
Zu einer Abstimmung über den Antrag kam es aber noch nicht. Susanne Siebert (Grüne) schlug vor, das Thema ausführlich im Sozialausschuss zu beraten. Dann soll auch ein Experte die Vor- und Nachteile eines medizinischen Versorgungszentrums in städtischer Hand beleuchten. Der Verweisungsantrag wurde bei einzelnen Gegenstimmen mit großer Mehrheit angenommen.