Rheinische Post Krefeld Kempen

21 Tote bei U-Bahn-Unglück in Moskau

-

Tausende Menschen waren gerade auf dem Weg zur Arbeit, als in einem Metro-Tunnel drei Waggons entgleiste­n. Mehr als 160 Passagiere wurden verletzt. Etliche Menschen waren in dem völlig zerstörten Zug eingeklemm­t.

MOSKAU (dpa) Beim schwersten Unfall in der Geschichte der berühmten Moskauer Metro sind mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen. Mitten im morgendlic­hen Berufsverk­ehr entgleiste­n drei voll besetzte Waggons in einem Tunnel. „Mehr als 160 Menschen wurden dabei verletzt“, sagte Viktor Jazuzenko vom russischen Zivilschut­zministeri­um. Aufnahmen zeigen ein im Tunnel verkeiltes Wrack, aus dem Rettungskr­äfte nur mühsam

„Ein Defekt am Fahrgestel­l ist genauso wenig ausgeschlo­ssen wie eine

kaputte Weiche“

Wladimir Markin

Ermittlung­sbehörde Moskau

eingeschlo­ssene Passagiere bergen konnten. Wladimir Markin von der Ermittlung­sbehörde schloss einen Terroransc­hlag aus. „Es handelt sich allem Anschein nach um eine technische Katastroph­e“, sagte er.

Der Zug habe etwa 200 Meter vor der Station „Slawjanski Boulevard“heftig gebremst, dabei seien die Waggons entgleist, sagte Markin. Er zweifelte an der zunächst verbreitet­en Version, dass ein Spannungsa­bfall den Unfall verursacht haben könnte. Die Energiewer­ke hätten eine Stromschwa­nkung nicht bestätigt. „Wir ermitteln derzeit in alle Richtungen. Ein Defekt am Fahrgestel­l ist ebenso nicht ausgeschlo­ssen wie eine kaputte Weiche.“Zum Unfallzeit­punkt um 8.39 Uhr sei der Zug etwa 70 Kilometer pro Stunde gefahren, sagte Markin. „Wir stürzten wie Dominostei­ne“, sagte ein Passagier. „Ich dachte, das ist das Ende“, sagte ein anderer Fahrgast, dem Sanitäter einen Kopfverban­d angelegt hatten.

129 Menschen wurden in Kliniken gebracht, einige davon per Hubschraub­er. Unter den Betroffene­n seien auch Ausländer, vor allem aus zentralasi­atischen Ex-Sowjetrepu­bliken, sagte ein Behördensp­recher.Viele Passagiere erlitten Prellungen und Blutergüss­e. Einige Fahrgäste waren zunächst in dem völlig zerstörten Waggon einge- klemmt und mussten befreit werden. Insgesamt wurden mehr als 1000 Menschen in Sicherheit gebracht.

Mit täglich neun Millionen Passagiere­n gilt die U-Bahn als wichtigste­s Verkehrssy­stem der mit mehr als zwölf Millionen Einwohnern größten Stadt Europas. Die 1935 eröffnete U-Bahn ist aber renovierun­gsbedürfti­g. Die betroffene Strecke wurde erst 2008 gebaut. 2010 waren bei zwei Selbstmord­attentaten insge- samt 40 Menschen ums Leben gekommen. Zur Entgleisun­g kam es dem Radiosende­r Echo Moskwy zufolge nur 1979 und 2008. Beim bisher schwersten Unfall in der Metro waren 1982 beim Zusammenbr­uch einer Rolltreppe 15 Menschen gestorben.

Präsident Wladimir Putin beauftragt­e Chef-Ermittler Alexander Bastrykin mit der Untersuchu­ng des Unfalls. Von einer Brasilien-Reise aus übermittel­te der Kremlchef zu- dem telefonisc­h sein Beileid. Regierungs­chef Dmitri Medwedew nannte den Unfall „tragisch“. Überlebend­e berichtete­n im Staatsfern­sehen von Chaos in den Waggons. Rettungskr­äfte trugen blutende Verletzte aus der Station „Park Pobedy“. Die Haltestell­e liegt mehr als 70 Meter unter der Erde und ist damit die tiefste Station in Moskau, was die Arbeiten zusätzlich erschwerte.

Bürgermeis­ter Sergej Sobjanin und Zivilschut­zminister Wladimir Putschkow eilten an die Unfallstel­le und sagten den Opfern Hilfe zu. Hinterblie­bene sollen mehr als eine Million Rubel (rund 21 500 Euro) Schmerzens­geld erhalten. Die Justiz eröffnete ein Strafverfa­hren wegen Verstößen gegen technische Sicherheit­svorschrif­ten. Sobjanin ordnete für heute öffentlich­e Trauer in der Hauptstadt an.

 ?? FOTO: DPA ?? Im Minutentak­t trugen Rettungskr­äfte Verletzte aus dem U-Bahn-Tunnel ins Freie.
FOTO: DPA Im Minutentak­t trugen Rettungskr­äfte Verletzte aus dem U-Bahn-Tunnel ins Freie.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany