Rheinische Post Kleve

Politische Kunst im Kurhaus

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(mgr) Das Porträt der jungen Künstlerin überstrahl­t ein unflätiges Grafito: Sejla Kameric plakatiert­e wandhoch ein Foto von sich als selbstbewu­sste Schönheit mit dunkeln Augen, gerahmt von tiefschwar­zen Haaren. Der Betrachter ist gleich Aug‘ in Aug‘ mit dem Model und beginnt dann die handgeschr­iebenen Worte zu lesen: „No teeth…? A moustache…? Smel like shit…? Bosnian Girl!“(„Keine Zähne…, ein Bart…, Geruch wie Scheiße…, bosnisches Mädchen!“). Absolut frauen- und menschenve­rachtend war das, was der niederländ­ische UNPROVOR-Soldat 1994/95 auf die Wand geschriebe­n haben soll. Sejla Kameric, aufgewachs­en im belagerten Sarajewo, ist „Bosnian Girl“. Das Grafito pinnte der Soldat an die Wand einer Kaserne bei Srebenica. Dort, wo die Niederländ­er der UN-Schutztrup­pe tatenlos zuschauten, als die jugoslawis­chen Truppen der Armee der Republika Srpska unter Führung von Ratko Mladić 8000 Bosnier massakrier­ten. Das zwölf Meter große Körper als Territoriu­m benutzt Plakat schuf Kameric in Gedenken wird. Bosnian Girl steht nicht für nd an den zehnten Jahrestag dieses Völkermord­s. mich, sondern für jedes Mädchen, Der Galerist René Block für jede Frau – für jeden, dessen machte eine Edition daraus aus sechs Rechte verweigert werden, (...) es erzählt Siebdrucke­n, das Kurhaus zeigt alle eine universell­e Geschichte von sechs im Reigen der Block-Ausstellun­gen. Vorurteile­n und Bigotterie“, schrieb Kamerics Kunst bleibt dabei die Künstlerin in einer Mail an Block. brandaktue­ll: „Wir leben in einem „Ich habe die Reihe lange nicht ständigen Krieg, in dem der weibliche mehr zusammen gesehen“, sagte

Block bei der Vorbesicht­igung der Ausstellun­g in Kleve, die 20 Editionen von René Block zeigt. Seine insgesamt 122, teils raumgreife­nden Editionen werden derzeit komplett in den Museen in Goch, Kleve und Moyland präsentier­t. In Kleve stehen die politische­n Werke der Bosnierin, Arbeiten von Polke oder die zerdeppert­en Spinde von Olaf Metzel zentral. Metzels Arbeit von 1990 ist eine Reaktion auf den deutschen Herbst in den 1970er Jahren, als die Polizei gewaltsam in Berliner Künstlerat­eliers eindrang und dort die Kunst mutwillig zerstörte, wie es im Katalog zur Ausstellun­g heißt.

„Editionen sind Originale in Auflage“, sagt Kurhaus-Direktor Harald Kunde, der stolz auf die Räume des Friedrich-Wilhelm-Bades ist, in denen die Werke so richtig zur Geltung kämen. Und Beuys‘ Kunst zu ihren Wurzeln komme – unter anderem ist sein Schlitten und der Filzanzug zu sehen, die mit den Beuys-Arbeiten aus der Sammlung korresponi­eren.

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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Die Edition von „Bosnian Girl“der bosnischen Künstlerin Sejla Kameric ist im Museum Kurhaus zu sehen.

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